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Pflegebeschäftigte machen ihre Arbeit gerne, viele sind aber an der Grenze ihrer Belastbarkeit.

Pflege: Höchste Zeit zum Handeln

Pflege ist eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Das bestätigen nun auch zwei Studien zur Zukunft der Pflege in Österreich, die das Sozialministerium heute präsentiert hat. Unter anderem wurden darin die Aspekte der zukünftigen Finanzierung der Langzeitpflege und des Pflegepersonalbedarfs beleuchtet. Die Ergebnisse sind aus ÖGB-Sicht wenig überraschend: Es braucht Maßnahmen, um den Pflegeberuf attraktiv zu machen und das ÖVP-Modell der Pflegeversicherung ist nicht nachhaltig.

Arbeitsbedingungen dringend verbessern

Die Pflegebedarfsstudie der Gesundheit Österreich GmbH bestätigt den wachsenden Bedarf an Pflegepersonal und beziffert ihn mit 75.700 Personen bis 2030. „Diese Zahlen zeigen deutlich, dass die Zeit drängt. Es muss endlich, wie von den Gewerkschaften seit Jahren gefordert. für bessere Arbeitsbedingungen im Pflegebereich gesorgt werden. Dazu gehören sowohl das Thema Arbeitszeit als auch das Thema Geld. Wer mehr Menschen in die Pflege bringen will, muss den Beruf attraktiver machen“, betont Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des ÖGB.

Erstens muss für jene Menschen, die bereits in den Pflegeberufen arbeiten, der Arbeitsdruck reduziert, die Entlohnung erhöht und die Planbarkeit von Arbeits- und Freizeit gesichert werden. Denn, obwohl die Beschäftigten ihre Arbeit gerne machen, sind viele bereits an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angelangt.

Zweitens braucht es eine qualifizierte Ausbildung, denn: Pflegebeschäftigte sind konfrontiert mit hohen Zeitdruck, mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung, Leid, Sterben, Tod und Trauer, chronischen Krankheiten und Aggressivität. Für Reischl steht daher außer Frage, „dass es eine fundierte gesundheitliche Ausbildung sein muss. Was wir nicht wollen, sind 15-jährige Lehrlinge am Krankenbett. Denn diese hohen physischen und psychischen Belastungen sind schon für einen erwachsenen Menschen schwer ertragbar, eine Pflegelehre wäre daher der völlig falsche Weg.“

Solidarische Finanzierung sichern

Während sich die „Gesundheit Österreich“-Expertise mit der Personalfrage beschäftigte, untersuchte die Studie des Instituts für höhere Studie (IHS) die Finanzierung der Pflege im europäischen Ländervergleich. Das Ergebnis: Die österreichische Regelung der Mittelaufbringung mittels Steuerfinanzierung ohne Zweckbindung liege durchaus im internationalen Trend, erklärte der Chef des IHS, Martin Kocher.

Er betont aber auch, dass eine Umstellung auf ein Modell, das primär über Sozialversicherungsbeiträge finanziert wird, „nicht die optimale Lösung“ sei, da es sich negativ auf die Lohn- und Abgabenquote auswirken würde. Auch seien derartige Modelle stärker von konjunkturell bedingten Entwicklungen des Arbeitsmarktes abhängig. Die ÖVP hatte im vergangenen Wahlkampf ein derartiges Modell einer Pflegeversicherung aufs Tapet gebracht.

Auf der Grundlage der vom Sozialministerium präsentierten Pflegestudie ist das ÖVP-Modell der Pflegeversicherung klar zurückzuweisen. „Wir fordern eine Mitfinanzierung der Pflege durch die Besteuerung großer Vermögen“, erklärt Reischl. Die Pflegefinanzierung sei eine gesellschaftliche Herausforderung, zu deren Bewältigung alle etwas beisteuern sollten. Es brauche einen gerechten Beitrag der Ultrareichen.