Zum Hauptinhalt wechseln
Das Jahr 2018, war das Jahr der Proteste gegen die schwarz-blauen Regierungspläne
Das Jahr 2018, war das Jahr der Proteste gegen die schwarz-blauen Regierungspläne Stephanie Guberner, ÖGB

2018: Proteste, Streiks und Flashmobs

Die schwarz-blaue Regierung setzte im Jahr 2018 zu einem Radikalschlag gegen den Sozialstaat und das Sozialversicherungssystem an. Der designierte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sagte Anfang Juni dazu: „Bestehende Errungenschaften der Arbeiter:innenbewegung sollen abgebaut werden. Der Sozialstaat und das Sozialversicherungssystem werden rückgebaut und entdemokratisiert. Die Arbeitnehmer:innenbewegung soll insgesamt massiv geschwächt werden. Das ist ein Angriff auf die gesamte Gewerkschafts- und Arbeitnehmer:innenbewegung in Österreich, der eine entsprechende Antwort erhalten wird.“

Am 30. Juni 2018 demonstrierten mehr als 100.000 Menschen gegen die Einführung des 12-Stunden-Tages
Am 30. Juni 2018 demonstrierten mehr als 100.000 Menschen gegen die Einführung des 12-Stunden-Tages Robert Wittek, PRO-GE

 

Die Antworten waren Flashmobs, Aktionen, Petitionen, Betriebsrätekonferenzen und Demonstrationen. Am 30. Juni 2018 demonstrierten rund 100.000 Menschen gegen das 12-Stunden-Tag-Gesetz und am 5. November 2018 feierten Gewerkschafter:innen nicht 100 Jahre Sozialministerium, sondern protestierten gegen die Aushöhlung des Sozialstaates: Abschaffung des Achtstundentages, Zerschlagung der Sozialversicherung, Reduzierung des AMS-Budgets, „Reformen“ von Mindestsicherung und Notstandshilfe.

Gegen den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche

Die schwarz-blaue Regierung brachte am 14. Juni 2018 einen Initiativantrag zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes ein. Darin waren der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche enthalten. Also mit Vollgas zurück ins 19. Jahrhundert: Statt bisher zehn Stunden pro Tag soll zwölf Stunden gearbeitet werden können, statt bisher 50 Wochenstunden sollen 60 möglich sein.

Sofort machten der ÖGB und die Gewerkschaften auf die Gefahren der Ausdehnung der Arbeitszeit aufmerksam. Darauf, dass ein 12-Stunden-Tag samt An- und Abreise zum Arbeitsplatz weniger Zeit für die Familie und zur Erholung erlaubt, dass es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann und dass das Unfallrisiko am Arbeitsplatz steigt. Außerdem stellt der 12-Stunden-Tag Menschen mit Betreuungspflichten vor unüberwindbare Herausforderungen: Kaum eine Kinderbetreuungseinrichtung hat so lange offen.

Zwischen 21. und 26. Juni 2018 fanden in ganz Österreich Betriebsrätekonferenzen mit Tausenden Teilnehmenden statt, in St. Pölten waren es zum Beispiel 1.650 Belegschaftsvertreter:innen.

 

Wir gehen auf die Barrikaden

Am 25. Juni 2018 fand die ÖGB-Betriebsrätekonferenz unter dem Motto „Nein zum 12-Stunden-Tag“ statt. Die 1.200 Teilnehmenden waren sich einig, dass der 12-Stunden-Tag keinesfalls am 5. Juli 2018 im Parlament verabschiedet werden darf. Christian Hackl, Betriebsrat bei Manner, sagte: „12-Stunden-Arbeitstage mag man eben nicht. Das lassen wir uns nicht gefallen. Wir gehen auf die Barrikaden.“ Und das passierte auch.

Am 27. Juni 2018 protestierten Gewerkschafter:innen am Ballhausplatz gegen den 12-Stunden-Tag
Am 27. Juni 2018 protestierten Gewerkschafter:innen am Ballhausplatz gegen den 12-Stunden-Tag ÖGB

 

 

 

Am 27. Juni fand am Ballhausplatz ein vom ÖGB organisierter Flashmob statt, am 29. Juni protestierten Gewerkschafter:innen im Parlament, in Hunderten Betrieben fanden Betriebsversammlungen statt, am 30. Juni demonstrierten mehr als 100.000 Menschen in Wien gegen das Gesetzesvorhaben, am 5. Juli versammelten sich Gewerkschafter:innen vor dem Ersatzparlament am Josefsplatz zu einem Flashmob und am 31. August fuhr eine 1,5 Tonnen schwere Straßenwalze symbolisch über die Verschlechterungen des am 1. September 2018 in Kraft tretenden Gesetzes.

Am 31. August 2018 organisierte der ÖGB eine Aktion zur Veranschaulichung, wie die Bundesregierung über Arbeitnehmer:innen drüberfährt
Am 31. August 2018 organisierte der ÖGB eine Aktion zur Veranschaulichung, wie die Bundesregierung über Arbeitnehmer:innen drüberfährt Thomas Reimer, ÖGB

 

 

 

Da das 12-Stunden-Tag-Gesetz nicht verhindert werden konnte, griffen der ÖGB und die Gewerkschaften auf ein altbewährtes Mittel zurück: auf den Kollektivvertrag. Bei der ersten Kollektivvertragsverhandler:innen-Konferenz am 18. September 2018 waren sich die 900 Teilnehmenden einig: Neben ordentlichen Lohn- und Gehaltserhöhungen ging es 2018 vor allem auch um Arbeitszeit. Die Gewerkschaften forderten für alle Branchen Planbarkeit, Selbstbestimmung, Rechtssicherheit und nicht zuletzt eine Arbeitszeitverkürzung.

 

Der Plan wurde erfolgreich umgesetzt, so wurde zum Beispiel die 11. und 12. Arbeitsstunde mit hohen Zuschlägen verteuert und die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche verankert.

 

Unser Ziel ist ein gutes Leben für alle!
Am 12. Oktober 2018 demonstrierten die Gewerkschaften zwölf Stunden lang unter dem Motto „Stunde um Stunde, Branche für Branche – 12-Stunden-Aktion gegen den 12-Stunden-Tag“ vor dem Haus der Industrie in Wien. „Dieses Gesetz bringt keine einzige Verbesserung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und weiter: „Wir bleiben dabei: Das neue Arbeitszeitgesetz ist ein schlechtes Gesetz. Jetzt muss die Wirtschaft Branche für Branche die Auswirkungen abfedern, die das Gesetz auf Einkommen, Gesundheit und Freizeit der Arbeitnehmer:innen hat! Unser Ziel ist ein gutes Leben für alle!“

Der ÖGB antwortete auf die geplante „Sozialversicherungsreform“ mit einer Aktion
Der ÖGB antwortete auf die geplante „Sozialversicherungsreform“ mit einer Aktion Thomas Reimer, ÖGB

 

 

 

Aktionen gegen die „Sozialversicherungsreform“

Am 22. Mai 2018 präsentierte die schwarz-blaue Regierung die „Reform“ der Sozialversicherung. Darin enthalten war, dass aus 21 Krankenversicherungen fünf werden sollten und das Mitspracherecht der Versicherten von vier Fünftel auf die Hälfte reduziert werden sollte. In die Verhandlungen war der ÖGB als Sozialpartner nicht einbezogen worden.

Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte an, dass die prognostizierten Einsparungen eine Milliarde Euro wären, die sogenannte „Patientenmilliarde“. Der ÖGB sah darin keine Reform, sondern einen Anschlag auf die Versorgung der Versicherten.

Die Antwort des ÖGB, der Arbeiterkammer und weiterer Institutionen war kurz und bündig: Nein.

Heiße Luft!
Doch die Regierung wollte nicht hören. Also gingen die Arbeitnehmer:innen auf die Straße. In der Steiermark bildeten rund 1.000 Menschen eine Kette um die Grazer Zentrale der Gebietskrankenkasse, in Innsbruck wurde auf Plakaten über die als Strukturänderung getarnte Mogelpackung informiert, in Wien demonstrierten rund 4.000 Beschäftigte der Gebietskrankenkassen gegen die Kassenreform.

Am 14. November 2018 protestierten die Gewerkschafter:innen anlässlich eines Hearings von Expertinnen und Experten im Parlament unter dem Motto „Sozialversicherungsreform: Alles nur heiße Luft!“ Im Zuge der Aktion wurden Luftballons zerstochen, als Symbol dafür, dass die Reform nichts weiter als heiße Luft ist.

Es half alles nichts. Im Dezember 2018 verabschiedete der Nationalrat die „Sozialversicherungsreform“.

 

Im Mai 2018 hielt der spätere ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei einer Demonstration eine flammende Rede gegen die Zerschlagung der AUVA
Im Mai 2018 hielt der spätere ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei einer Demonstration eine flammende Rede gegen die Zerschlagung der AUVA GPA

 

 

Aktionen gegen die Zerschlagung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA)

Das schwarz-blaue Regierungsprogramm verlangte von der AUVA bis Jahresende 2018 ein Konzept zur Einsparung von 500 Millionen Euro (mehr als ein Drittel des Gesamtbudgets), sonst drohe die Auflösung. Der Regierungsplan lautete, dass Dienstgeber:innen statt bisher 1,3 nur mehr 0,8 Prozent des Bruttolohns an die AUVA überweisen sollen – trotz Fürsorgepflicht der Arbeitgeber:innen. Denn sie erhalten im Gegenzug dafür Schutz vor Schadenersatzansprüchen der Arbeitnehmer:innen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.

 

Es folgten viele Proteste, Demonstrationen und Sternmärsche mit rund 6.000 Teilnehmenden. Die AUVA-Betriebsrätinnen und -Betriebsräte sammelten in nur 40 Tagen rund 200.000 Unterschriften, diese wurden am 16. Mai 2018 dem Ministerrat übergeben.

 

Der AUVA fehlten am Ende „nur“ mehr 110 Millionen Euro, die Unternehmen nun mehr in der Tasche hatten. Zusätzlich verlor die AUVA durch die Sozialversicherungsreform 39 Millionen Euro. Die Leistungen mussten nur nicht gekürzt werden, da die AUVA noch Rücklagen hatte.

 

Demonstration gegen die Kürzung des Arbeitsmarkt-Budgets
Die Gewerkschaft GPA-djp rief für den 14. September 2018 zu einer Demonstration gegen die Kürzung des Arbeitsmarkt-Budgets auf. Das würde 340.000 Arbeitssuchende und Tausende Lehrlinge in der Überbetrieblichen Ausbildung treffen. Außerdem fehle dann Geld für Qualifizierungsmaßnahmen und Deutschkurse.

 

 

Am 7. Juni 2018 zeigten die Beschäftigten in der Erwachsenenbildung ihren Unmut über geplante Kürzungen
Am 7. Juni 2018 zeigten die Beschäftigten in der Erwachsenenbildung ihren Unmut über geplante Kürzungen GPA

 

Gegen Kürzungen bei der Erwachsenenbildung
Beschäftigte und Betriebsrätinnen bzw. Betriebsräte protestierten am 21. Juni 2018 mit „Unterricht im Freien“ gegen Kürzungen in der Erwachsenenbildung. Denn: „Menschen wird dadurch die Lebensperspektive genommen. Betroffen sind vor allem Langzeitarbeitslose, ältere Menschen, Frauen, Migrantinnen bzw. Migranten und junge Menschen, aber auch Tausende Beschäftigte in der Erwachsenenbildung“, erklärte der Betriebsratsvorsitzende von Mentor, Nerijus Soukup.

Gegen Kürzungen bei der Überbetrieblichen Lehrausbildung

Der Rundumschlag der schwarz-blauen Regierung bei Kürzungen von Sozialleistungen und Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten traf im Mai 2018 auch die Lehrlinge in Überbetrieblicher Ausbildung (ÜBA). Volljährige Lehrlinge in ÜBA sollen laut Kürzungsplänen der Bundesregierung künftig nur mehr knapp die Hälfte verdienen. Arbeitgeber:innen- und Regierungsvertreter:innen haben im AMS beschlossen, dass die Beihilfe für Über-18-Jährige ab 1. September 2018 in den ersten zwei Lehrjahren von 753 auf 325,80 Euro monatlich zusammengestrichen werden soll. Auf Kosten von 3.600 Lehrlingen sollen so 17 Millionen Euro eingespart werden.

Am 15. Mai 2018 ging die ÖGJ auf die Straße. Das war die erste Protestmaßnahme und gleichzeitig die Kick-off-Veranstaltung. Am 23. Mai 2018 protestierten Gewerkschafter:innen nochmals, diesmal vor dem Sozialministerium. Die Gewerkschaftsjugend informierte weiterhin die Lehrlinge in den Ausbildungseinrichtungen über die geplanten Verschlechterungen und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf ihre Ausbildungs- und Lebensumstände.

 

 

 

Jugend.Mitbestimmung.Jetzt

Am 12. September 2018 informierte die ÖGJ in einer Aktion über die von der schwarz-blauen Regierung geplanten bzw. beschlossenen Verschlechterungen für Lehrlinge: die Kürzung der Bezüge für Lehrlinge in der Überbetrieblichen Lehrausbildung, die Abschaffung des Jugendvertrauensrates und die Einführung des 12-Stunden-Tages für Lehrlinge über 18 Jahre.

Beim 19. ÖGB-Bundeskongress demonstrierte die ÖGJ während der Rede der Sozialministerin Beate Hartinger-Klein gegen die Abschaffung der Jugendvertrauensräte
Beim 19. ÖGB-Bundeskongress demonstrierte die ÖGJ während der Rede der Sozialministerin Beate Hartinger-Klein gegen die Abschaffung der Jugendvertrauensräte Michael Mazohl

 

 

 

 

#JVR bleibt

Die Abschaffung des Jugendvertrauensrats stand auf Seite 103 des Regierungsprogramms der schwarz-blauen Regierung. Dies würde nicht nur bedeuten, dass 15-jährigen Lehrlingen die Möglichkeit zur Mitbestimmung im Betrieb genommen würde, sondern auch, dass es keine Interessenvertretung der Jugendlichen in den Unternehmen geben würde. Im Mai 2018 protestierten JVR und ÖGJ-Mitglieder vor dem Sozialministerium gegen die geplante Abschaffung des Mitspracherechts der Jugend. Es folgten zahlreiche Straßenaktionen und auch Verhandlungen mit den zuständigen Ministerinnen bzw. Ministern. Gleichzeitig startete die ÖGJ eine Petition, die rund 40.000 Menschen unterschrieben. Zu Jahresende stand die Entscheidung noch aus.

International

Gegen die Ratifizierung des Handelsabkommens CETA


Im September 2017 trat das Handels- und Investitionsschutzabkommen der EU mit Kanada zu großen Teilen vorläufig in Kraft. CETA enthält Sonderklagerechte für Konzerne und schränkt den politischen Handlungsspielraum für Kommunen ein. Es gefährdet die heimische Landwirtschaft sowie Arbeitnehmer:innenrechte und bedroht Umwelt-, Sozial- und Lebensmittelstandards. Es bedroht den Klimaschutz und öffnet die Tür für Gentechnik, Fracking und Ölsande. Und das Abkommen setzt die Liberalisierung der Finanzmärkte fort, die in die Finanzkrise geführt hatte.

 

Im Juni 2018 hätte die österreichische Regierung noch auf die Warnungen des ÖGB hören können, den Offenen Brief der AK und des ÖGB oder die rund 1,5 Millionen Protest-E-Mails aufmerksam lesen können, die Stimmen der rund 560.000 Österreicher:innen, die das Volksbegehren gegen CETA unterschrieben haben, ernst nehmen können.

 

Die Plattform „Anders Handeln – Globalisierung gerecht gestalten“, der auch die Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion angehörten, versuchten am Tag der Ratifizierung, am 13. Juni 2018, noch mit einer Kundgebung vor dem Parlament die Regierung von der Ratifizierung abzuhalten.

 

Die Regierung unterschrieb das Abkommen, aber Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterzeichnete es nicht. Eine Entscheidung, die der ÖGB begrüßte.

 

 

 

Der ÖGB protestierte gegen die „Festung Europa“ während des EU-Gipfels in Salzburg
Der ÖGB protestierte gegen die „Festung Europa“ während des EU-Gipfels in Salzburg Arne Müseler

Protest gegen „Festung Europa“

Am 19. und 20. September 2018 fand in Salzburg das EU-Gipfeltreffen statt. 28 Staats- und Regierungsspitzen berieten zu Themen wie innere Sicherheit, Migration und Brexit. Sie einigten sich etwa auf die Stärkung der Europäischen Grenz- und Küstenwache. Rund 1.000 Menschen demonstrierten gegen die „Festung Europa“ und Salzburger Gewerkschafter:innen hissten zwei Transparente an der Salzburger Festung.

„Jedes Jahr ertrinken Tausende Menschen im Mittelmeer. Das sind Menschen wie wir – junge Leute mit Familien, Freunden, Hoffnungen und Träumen für ihr Leben. Unter Lebensgefahr und mit großem Mut machen sie sich auf, um Krieg, Gewalt, Hunger und Not zu entkommen. Anstatt Flüchtende in den Tod zu schicken, um daraus politisches Kleingeld zu schlagen, ist Hilfe und Solidarität das Gebot der Stunde“, hieß es bei der Aktion.

 

Demonstrationen und ein Warnstreik waren im Jahr 2018 nötig, um für die Beschäftigten in der österreichischen Sozialwirtschaft einen guten Kollektivvertragsabschluss zu erreichen.
Demonstrationen und ein Warnstreik waren im Jahr 2018 nötig, um für die Beschäftigten in der österreichischen Sozialwirtschaft einen guten Kollektivvertragsabschluss zu erreichen. vida, GPA

 

 

Kollektivverträge

Warnstreik Sozialwirtschaft Österreich

Am 18. Jänner 2018 ersuchten 500 Betriebsrätinnen und Betriebsräte der österreichischen Sozialwirtschaft bei einer österreichweiten Konferenz um Streikfreigabe. Die Arbeitgeber:innen hörten die Forderungen der rund 100.000 Beschäftigten nach Lohn- und Gehaltserhöhungen und Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich nicht.

Am 24. Jänner 2018 demonstrierten rund 3.000 Menschen für einen fairen Kollektivvertragsabschluss. Trotzdem konnte in der dritten Kollektivvertragsverhandlung keine Einigung erzielt werden. Also kündigten die Gewerkschaften Betriebsversammlungen sowie Aktionen an und leiteten die ersten Schritte für Kampfmaßnahmen ein. Am 30. Jänner 2018 war es soweit, österreichweit fanden Protestmaßnahmen statt: außerordentliche Betriebsversammlungen oder Mahnwachen vor größeren Betrieben.

Streik
Wieder gab es kein zufriedenstellendes Ergebnis bei den Verhandlungen. Die Antwort waren zweitägige Warnstreiks am 15. und 16. Februar 2018. Über 40.000 Beschäftigte in rund 140 Einrichtungen streikten.

In der sechsten Verhandlungsrunde einigten sich die Gewerkschaften vida und GPA-djp mit den Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgebern auf 2,5 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhungen, ein Plus von 100 Euro für alle Lehrlinge, einen zusätzlichen Urlaubstag für jene, die seit mehr als fünf Jahren in einem Betrieb beschäftigt sind, außerdem gab es außerordentliche Gehaltserhöhungen für Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten und Verbesserungen für Teilzeitkräfte.

Im November 2018 bereiteten sich rund 300 Betriebsrätinnen und Betriebsräte bei einer Konferenz auf die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen vor. Die Forderungen waren ähnlich jenen wie zu Jahresbeginn, aber auch die Vermeidung von geteilten Diensten, die sechste Urlaubswoche für alle ab Eintritt oder bessere Anrechnung der Vordienstzeiten standen auf der Liste. Am 26. November 2018 übergaben sie ihre Forderungen den Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgebern.

Kampfmaßnahmen Grafisches Gewerbe

Der Konflikt um den „Drucker-Kollektivertrag“ begann am 23. September 2016. An diesem Tag beschloss der Verband Druck & Medientechnik eine Statutenänderung, die ihn als Kollektivvertragsverhandler ausschloss. Es drohte der österreichweite Kollektivvertrag in Bundesländerverträge zu zerfallen. Es folgten Einschätzungen, Arbeitsgespräche und eine Betriebsrätekonferenz und Betriebsversammlungen, um den Kollektivvertrag für rund 9.000 Beschäftigte zu erhalten.

Am 13. Juni 2017 demonstrieren rund 400 Menschen vor der Wiener Wirtschaftskammer für ihren Kollektivvertrag und im September folgten Betriebsversammlungen sowie Kundgebungen vor Druckereien.

Schließlich fanden Sondierungsgespräche zwischen der GPA-djp und dem Fachverband Druck in der WKÖ statt, aber vonseiten der WKÖ gab es keine Bereitschaft, wieder einen österreichweiten Kollektivvertrag zu verhandeln. Als Antwort beschlossen Teilnehmende einer bundesweiten Betriebsrätekonferenz am 22. März 2018 den „strategischen Arbeitskampf“ und beriefen für den 6. April 2018 eine österreichweite Betriebsversammlung ein. Am 28. Mai 2018 stimmten Betriebsrätinnen und Betriebsräte bei einer Konferenz ob des geringen Organisationsgrades gegen einen Warnstreik in den Bogenbetrieben. Das Jahr endet ohne Verhandlungsergebnis.

Am 12. März 2018 fand der Protestmarsch der Beschäftigten im Finance-Sektor statt, sie forderten Gehaltserhöhungen.
Am 12. März 2018 fand der Protestmarsch der Beschäftigten im Finance-Sektor statt, sie forderten Gehaltserhöhungen. GPA

 

Kampfmaßnahmen Banken-Kollektivvertrag

In der fünften Verhandlungsrunde Anfang April 2018 konnte sich die GPA-djp mit den Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgebern des Finanzsektors für etwa 75.000 Beschäftigte auf eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 2,8 Prozent einigen.

Dazu hatte es allerdings Druck gebraucht. Der Finanzbereich fuhr Rekordergebnisse von fünf Milliarden Euro im Jahr 2017 ein, trotzdem legten die Arbeitgeber:innen auch bei der zweiten Verhandlungsrunde kein Angebot vor. Also wurden für ganz Österreich Betriebsversammlungen einberufen, am 12. März fand eine Betriebsrätekonferenz statt, Mitte März projizierten die Bankangestellten ihre Forderungen auf die Bankgebäude und am 21. März fand eine Kundgebung bei der Wiener Börse statt. Am 1. April 2018 freuten sie sich über einen guten Kollektivvertragsabschluss.

Warnstreik der AUA-Beschäftigten

Der Vorsitzende des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft vida, Johannes Schwarcz, hatte im Jahr 2018 viel zu tun. Anfang März 2018 ärgerte er sich über das Angebot der Arbeitgeber:innen. Sie boten eine Inflationsabgeltung von 2,1 Prozent und eine Einmalzahlung in der Höhe von 1,4 Prozent. „Angesichts dessen, dass es seit 2012 so gut wie keine Erhöhungen gegeben hat, ist das schlicht und einfach ein Witz“, sagte er.

In der Gewerkschaft vida wurde ein Plan entworfen, um den Forderungen der rund 4.000 Beschäftigten Nachdruck zu verleihen. „Die Maßnahmen reichen von Dienst nach Vorschrift über wiederholte Betriebsversammlungen bis hin zu Arbeitsniederlegung“, erklärte Johannes Schwarcz. Am 22. März 2018 fand eine außerordentliche Betriebsversammlung mit 1.100 Teilnehmenden am Flughafen Wien statt, die von einem 30-minütigen Warnstreik unterbrochen wurde.

Zu früh gefreut
Am 1. Mai 2018 hatte Johannes Schwarcz Grund zur Freude: „Wir haben vor kurzem ein Eckpunktepapier abgeschlossen und unterzeichnet“, sagte er. Aber die AUA unterschrieb den Kollektivvertrag nicht und wollte die Vereinbarung wieder aufschnüren.

Also folgten am 25. Juli 2018 eine weitere Betriebsversammlung am Flughafen Wien, wieder Verhandlungen und schließlich konnte am 30. August 2018 der Kollektivvertrag von beiden Seiten unterzeichnet werden. Die Ist-Gehälter für Flugbegleiter:innen und Pilotinnen bzw. Piloten stiegen um 5,5 Prozent und die Einstiegsgehälter für Flugbegleiter:innen auf 1.700 Euro brutto an.

Warnstreik der Eisenbahner:innen

Die Gewerkschaft vida hatte vom 29. Oktober bis 12. November 2018 Beschäftigte bei den Eisenbahnen zu verschiedenen Themen befragt. Die Umfrage von 7.896 Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern zeigte unter anderem, dass ein Kollektivvertag ein gutes Leben ermöglichen und absichern müsse, bessere Freizeitgestaltung wie die 4-Tage-Woche für ein planbares Leben nötig sei und dass 85 Prozent bereit seien, sich an gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen zu beteiligen.

Seit dem Frühjahr zogen sich dennoch die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 40.000 Beschäftigten ohne nennenswerte Annäherungen dahin. Bereits im Sommer informierte die Gewerkschaft in über 200 Betriebsversammlungen die Kolleginnen und Kollegen darüber.

Zweistündiger Warnstreik
Nach dem Abbruch der achten Runde am 22. November 2018 beschlossen die Gremien der vida einen österreichweiten Warnstreik im gesamten Eisenbahnsektor.

Am 26. November fuhren in Österreich zwischen 12:00 und 14:00 Uhr keine Züge. Die Verhandler:innen kehrten an den Tisch zurück. Nach einer 16-Stunden-Marathon-Sitzung Anfang Dezember kam es zu einer Einigung. 8,5 Prozent höhere Einstiegsgehälter für eisenbahnspezifische Berufe, kräftige Erhöhung bei Kollektivvertrags- und Ist-Gehältern und valorisierbare Nebengebühren, ein Tag Sonderurlaub für ehrenamtliches Engagement und Zeitzuschlag oder Zusatzurlaub bei Nachtdiensten von bis zu sieben Tagen pro Jahr.

Warnstreik der Metaller:innen, 2018
Warnstreik der Metaller:innen, 2018 PRO-GE

 

 

Warnstreiks der Metaller:innen

Die Verhandlungen für die rund 192.000 Beschäftigten in Metallindustrie und Bergbau waren seit Jahren hart, aber im Jahr 2018 brauchte es über hundert Verhandlungsstunden in 24 Runden, 350 Betriebsversammlungen und Warnstreiks in über 240 Betrieben mit 70.000 Streikenden, um zu einem Kollektivvertragsabschluss zu gelangen.

Die Arbeitgeber:innen boten 2,7 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung, die Metaller:innen forderten aber fünf Prozent oder mindestens 100 Euro sowie höhere Zuschläge und bezahlte Pausen bei langen Arbeitszeiten. Die gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen machten sich bezahlt: mindestens 1.120 Euro mehr Lohn und Gehalt pro Jahr und bis zu 16 Prozent mehr für Lehrlinge sowie eine Korrektur des mit 1. September 2018 in Kraft getretenen 12-Stunden-Tags-Gesetzes.

Die Schönheit der Kollektivverträge
„Hohe Zuschläge in Geld oder Zeit, bezahlte Pausen und gesicherte Ansprüche bei der Gleitzeit sind konkrete Verbesserungen. Die Arbeitnehmer:innen profitieren einerseits mehr von Überstundenleistungen, andererseits wird durch die Verteuerung dieser Stunden auch eine gesundheitsschädliche Dauersituation vermieden“, erklärten die beiden Chefverhandler Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA-djp) und betonten, dass die Einigung bei den Arbeitszeitpunkten zeige, wie wichtig gewerkschaftliche Kollektivvertragspolitik für die Arbeitnehmer:innen sei: „Wir konnten heute viele negative Auswirkungen des Arbeitszeitgesetzes der Regierung korrigieren und gleichzeitig mehr Selbstbestimmtheit für die Beschäftigten erreichen.“

Androhung eines Warnstreiks der Brauereibeschäftigten

Am 16. November 2018 endete die fünfte Kollektivvertragsrunde für die rund 3.500 Beschäftigten in den Brauereien wieder ohne Ergebnis. Diesmal ging es nicht nur um Lohn- und Gehaltserhöhungen, sondern auch um den Ausgleich des von der schwarz-blauen Regierung im Juli 2018 beschlossenen 12-Stunden-Tags und der 60-Stunden-Woche – denn diese Änderungen bedeuteten längere Arbeitszeiten als im ersten Brauer-Vertrag aus dem Jahr 1905.

Die gewerkschaftliche Kampfmaschinerie wurde gestartet: Betriebsversammlungen, Betriebsrätekonferenz und die Androhung eines Warnstreiks. All dies führte zu einer Einigung: 3,2 Prozent Lohnerhöhung und 100-prozentige Zuschläge für die elfte und zwölfte Arbeitsstunde bzw. ab der 51. Wochenstunde und eine zehnminütige bezahlte Pause nach der elften Arbeitsstunde.

Am 8. Dezember 2018 demonstrierte die GPA für einen fairen Kollektivvertragsabschluss im Handel
Am 8. Dezember 2018 demonstrierte die GPA für einen fairen Kollektivvertragsabschluss im Handel fotonovo.at, Daniel Novotny

 

 

Proteste der Handelsangestellten

Die Kollektivvertragsverhandlungen der 430.000 Handelsangestellten drehten sich im Herbst 2018 im Kreis. Die GPA-djp forderte neben einer ordentlichen Gehaltserhöhung unter anderem die leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche, Beschränkung und bessere Bezahlung der Arbeit am 24. und 31. Dezember, volle Anrechnung der Karenzzeiten für alle Ansprüche und altersgerechte Arbeitszeitmodelle.

Als auch die weitere Verhandlungsrunde ergebnislos blieb, berief die GPA-djp am 4. Dezember 2018 eine österreichweite Betriebrätekonferenz ein, es fanden Betriebsversammlungen statt, unter dem Hashtag „zukunftimhandel“ posteten Handelsangestellte ihre Forderungen und am 8. Dezember 2018 fanden erste gewerkschaftliche Proteste in allen Bundeshauptstädten statt.

Arbeit im Handel ist mehr wert!
Unter dem Motto „Arbeit im Handel ist mehr wert!“ erbat die GPA-djp von der Öffentlichkeit online die Forderungen zu unterstützen. „Die bisherige Unterstützung von Menschen auch außerhalb des Handels ist überwältigend und gibt uns viel Kraft für die betrieblichen Aktivitäten. Es herrscht großes Unverständnis darüber, dass die Handelsangestellten mit 2,35 Prozent abgespeist werden sollen und so deutlich hinter anderen Kollektivvertragsabschlüssen anderer Branchen zurückfallen würden“, erklärte Anita Palkovich, Kollektivvertragsverhandlerin der GPA-djp.

Erfolg
Der gewerkschaftliche Druck wirkte. Die Gehälter stiegen um bis zu 3,2 Prozent, die Lehrlingsentschädigungen durchschnittlich um acht Prozent. Auch im Rahmenrecht gab es wichtige Verbesserungen, wie etwa Karenzzeitenanrechnung für dienstzeitabhängige Ansprüche, Verteilung der Arbeitszeit auf vier oder weniger Tage, Altersteilzeit, Bildungskarenz, Arbeitszeitregelungen für den 24. und 31. Dezember im Einzelhandel und Änderung bei der Blockfreizeit.

 

Proteste der Beschäftigten der privaten Bildungseinrichtungen

Die Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten der privaten Bildungseinrichtungen stockten. Am 19. März 2018 berieten die Betriebsrätinnen und Betriebsräte bei einer Konferenz über einen Aktionsplan zur Durchsetzung der Forderungen nach mehr Gehalt und Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden pro Woche. Erfolgreich gelungen sind Gehaltserhöhungen um 2,5 Prozent und die leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche.