Haushalt
Die österreichische Budgetmisere
Österreichs Haushalt unter dem Damoklesschwert
Die Vermutungen sind zur Gewissheit geworden: Österreich ist mit einem drohenden Defizitverfahren konfrontiert. Um das abzuwenden, muss die Bundesregierung bis zum Jahresende ein Maßnahmenpaket vorlegen – welches die EU sodann als zureichend bewerten muss. Peinlich: Nachdem man in jüngerer Vergangenheit stets besonders strenge Schuldenregeln gefordert hat, scheitert man nun selbst fulminant an deren Einhaltung. Die EU-Kommission geht heuer von einem Budgetdefizit von 3,6 Prozent aus – das entspricht einem historischen Höchststand. Für 2025 rechnet man in Brüssel mit einem Anstieg auf 3,7 Prozent.
Nach dem Draghi-Report ist vor dem Draghi-Report
Alarmierend ist jedoch nicht nur die österreichische Schuldenlage. Auch das Big Picture, das die nationalen Haushaltspläne abgeben, gibt zu denken. Vor wenigen Wochen erst hat Mario Draghi seinen vieldiskutierten Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit vorgelegt. Darin fordert er eindringlich massive Investitionen von 800 Mrd. Euro pro Jahr, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften sicherzustellen. Entsprechend kraftvolle Investitionen sucht man in den nun verabschiedeten Haushaltsplänen jedoch vergebens. Ähnlich verhält es sich mit Bemühungen zum Erhalt jener hochwertigen Arbeitsplätze, die aktuell in ganz Europa zunehmend unter Druck geraten oder gar wegfallen.
Stattdessen wird die Austeritätspolitik durch Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen und im Sozial- und Rentensystem unvermindert fortgesetzt. Die ungleiche Lastenverteilung der Krisenbewältigung wird sich vertiefen. Das Ausbleiben progressiver Steuerreformen führt dazu, dass große Unternehmen und Superreiche auch weiterhin keinen gerechten Beitrag leisten, während das Leben der arbeitenden Menschen noch teurer und härter werden wird. Die erwartbaren Auswirkungen auf Konsum und sozialen Zusammenhalt werden bestehende gesellschaftliche Fliehkräfte weiter beschleunigen.
Aus Fehlern lernen, in die Zukunft investieren
Einmal mehr wird deutlich, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt die Ausgaben und damit die nötigen Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten auf geradezu selbstzerstörerische Weise einschränkt. Europa braucht jetzt eine Wirtschafts- und Steuerpolitik, die nachhaltige Investitionen fördert und die Wirtschaft belebt. Dasselbe gilt für Österreich: Nur ein kraftvolles Konjunkturpaket kann Standort und Arbeitsplätze sichern und neue Jobs schaffen. Die dafür notwendigen Investitionen müssen sich im Budget wiederfinden. Eine rein ausgabenseitige Konsolidierung ist nicht realisierbar. Ohne Umbau der Steuerstruktur ist der allerorts herbeigesehnte Aufschwung nicht zu schaffen.
Bitter: Viele der nun dräuenden Herkulesaufgaben hätten vermieden oder zumindest deutlich entschärft werden können, wenn die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission die Sozialpartner in die Ausarbeitung der Haushaltspläne miteinbezogen hätten. Eben das hatten Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen zuletzt immer wieder in gemeinsamen Appellen an die EU-Institutionen gefordert.