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ILO/ Crozet M

Kinderarbeit? Umweltzerstörung? Zwangsarbeit? Nur ein Lieferkettengesetz hilft!

Es hat gut ausgesehen, aber plötzlich will man doch nicht - eigentlich ein Skandal. Dabei hatte man sich auf die wichtigsten Eckpunkte des EU-Lieferkettengesetzes längst geeinigt. Aber Österreich (und andere) gingen im letzten Moment doch vor den mächtigen Wirtschaftslobbys in die Knie. Die verpflichtende Einhaltung von Menschen-, Arbeits- und Gewerkschaftsrechten entlang der gesamten Lieferkette ist den Entscheidungsträgern offenbar doch nicht wichtig. „Es muss auch im Interesse Österreichs sein, solchen Praktiken im 21. Jahrhundert endlich ein Ende zu setzen. Auch die Konsument:innen wollen keine Ware, die beispielsweise durch Kinder-oder Zwangsarbeit entstanden ist“, erinnert ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian angesichts der "beunruhigenden Entwicklung" - an der Österreich maßgeblich beteiligt ist.

 

Menschen und Umwelt entlang globaler Lieferketten schützen

In unserer globalisierten Gesellschaft arbeiten Menschen in verschiedensten Teilen der Welt an einem Produkt - von der Planung bis zum Verkauf im Einzelhandel. Die Produktionsstätten innerhalb dieser weltweiten Lieferketten befinden sich meistens im Globalen Süden. Immer wieder werden dort die gleichen Arbeitnehmer:innenrechte verletzt: das Recht auf einen angemessenen Lohn, sichere Arbeitsbedingungen sowie das Recht, eine Gewerkschaft zu gründen, Kollektivvertragsverhandlungen zu führen oder zu streiken. Aber auch in Europa werden zum Beispiel Ernte- und Bauarbeiter: innen regelmäßig ausgebeutet. Firmen nehmen häufig die Ausbeutung von Menschen und die Zerstörung der Umwelt in Kauf, um so viel Profit wie möglich zu machen. Verantwortung wird abgeschoben - damit muss Schluss sein!

 

Kinderarbeit

160 Millionen Kinder weltweit sind Opfer von Kinderarbeit, 79 Millionen von ihnen müssen unter äußerst gefährlichen Bedingungen Kinderarbeit leisten: So arbeiten sie zum Beispiel unter schlimmen Bedingungen auf Kakaoplantagen oder in Minen, weil ihre Eltern selbst viel zu wenig verdienen, durch ihre Arbeit erkrankt sind oder sich verletzt haben. In unserer Schokolade, in unserem Handy steckt oft Kinderarbeit.

 

Fashion victims?

Über 1.100 Tote und über 2.000 Verletzte forderte der Einsturz der Textilfabrik von Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013. Die Opfer? Näher:innen, die unter menschenunwürdigen Bedingungen T-Shirts für namhafte europäische Unternehmen produzierten. Preise werden auf dem Rücken der Arbeitnehmer_innen gedrückt, die immer schneller und immer mehr produzieren müssen. In Brandschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz wird kaum bis gar nicht investiert. Die Textilkonzerne haben sich gleich nach der Katastrophe aus der Verantwortung gestohlen. Erst nach einem internationalen Aufschrei wurden unzureichende Entschädigungen an die Opfer geleistet. Die internationale Lage hat sich nicht gebessert: Immer wieder kommt es zu verheerenden tödlichen Unfällen am Arbeitsplatz.

Monika Kemperle zu Besuch in einer Näherei in Bangladesch
Schon seit vielen Jahren setzt sich der ÖGB für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Arbeitsrechten auf der ganzen Welt ein - und damit auch für ein Lieferkettengesetz. Im Bild ist Monika Kemperle zu sehen. Die heutige ÖGB-Pensionist:innen-Vorsitzende besuchte eine kleine Näherei in Bangladesch. Angeblich wird nur für den dortigen Markt produziert. Bei genauerem Hinsehen ist aber schnell zu erkennen, dass hier auch für bekannte Marken gearbeitet wird. ÖGB

 

Pestizide in der Landwirtschaft

80.000 Tonnen in der EU verbotener Pestizide wurden 2018 von europäischen Unternehmen exportiert. Sie sind in Europa verboten, weil sie die Gesundheit der Arbeiter_innen gefährden und die Umwelt zerstören. Dennoch werden sie von europäischen Firmen ins Ausland verkauft und in Ländern des Globalen Südens etwa für die Palmölproduktion eingesetzt - zumeist ohne angemessenen Arbeitsschutz. Millionen von Menschen erleiden jedes Jahr eine Pestizidvergiftung, das Grundwasser wird verunreinigt, die Artenvielfalt zerstört. In jedem zweiten Supermarktprodukt steckt Palmöl wie etwa in Schokoaufstrich, Fertigsuppen, Eis oder Waschmittel.

 

Am Bau in Österreich

ILO/ Crozet M

Ein Großteil der Menschenrechtsverletzungen und Ausbeutung von Arbeiter:innen im Zusammenhang mit Lieferketten findet im Globalen Süden statt. Allerdings kommt es auch in Österreich immer wieder zu Ausbeutung und Lohn- und Sozialdumping. Die Baubranche ist ein Beispiel dafür. Über 40 % der Arbeitnehmer:innen bekommen weniger Lohn, als ihnen kollektivvertraglich zusteht. Immer wieder werden Netzwerke aus Scheinfirmen aufgedeckt, die gezielt Gesetze brechen oder umgehen. Durch illegale Preisabsprachen, Steuerhinterziehung sowie Sozialbetrug werden die Arbeitnehmer:innen, aber auch die Steuerzahler: innen in Österreich hinters Licht geführt.

Das Recht, sich in einer Gewerkschaft zu organisieren, soll weltweit Standard sein. Nur so können wir erfahren, wie es unseren Kolleg:innen entlang der Lieferkette geht und entsprechend reagieren, wenn ihre Rechte nicht eingehalten

werden”

Elfriede Schober, Arbeiterbetriebsratsvorsitzende bei Miba Sinter Austria GmbH
ILO/ Crozet M

 

Der ÖGB und die Arbeiterkammer kämpfen gemeinsam mit vielen Bündnispartnern im Rahmen der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze“ für ein wirksames Lieferkettengesetz. Um Beschäftigte im Kampf für faire Arbeitsbedingungen zu unterstützen, bringen wir uns in politische Prozesse ein, veröffentlichen Informationsmaterialien und Artikel und organisieren Veranstaltungen sowie Seminare.

Was genau ist ein Lieferkettengesetz?

Ein Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung von grundlegenden Standards entlang ihrer Lieferketten. So müssen sie etwa darauf achten, wo entlang ihrer Lieferkette Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung drohen. Wenn ein Unternehmen feststellt, dass dieses Risiko besteht, muss es wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen und darüber berichten. Eine unabhängige Behörde kontrolliert, ob Unternehmen diese Sorgfaltspflichten einhalten. Wenn sie es nicht tun, müssen abschreckende Strafen greifen und Opfer das Unternehmen auf Entschädigung klagen können. Unternehmen müssen endlich Verantwortung übernehmen und zwar überall auf der Welt!

Warum es ein Lieferkettengesetz braucht

  • Erfüllung von Sozial- und Umweltstandards ist freiwillig nicht erreichbar
  • Menschenrechte, Gewerkschaftsrechte und Umwelt müssen wirksam geschützt werden
  • Profit darf nicht auf Ausbeutung und Zerstörung beruhen
  • Unternehmen dürfen keinen Wettbewerbsvorteil
  • durch die Missachtung von Arbeitsrechten haben
  • Die Verantwortung darf nicht auf die Konsument_innen abgewälzt werden
  • Opfer von Menschenrechtsverletzungen müssen entschädigt werden
  • Klimakrise wirksam bekämpfen

 

Wir fordern:

Ein verbindliches Lieferkettengesetz in Österreich sowie verbindliche Regeln auf EU- und UN-Ebene

  • entlang der gesamten Lieferkette,
  • das alle Produkte und Dienstleistungen miteinbezieht und
  • wirksame Sanktionen und Strafen beinhaltet sowie
  • unabhängige Kontrollinstitutionen und
  • eine zivilrechtliche Haftung vorsieht, damit Opfer von Menschenrechtsverletzungen entschädigt werden.

ÖGB und Arbeiterkammer beteiligen sich aktiv an der zivilgesellschaftlichen Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze“