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Der Regisseur Arthur Gottlein mit dem Schauspieler Hans Jaray
Der Regisseur Arthur Gottlein mit dem Schauspieler Hans Jaray Sammlung Gottlein Filmarchiv Austria

Rezensionen

Bücher unter dem Weihnachtsbaum

Mord, Vertreibung, Pest und ein Gewerkschafter als Ermittler

Bücher passen besonders gut unter den Weihnachtsbaum! Eine besondere Freude machen sie, wenn sie sich um GewerkschafterInnen drehen. GewerkschafterInnen die in Mordfällen ermitteln, mit berühmten SchauspielerInnen Filme drehen oder anlässlich ihres 100. Geburtstag auf ein bewegtes Leben zurückschauen. Alle Bücher können bei besserewelt.at bestellt werden. 

List

So schlau und lustig. Leider ziemlich gut.

Ian Rankin über das Buch "Der Donnerstagsmordclub

Der Donnerstagsmordclub

Der englische Fernsehmoderator Richard Osman besuchte eine luxuriöse Seniorenresidenz und kam mit einer Romanidee nach Hause zurück. Ein pensionierter Gewerkschaftsführer, eine ehemalige Krankenschwester, ein einstiger Psychiater und eine Spionin im Ruhestand gründen den Donnerstagsmordclub. Jede Woche diskutieren sie im Puzzlezimmer einen ungelösten Fall –, solange, bis vor ihrer Haustür ein echter Mord geschieht. Das außergewöhnliche ErmittlerInnenteam macht sich auf die Suche nach dem Täter oder der Täterin.

Der Plot ist klug konstruiert und die Geschichte voller englischen und trocknen Humors.  

Prädikat: sehr spannend und unterhaltsam. Der zweite Band „Der Mann, der zweimal starb“ ist auch schon erschienen. 

Der Donnerstagsmordclub 
Richard Osman; 464 Seiten; List (2021); 15,99 Euro 

Nurith Wagner-Strauss (GPA)

Du bist der Jüngste, Dich werden sie nicht erschießen.

Mithäftling von Ernst Fettner

„Geh‘ du voran“ – Ein Jahrhundert

Der Journalist, Freiheitskämpfer, Antifaschist und Gewerkschafter Ernst Fettner feierte im Mai 2021 seinen 100. Geburtstag. Als Geschenk gaben er und die Literaturwissenschafterin Jana Waldhör im Clio-Verlag die reich bebilderte Autobiografie „Geh‘ du voran“ heraus. Ein Buch voller tragischer Geschichten, erstaunlicher Ereignisse und spannender Erzählungen. 

Fettner schreibt von seiner Kindheit im jüdischen Waisenhaus, nachdem seine Mutter an der Spanischen Grippe gestorben war, von der Ausbeutung als Lehrling in einer Mieder- und Wäschewarenerzeuger, von der Verhaftung durch die Nationalsozialisten und der späteren Flucht nach England. Dort schloss er sich der Organisation „Young Austria“ an und kämpfte in der englischen Armee gegen die Faschisten. 

Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Redakteur bei der kommunistischen Zeitung „Volksstimme“, wurde Betriebsratsvorsitzender und auch Mitglied des Führungsgremiums der „Gewerkschaftlichen Einheit“.

Prädikat: unbedingt lesen!

Zum Nachhören: Ein Gespräch mit Ernst Fettner
Zum Nachlesen: Ernst Fettner: Ein Jahrhundert Leben 

„Geh‘ du voran“ Ein Jahrhundert 
Ernst Fettner und Jana Waldhör; 250 Seiten; CLIO Verein f. Geschichts- & Bildungsarbeit (2021); 25,00 Euro 

Sammlung Gottlein Filmarchiv Austria

Er war weder ein großer Leinwandstar noch ein berühmter Regisseur. Und dennoch ist er aus dem österreichischen Kino nicht wegzudenken.

Filmarchiv Austria

Der Fädenzieher 

Die Regisseurin und Autorin Uli Jürgens zeichnet in ihrem neuen Buch „Der Fädenzieher“ anhand von Eintragungen in Taschenkalendern das ungewöhnliche Leben des Regieassistenten, Produktionsleiters, Marionettenpuppenspieler und Gewerkschafters Arthur Gottlein nach. 

In der Ersten Republik drehte er mit den berühmtesten SchauspielerInnen – so lang, bis er vor den Nationalsozialisten über die Philippinen nach Shanghai flüchten musste. Hier baute er u. a. ein Marionettentheater auf. 

Schon in der Zwischenkriegszeit kümmerte er sich als Gewerkschafter um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne für seine KollegInnen. Er setzte sein Engagement auch nach seiner Rückkehr nach Österreich in der Zweiten Republik fort. In der Gewerkschaft Kunst und freie Berufe gründete er eine Filmbibliothek, rief einen Fonds zur Unterstützung bedürftiger KollegInnen ins Leben, verhandelte Kollektivverträge, kümmerte sich um Rechtsschutzangelegenheiten, organisierte eine Stellenvermittlung und stand für Frauenrechte auf. 

Prädikat: sehr lesenswert.  

Der Fädenzieher
Uli Jürgens; 180 Seiten; Mandelbaum Verlag (2021); 23,00 Euro 

StudienVerlag

Den Tatbestand leugnen, nicht aber die Gesinnung.

Marie Jahoda

Akteneinsicht - Marie Jahoda in Haft 

Am 27. November 1936 stürmte die Polizei das Büro der Sozialpsychologin Marie Jahoda und verhaftete sie und einige ihrer KollegInnen. Der Vorwurf lautete, dass in den Räumen ein „getarnter Nachrichten- und Informationsdienst für die illegale revolutionär-sozialistische Organisation“ betrieben würde und sie die Diktatur des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes bekämpfe. Jahoda saß deswegen neun Monate in Haft.  

Bei den Verhören und vor Gericht hielt sich Jahoda strikt an eine Regel der konspirativen Untergrundarbeit: Gib nur zu, was nicht mehr bestritten werden kann, und belaste andere nicht. 

In dem 2021 erschienen Buch „Akteneinsicht“ arbeiten verschiedene AutorInnen Jahodas Strafakt auf und zeichnen das Bild einer standhaften Frau nach, die sich trotz aller Drohungen und Versprechungen niemals den Austrofaschisten beugte. 

Prädikat: sehr lesenswert. 

Akteneinsicht – Marie Jahoda in Haft  
Johann Bacher, Waltraud Kannonier-Finster, Meinrad Ziegler (Hg.); Studienverlag (2021); 256 Seiten; 26,90 Euro 

Pest – Die Tragödie eines Arztes 

Der Journalist Stefan Pollatschek schrieb das Buch „Pest“ 1938 im englischen Exil. Es erschien vier Jahre nach seinem Tod im Jahr 1948 erstmals auf Deutsch. Im Jahr 2020 legte die Theodor Kramer Gesellschaft den Tatsachenroman neu auf. Die Geschichte wie im Jahr 1898 ein Arzt einen Pestausbruch in Wien verhinderte und dafür mit seinem Leben bezahlte.

Das lange vergessene Buch ist hoch aktuell. Es gibt nicht nur Parallelen zur Corona-Pandemie – Panik, LeugnerInnen sowie Selbstisolierung, Maske, Desinfektion und Abstand halten – sondern auch zur politischen Situation. Denn für Pollatschek war die Pest auch ein Synonym für den Antisemitismus – jene Anschauung, die ihn im Jahr 1938 aus Wien vertreiben würde. 

„Pest“ ist ein hervorragend geschriebener Roman. Prädikat: unbedingt lesen!

Pest – Die Tragödie eines Arztes 
Stefan Pollatschek ; Theodor Kramer Gesellschaft (2020); 290 Seiten; 21,00 Euro 

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