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ÖGB

Gerechtigkeit

Steuerreform: Die ArbeitnehmerInnen dürfen nicht draufzahlen

Keine Steuergeschenke an Unternehmen, sondern Entlastung für Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen

Die Corona-Pandemie ist noch nicht überstanden, dazu kommen die großen Transformationsprozesse, vor allem der Klimawandel, der nur mit einer gewaltigen Kraftanstrengung zu bewältigen ist. Das sind auch die wesentlichen Faktoren, wenn es um die Vorbereitung des Budgets und der Steuerreform geht. „Für den ÖGB steht fest: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen nicht die sein, die hier draufzahlen“, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian.

Kalte Progression ausgleichen: 3 Milliarden für Österreichs SteuerzahlerInnen

ArbeitnehmerInnen leisten in Österreich den größten und vor allem einen ständig steigenden Beitrag zum Steueraufkommen. Dazu kommt die Kalte Progression: Trotz kollektivvertraglicher Lohn- und Gehaltserhöhungen, die die Inflation ausgleichen sollen, kann man sich immer weniger leisten. Das liegt daran, dass mit steigenden Löhnen und Gehältern auch der Steuersatz steigt und dementsprechend ein Teil der inflationsbedingten Lohn- bzw. Gehaltserhöhung von einem höheren Steuersatz aufgefressen wird. Gleichzeitig steigen die Preise für Waren und Dienstleistungen kontinuierlich - im kommenden Jahr droht eine saftige Erhöhung der Energiepreise (Gas und Strom).

Das alles bedeutet, dass die Kaufkraft geringer wird. Ein ordentlicher Ausgleich der Kalten Progression schließt zudem auch die Valorisierung von Steuerbeträgen wie den steuerfreien Taggeldern oder Zulagen mit ein, die seit Jahrzehnten nicht an die Inflation angepasst worden sind.

Nun auch mittlere Einkommen entlasten

Bei der ersten Etappe der Lohnsteuersenkung im Vorjahr wurden niedrigere Einkommen stärker entlastet – das war ein wichtiger Schritt. „Nun erwarten wir, dass die zweite Etappe sicherstellt, dass mittlere Einkommen ebenfalls ordentlich entlastet werden“, fordert Katzian. Um die Folgen der Kalten Progression auszugleichen, sind noch etwa 2,5 bis 3 Milliarden Euro offen, die ArbeitnehmerInnen ausgeglichen werden müssen, fordert Katzian. „Sie haben also bei der Kalten Progression draufgezahlt, viele von ihnen haben auch wegen Corona Einkommensverluste hinnehmen müssen, und jetzt soll offenbar auch die Öko-Steuer auch noch hauptsächlich Haushalte belasten. Das ist unfair, hier gilt es gegenzusteuern.“

Keine Steuergeschenke an Unternehmen

Deswegen braucht es jetzt den längst fälligen Ausgleich und sicher keine Steuergeschenke an Unternehmen. Die von der Wirtschaft vehement eingeforderte Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) für Unternehmen wäre ein solches Geschenk. Die Kosten für diese Senkung von 25 auf 21 Prozent werden auf 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro geschätzt, ArbeitnehmerInnen würden nicht davon profitieren, Unternehmen schon: 

Einem Betrieb mit einem Jahresgewinn von 40 Mio. Euro würde die KöSt-Senkung im selben Zeitraum rund 1,6 Millionen Euro bescheren. Ein Anreiz zu investieren oder mehr Beschäftigung zu schaffen, ist damit nicht verbunden.

Weniger Lohnnebenkosten schaffen kaum Arbeitsplätze

Das gleiche gilt für die Senkung der Lohnnebenkosten, von der Wirtschaftsvertreter und Thinktanks auch immer reflexartig sprechen, wenn es um die Steuerreform geht – Vorteile würde eine solche ausschließlich für Unternehmen bringen. Das Argument, dass man damit mehr Arbeitsplätze schaffen würde und ArbeitnehmerInnen jeden Monat mehr am Lohnzettel hätten, stimmt nicht.

Kürzungen sozialstaatlicher Leistungen verhindern

Und vor allem: Die Lohnnebenkosten fließen in die Finanzierung zentraler sozialstaatlicher Leistungen, ihre Senkung würde also weniger Geld für Unfallversicherung, Gesundheitsversorgung oder Familienbeihilfe bedeuten und damit Kürzungen provozieren. „Besonders Menschen mit niedrigem Einkommen und Frauen profitieren von den über Lohnnebenkosten finanzierten Leistungen, weil sie sich private Alternativen schwer leisten können“, sagt Katzian: „Wer Lohnnebenkosten senken will, soll also bitte gleich dazu sagen, welche er meint.“

Klimaneutralität sozial gestalten

Der ÖGB und die AK befürworten eine Ökosoziale Steuerreform, beim Engagement in Sachen Klimaschutz muss aber immer auch die soziale Frage im Mittelpunkt stehen. Sowohl der Ressourcenverbrauch als auch die Abhängigkeit von intakter Umwelt sind ungleich verteilt: Reiche Menschen verbrauchen weitaus mehr Umweltressourcen und können sich gleichzeitig ins Homeoffice ihrer sicheren Zweit- oder Drittwohnsitze zurückziehen.

Ökobonus soll Familien entlasten

Um für sozial gerechte Klimaneutralität zu sorgen, fordern ÖGB und AK eine 100%ige Rückerstattung des CO2-Preises in Form des steuerlichen Ökobonus an die Bevölkerung. Der Ökobonus ist eine pauschale Steuergutschrift in der Höhe von mindestens 150 Euro pro Kopf (bei einem CO2-Preis von 60 Euro pro Tonne CO2) mit einem zusätzlichen Kinderzuschlag von bis zu 100 Euro. „Er bringt einer 4-köpfigen Familie etwa 400 bis 500 Euro im Jahr, direkt, pauschal und unkompliziert gutgeschrieben“, rechnet AK Präsidentin Renate Anderl vor. 

Außerdem sieht der Ökobonus PLUS zusätzliche Mittel für besonders betroffene Gruppen wie beispielsweise Pendlerinnen und Pendler vor, etwa durch die Umstellung der Pendlerpauschale auf einen einkommensunabhängigen Pendlerabsetzbetrag.

Kostenbeteiligung der VermieterInnen am CO2-Preis

Eine CO2-Bepreisung trifft besonders die 500.000 MieterInnen in Österreich, die mit Öl und Gas heizen. Sie haben keine Möglichkeit, über das im Wohnhaus verwendete Heizsystem mitzubestimmen, tragen aber über die Verträge mit den Energieversorgern zur Gänze den CO2-Preis. Das ist nicht nur unsozial, sondern auch ökologisch problematisch. „VermieterInnen haben keinen Anreiz, alte, umweltschädliche und teure Heizsysteme zu tauschen, wenn ohnehin die MieterInnen die ganzen Kosten bezahlen. Deswegen sollen VermieterInnen mit 50 Prozent am CO2-Preis beteiligt werden“, erklärt Anderl.  

„Eine Steuerreform darf den Sozialstaat, der uns bis jetzt gut durch die Krise gebracht hat, nicht unter Druck bringen“, sagt der ÖGB-Präsident, „und wir werden uns auch dagegen, wenn etwa Arbeitslose gegen Durchschnittsverdiener ausgespielt werden sollen. Es ist wirklich an der Zeit, dass breite Schultern auch bereit sind, einen größeren Rucksack zu tragen und nicht noch mehr wollen –auch eine Millionärssteuer würde für mehr Gerechtigkeit sorgen!“ 

Alle Forderungen von ÖGB und AK für eine gerechten Steuerreform:

  • Ausgleich der kalten Progression 
  • Rasche Umsetzung der versprochenen Lohnsteuersenkung zur Entlastung der ArbeitnehmerInnen und Stärkung des privaten Konsums. Ein ordentlicher Ausgleich der kalten Progression schließt zudem auch die Valorisierung von Steuerbeträgen wie den steuerfreien Taggeldern oder Zulagen mit ein, die seit Jahrzehnten nicht an die Inflation angepasst worden sind.  
  • Schaffung ökologischer Alternativen durch Ausweitung der öffentlichen Klimainvestitionen und -förderungen 
  • Gerechte Finanzierung durch neue Spielräume im Budget wie zB Einführung von Maastricht-neutralen Green Bonds oder einer „goldenen Investitionsregel“. 
  • Ökobonus PLUS für eine wirksame soziale Abfederung der CO2-Bepreisung 
  • Volle Rückerstattung der Einnahmen aus dem CO2-Preis durch eine pauschale Steuergutschrift (Ökobonus). Zusätzliche Unterstützung für besonders betroffene Gruppen wie zB PendlerInnen durch Reform des Pendlerpauschales Richtung Absetzbetrag. 
  • Kostenbeteiligung der VermieterInnen am CO2-Preis 
  • Betraglich gedeckelte Öko-Investitionsprämie von zB 10% für Betriebe
  • Keine Steuergeschenke für Unternehmen und Superreiche
  • Jede Senkung der Lohnnebenkosten, der Körperschaftsteuer oder anderer Kapitalsteuern erhöht die Ungleichheit im Land und gefährdet den Sozialstaat durch Sparpakete und Sozialkürzungen. 
  •  Mehr Steuergerechtigkeit durch Ausbau vermögensbezogener Steuern
  • Einführung einer Millionärsabgabe auf private Nettovermögen über 1 Million Euro und einer Erbschafts- und Schenkungssteuer auf große Vermögensübertragungen. Konsequenter Kampf gegen Steuertricks und -betrug. 
Für eine sozialgerechte Steuerreform!

Für die Gewerkschaften ist klar: Die ArbeitnehmerInnen dürfen nicht draufzahlen. Keine Steuergeschenke an Unternehmen, sondern Entlastung für Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen.

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