Gleichstellung
Warum eine Großelternkarenz keine Lösung ist
Statt Uralt-Idee aus der Mottenkiste muss die Kinderbetreuung ausgebaut werden.
Österreich hinkt bei der öffentlichen und kostenlosen Kinderbetreuung im europäischen Vergleich seit Jahren hinterher. Bei den Unter-Zweijährigen sind gerade einmal ein Drittel in Betreuung, der Rest wird meist von Mama und Oma betreut. Damit sich daran auch in Zukunft nichts ändert, holt Familienministerin Susanne Raab eine Uralt-Idee aus der Mottenkiste: Für Omas und Opas soll es eine „Großelternkarenz” nach dem Vorbild der Elternkarenz geben. Die Idee einer „Großelternkarenz” hat allerdings nicht nur einen Haken, betont ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann: „Die Omas und Opas übernehmen gerne die Betreuung der Enkelkinder. Aber damit institutionelle Kinderbetreuung ersetzen zu wollen, kann von Regierung nicht ernst gemeint sein. Die Großeltern sind nicht dafür da, das multiple Versagen der Bundesregierung auszugleichen.”
Frauen werden gezwungen, Teilzeit zu arbeiten
Seit Jahren weist der ÖGB gemeinsam mit den Gewerkschaften auf die fehlende Kinderbetreuung in Österreich hin - begründet durch zu wenig Personal. Der gewünschte Ausbau von Plätzen, die mit Vollzeit der Eltern vereinbar ist, benötigt zusätzliches Geld. Auch international gesehen – Stichwort Barcelona-Ziele – hat Österreich großen Aufholbedarf. Die Barcelona-Ziele sind EU-weite Vorgaben dazu, wie viele Kinder sich in Kinderbetreuung befinden sollten, damit die Erwerbstätigkeit - vor allem von Frauen – gesteigert werden kann. Der Rat der EU hat Ende 2022 seine Ziele erhöht: 45 Prozent der Kinder unter drei Jahren sollen 2030 an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung teilnehmen, so die Empfehlung. Für Österreich, das noch nicht einmal das alte Ziel von 33 Prozent erreicht hat, gilt ein niedrigeres Ziel von 31,9 Prozent – und auch das wird bundesweit nicht geschafft. Aufgrund der fehlenden Betreuung werden Frauen gezwungen, Teilzeit zu arbeiten.
Großelternkarenz wäre Oma-Karenz
Damit zusammenhängt, dass Frauen einen Großteil der unbezahlten Care-Arbeit – und so eben auch der Kinderbetreuung – übernehmen, wie die Zeitverwendungsstudie von vergangenem Dezember belegt. Auch bei einer „Großelternkarenz” wäre davon auszugehen, dass zu einem überwiegenden Teil die Großmütter und nicht die Großväter die Betreuungstemmen würden. Eine Großelternkarenz wäre also eigentlich in erster Linie eine Oma-Karenz. „Nach der Vorstellung einiger Regierungsmitglieder soll also neben der Pflege von Angehörigen, die mehrheitlich von den Frauen geleistet wird, jetzt auch die Kinderbetreuung systematisch von den Großeltern bzw. Großmüttern übernommen werden”, fasst Korinna Schumann zusammen.
Die Lösung: Kinderbetreuung ausbauen, Familienarbeitszeit umsetzen
Anstatt einer Großelternkarenz muss die Regierung endlich massiv in professionelle Betreuung investieren: „An einem Rechtsanspruch für beitragsfreie und flächendeckende Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag des Kindes führt kein Weg vorbei“, fordert die ÖGB-Frauenvorsitzende und -Vizepräsidentin. Darüber hinaus müsse auch das von ÖGB und AK vorgeschlagene Modell zur Familienarbeitszeit endlich umgesetzt werden – ein Modell, mit dem beide Elternteile ungefähr gleich viel Zeit für die Kinderbetreuung und für die Erwerbsarbeit zur Verfügung haben. Damit würden Mütter mehr verdienen und Väter hätten mehr Zeit für ihre Kinder (zum Modell).