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Gisela Zipfinger, Betriebsratsvorsitzende von CWS workwear (Reinigung von Berufskleidung) in Amstetten

Die Hoffnung stirbt zuletzt

„Anfang Februar hatten wir alle noch die Hoffnung, dass wir bis Weihnachten wieder einen Job haben, aber jetzt stehen wir spätestens am 31. Oktober vor dem Nichts und der erkämpfte Sozialplan wird zum Rettungsanker“, bringt Gisela Zipfinger, Betriebsratsvorsitzende von CWS workwear (Reinigung von Berufskleidung) in Amstetten die Situation von im Moment noch 54 KollegInnen auf den Punkt.

Die Reinigungsfirma war einmal eine regionale Größe, üppig bezahlt wurde zwar - wie in dieser Branche üblich – nicht, aber es gab gesicherte Arbeitsplätze. Doch dann wurden sie einem internationalen Konzern ausgeliefert.

Verkauf sollte Arbeitsplätze sichern

Im Jahre 1986 expandierte der Besitzer einer kleinen chemischen Reinigung, sicherte sich Aufträge von Spitälern und dazu auch von Firmen, die die Berufskleidung ihrer MitarbeiterInnen zur Reinigung gaben. Nach rund 20 Jahren waren mehr als 150 Menschen beschäftigt. Doch der Firmengründer war in die Jahre gekommen und ohne Nachfolger. Zipfinger erinnert sich: „Eigentlich wollte er mit dem Verkauf an einen internationalen Konzern unsere Arbeitsplätze sichern – leider eine fatale Entscheidung“, wie sich rückblickend zeigt.

Eigentlich wollte der Chef mit dem Verkauf an einen internationalen Konzern unsere Arbeitsplätze sichern.

Gisela Zipfinger, Betriebsrätin

Die ersten Jahre ging noch alles seinen gewohnten Lauf, dann begann der Rechenstift zu regieren, erzählt Zipfinger: „Unter die Lupe genommen wurden die Aufträge der Spitäler. Sie wurden in Produktgruppen zerlegt und einzeln auf ihre Profitabilität geprüft. Es stellte sich heraus, dass sich vor allem mit der Sterilwäsche richtig Geld verdienen lässt.“ Dementsprechend hatten es die Manager aus Deutschland darauf abgesehen, seitens der Spitäler hieß es aber: entweder alles oder nichts.

2015 kam der Schnitt, mehr als 100 Beschäftigte mussten gehen.

Gisela Zipfinger, Betriebsrätin

Gemeinsam mit Christian Pichler, Regionalsekretär der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, handelte Zipfinger einen Sozialplan aus. In den folgenden Monaten fanden fast alle einen neuen Arbeitsplatz. Der Bezirk Amstetten hatte bis vor wenigen Wochen eine der geringsten Arbeitslosenquoten Österreichs.

Geschäftsführer wollte unter Kollektivvertrag zahlen

Zwei Jahre später übernahm ein anderer Konzern die Firma. Im September vergangenen Jahres nahm sozusagen der letzte Akt seinen Lauf. Zipfinger erzählt: „Unser Geschäftsführer lud mich zu einem Gespräch ein. Vorsichtig fragte er an, ob denn der Kollektivvertrag auch tatsächlich bezahlt werden müsse. Ich machte ihm klar, dass eine Bezahlung unter dem Kollektivvertrag mit Garantie nicht geht, notfalls werde ich das Arbeits- und Sozialgericht einschalten.“ Danach folgte wochenlanges Schweigen.

Eine Bezahlung unter dem Kollektivvertrag geht mit Garantie nicht.

Gisela Zipfinger, Betriebsrätin

Im November dann der Paukenschlag. Zipfinger erinnert sich: „Ein Anruf aus Deutschland. Ich sollte mich in zwei Tagen für ein Gespräch bereithalten und gleich den zuständigen Gewerkschaftssekretär mitnehmen.“ Zipfinger und PRO-GE-Sekretär Pichler wurden vor vollendete Tatsachen gestellt: Die Produktion werde aufgelassen und bis spätestens Ende Oktober 2020 nach Bratislava verlagert. Verhandlungen werde es darüber nicht geben.

Der Sozialplan als Rettungsanker

Pichler und Zipfinger arbeiteten wieder einen Sozialplan aus. „So richtig verhandeln darüber wollten die Konzernmanager aber gar nicht. Alles zog sich. Schließlich machten die beiden Druck und erwähnten „nebenbei“, dass es auch in dieser Phase gewerkschaftliche Maßnahmen gebe und diese notfalls ergriffen werden würden. Es wirkte. Am 1. Februar wurde ein Sozialplan abgeschlossen. Dass alle gleich wieder einen Job finden, ist angesichts der aktuellen Corona-Krise leider unwahrscheinlich – wie es ohne den vom Betriebsrat erkämpften Sozialplan aussehen würde, will man sich aber gar nicht vorstellen.

Was bringt ein Sozialplan?

Ein Sozialplan kann bei Insolvenzen, größerem Personalabbau oder wie bei CWS der Verlagerung der Produktion die härten des Arbeitsplatzverlustes entschärfen.Dazu bedarf es allerdings eines Betriebsrates“, mahnt Pichler, „ansonsten können wir als Gewerkschaft sehr wenig machen.“ Leider komme es immer wieder vor, dass Menschen erst im Ernstfall erkennen, wie wichtig die Belegschaftsvertretung ist: „Ich stehe immer wieder vor dem Problem, dass Menschen zu mir kommen und ich kaum helfen kann. Ohne vom Betriebsrat erkämpften Sozialplan sind die KollegInnen auf die gesetzlichen Ansprüche angewiesen. Und da gibt es meistens sehr wenig.“