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ÖGJ

Michaela Kirschner (r.) setzt sich für mehr Plätze in übertrieblichen Ausbildungseinrichtungen ein

Wenn zugesagte Lehrstellen wieder abgesagt werden

„Die fundierte Lehrausbildung unserer Jugendlichen ist eine unverzichtbare Säule für zukunftsorientierte wirtschaftliche Strukturen in Österreich“, sagt Dr. Michaela Kirschner, Leiterin der überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung DIALOG Bildungs- und Beratungsinstitut GmbH im Burgenland. oegb.at hat mit Kirschner darüber gesprochen, wie die Corona-Krise den Lehrstellenmarkt betrifft, welche Auswirkungen die Krise auf die Jugendlichen hat und welche Lösungen es dafür gäbe.

oegb.at: Wie stark ist das Burgenland von der aktuellen Jugendarbeitslosigkeit betroffen? 

Michaela Kirschner: Der Lehrstellensektor ist massiv betroffen. Bei Jugendlichen bis 24 Jahren ist die Arbeitslosigkeit im Burgenland laut AMS um 120 Prozent gestiegen. Das ist eine Katastrophe. Unsere Jugendlichen stehen dadurch im Spannungsfeld von gesetzlicher Ausbildungspflicht und aktueller Chancenlosigkeit am Lehrstellenmarkt. Ein Ausweg aus der prekären Situation kann aber durch die Überbetriebliche Lehre gefunden werden.  

Wie geht es den Jugendlichen gerade? Welche Erfahrungen machen Sie? 

MK: Mehrere den DIALOG Jugendlichen bereits zugesagte Lehrstellen in der Wirtschaft wurden wieder abgesagt. Verzweifelte Eltern erkundigen sich jetzt beim DIALOG-Team nach Alternativen zu verlorenen Lehrplätzen. Auch die FilialleiterInnen zeigen sich vielfach besorgt um Lehrlinge, welche von deren Firmen gekündigt werden mussten. 

Welche Lösung sehen Sie in diesem Bereich? 

MK: Ein gangbarer Weg wäre die Schaffung von zusätzlichen Plätzen in den Überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen. Dabei gilt es auch an die Wirtschaft den Appell zu richten, Praktikums-Plätze für die Jugendlichen bereitzustellen. So könnten die Jugendlichen auch ihrer Ausbildungspflicht nachkommen. 

Warum ist eine Ausbildung für junge Menschen jetzt wichtig? 

MK: Gerade für die Jugendlichen ist es sehr wichtig, dass sie möglichst ohne großen Zeitverlust ihre Ausbildung absolvieren. Jugendliche, die über längere Zeit keine Lehrstelle haben, laufen vielfach Gefahr ohne berufliche Perspektive zu bleiben, hoffnungs- und orientierungslos aufzugeben und damit über lange Zeit KundInnen des AMS zu bleiben. Dem Ruf nach gut ausgebildeten fehlenden Fachkräften in sehr vielen Branchen schon aus der Vor-Corona-Zeit, kann mit verstärkter Unterstützung des AMS und der Landesregierung durch die Schaffung von Überbetrieblichen Ausbildungsplätzen entgegengekommen werden. 

#Lostgeneration – Kampagne der Gewerkschaftsjugend gegen Jugendarbeitslosigkeit

Die Gewerkschaftsjugend fordert unter anderem:

  • eine Aufstockung der Ausbildungsplätze im staatlichen und staatsnahen Bereich,
  • die Schaffung eines Corona-Not-Ausbildungsfonds, dotiert mit 140 Millionen Euro zur Unterstützung von Betrieben, die trotz coronabedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten Lehrlinge ausbilden wollen 
  • und die Erhöhung der Finanzmittel für die überbetriebliche Lehrausbildung und Aufstockung der überbetrieblichen Lehrstellen.