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Für manche Gewerkschafter:innen waren die von Arbeitgeber:innen angebotenen Lohn- bzw. Gehaltserhöhungen eine Schweinerei. Hier bei der Demonstration der Fleischer:innen
Für manche Gewerkschafter:innen waren die von Arbeitgeber:innen angebotenen Lohn- bzw. Gehaltserhöhungen eine Schweinerei. Hier bei der Demonstration der Fleischer:innen PRO-GE

Proteste

2019: Streiks, Demonstrationen und ein Trauermarsch

Im Jahr 2019 gingen Gewerkschafter:innen auf die Straße, um gegen den Abbau des Sozialstaates oder unbezahlte Überstunden zu protestieren, um ein Zeichen für Solidarität, Akzeptanz und Gleichberechtigung zu setzen und um mit Kolleginnen und Kollegen für ihre Kollektivverträge aufzustehen.

Im Dezember 2019 machten die Arbeiterkammer und der ÖGB bei einer Aktion auf unbezahlte Überstunden aufmerksam
Im Dezember 2019 machten die Arbeiterkammer und der ÖGB bei einer Aktion auf unbezahlte Überstunden aufmerksam ÖGB

 

 

Verteilaktion „No Pay Day“: Überstunden gehören bezahlt

Von 255 Millionen Mehr- und Überstunden im vergangenen Jahr wurden 43 Millionen nicht abgegolten, weder in Geld noch in Zeitausgleich. Statistisch betrachtet wurden ab dem 31. Oktober Überstunden nicht mehr abgegolten.

 

ÖGB und AK haben daher den „No Pay Day“ ausgerufen. Denn Überstunden gehören bezahlt, so viel Respekt muss sein. Während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses trauen sich aber viele Arbeitnehmer:innen aus Angst um ihren Arbeitsplatz nicht, die Bezahlung offener Überstunden einzufordern. Am Ende des Arbeitsverhältnisses kann es aber zu spät sein. In vielen Branchen verfallen Überstunden bereits nach drei Monaten. ÖGB und AK fordern ein gesetzliches Verbot von kurzen Verfallsfristen sowie das doppelte Entgelt, wenn Arbeitnehmer:innen Überstunden einklagen müssen. Bei Verteilaktionen wurde die Öffentlichkeit darüber informiert.

ÖGB und Arbeiterkammer waren bei der EuroPride 2019 mit dabei
ÖGB und Arbeiterkammer waren bei der EuroPride 2019 mit dabei ÖGB

 

EuroPride

Die EuroPride, das größte Event der europäischen LGBTIQ-Community, fand 2019 in Wien statt. Sie brachte Menschen zusammen, die gemeinsam ein starkes Zeichen für Solidarität, Akzeptanz und Gleichberechtigung setzten. Unter dem Titel pride@work informierten ÖGB, Gewerkschaften und AK im Rahmen der EuroPride über Diskriminierung in der Arbeitswelt und setzten ein Zeichen gegen Homophobie.

 

 

 

 

Global Earth Strike

Am 27. September 2019 fand der globale Earth Strike statt. Allein in Wien gingen laut Veranstalterinnen bzw. Veranstaltern 80.000 Menschen auf die Straße, in ganz Österreich waren es laut Fridays for Future rund 150.000. Viele Gewerkschafter:innen, darunter der Leitende Sekretär des ÖGB, Willi Mernyi, waren unter dem Banner von Workers for Future vor Ort dabei und forderten eine soziale und ökologische Klimapolitik.

 

Gegen den Abbau des Sozialstaates

Der ÖGB Salzburg brachte im Winter 2019 ein 4 x 4 Meter großes Adventfenster unter dem Motto „Zusammensteh’n für soziale Wärme“ vor dem ÖGB/AK-Haus an. Die Botschaften wechselten täglich: Gegen das Aus der Aktion 20.000 oder gegen Angriffe auf die Sozialpartnerschaft. Auch der ÖGB Kärnten protestierte gemeinsam mit einer breiten Allianz gegen die „Sozialversicherungsreform“ und somit gegen die Zwangsfusionierung der Krankenkassen, generelle Selbstbehalte, längere Wartezeiten und Privatisierungen im Gesundheitsbereich.

 

Trauermarsch im Opel-Werk Wien

Am 10. September 2019 ging im Wiener Opel-Werk das letzte F17-5-Gang-Getriebe vom Band. Mit dem Einstellen der Produktion verloren bis Ende 2019 über 400 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Der Betriebsrat konnte zwar einen Sozialplan ausverhandeln, aber die Ungewissheit blieb. In einer Aktion trugen die Beschäftigten das Ende der Produktion mit einem Trauermarsch zu Grabe.

Im Herbst 2019 streikten die Beschäftigten bei Secop für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze
Im Herbst 2019 streikten die Beschäftigten bei Secop für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze PRO-GE

 

 

 

 

Secop: Proteste für Erhalt von Arbeitsplätzen

Eigentlich begann das Jahr für die Arbeitnehmer:innen bei der Firma Secop in Fürstenfeld gut. Das Unternehmen plante im Februar Investitionen in der Höhe von 50 Millionen Euro und die Schaffung von 700 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Am 22. November 2019 kam dann die Hiobsbotschaft. Die Secop-Gruppe plante, die Produktion auf ihre Standorte in der Slowakei und in China zu konzentrieren, dies bedeutete, dass in Fürstenfeld 250 Arbeitsplätze verloren gehen sollten.

 

Die Gewerkschaft PRO-GE und die Belegschaft wehrten sich gegen den Abbau der Arbeitsplätze und forderten das Unternehmen auf, die Unterlagen auf den Tisch zu legen und stellten ein Ultimatum. Sollte dieses ungenützt verstreichen, kündigte die PRO-GE Streiks an. Die Beschäftigten unterstützten dies bei einer Demonstration. Zu Jahresende gab es noch keine Entscheidung.

 

Kollektivverträge

Am 29. Jänner 2019 streikten die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft
Am 29. Jänner 2019 streikten die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft ÖGB

 

 

 

 

 

Warnstreik Sozialwirtschaft Österreich

Ende Jänner 2019 verteilten Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaften GPA-djp und vida vor dem Landhaus in Graz „Armensuppe“ an die Passantinnen und Passanten. Damit machten sie darauf aufmerksam, dass die Arbeit in den Bereichen Gesundheit und Soziales unterbezahlt ist. Aber bei den Kollektivvertragsverhandlungen wollten die Arbeitgeber:innen erst nichts davon hören, auch nicht von der Arbeitszeitverkürzung auf 35-Wochenstunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Über 3.000 Beschäftigte beteiligten sich daraufhin am 29. Jänner 2019 an einem Aktionstag, zudem fanden an 250 Standorten in ganz Österreich Warnstreiks statt, um bei den Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft Druck auf die Arbeitgeber:innen zu machen.

Die große Mobilisierung machte sich bezahlt. Der Abschluss konnte sich sehen lassen: 3,2 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung und ein zusätzlicher Urlaubstag für alle ab dem zweiten Dienstjahr wurden erkämpft.

Protestmarsch der Beschäftigten in den privaten Forstunternehmen

Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 2.000 Beschäftigten der privaten Forstunternehmen wurden im Jänner 2019 nach zwei Verhandlungsrunden ohne Ergebnis abgebrochen.

 

Die Produktionsgewerkschaft PRO-GE antwortete und Betriebsrätinnen und Betriebsräte trafen sich im Februar 2019 zu einer österreichweiten Betriebsrätekonferenz und am 14. März nahmen Hunderte Forstarbeiter:innen in Bad Eisenkappel bei einem Protestmarsch teil. Als immer noch kein weiterer Verhandlungstermin festgelegt wurde, fanden Mitte April Betriebsversammlungen statt. Im Juni 2019 zeigten die Proteste Resultate. Der Kollektivvertrag wurde unterzeichnet und die Forstarbeiter:innen erhielten eine Lohnerhöhung von 2,4 Prozent und 50 Euro Einmalzahlung sowie Verbesserungen im Rahmenrecht.

Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit referierte bei der Betriebsrätekonferenz „Bewachung der Zukunft“@
Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit referierte bei der Betriebsrätekonferenz „Bewachung der Zukunft“@ vida

 

 

 

 

Betriebsrätekonferenz Bewachung

Am 29. Jänner 2019 fand in der vida-Zentrale eine Betriebsrätekonferenz unter dem Motto „Bewachung der Zukunft“ statt. Die Schwerpunkte waren die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen, die unergiebigen Schnellausbildungen der Kolleginnen und Kollegen sowie die Auswirkungen des 12-Stunden-Tages.

Die Gewerkschaften GPA und vida sammelten fast 7.000 Unterschriften für einen guten Kollektivvertragsabschluss
Die Gewerkschaften GPA und vida sammelten fast 7.000 Unterschriften für einen guten Kollektivvertragsabschluss GPA, vida

 

 

 

 

Tausende Unterschriften für einen guten Kollektivvertrag

Nach der Unterbrechung der Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten beim Roten Kreuz hielten die Gewerkschaften vida und GPA-djp im Jänner Protest- und Infoveranstaltungen ab.

Zudem wurde eine großangelegte Unterschriftenaktion gestartet. Anfang Februar übergaben die beiden Gewerkschaften fast 7.000 Unterschriften der Arbeitgeber:innenseite.

Die Gewerkschaften vida und GPA-djp forderten bundesweit einheitliche und verbindliche Kollektivvertragsregelungen: Fünf-Tage-Woche, Verbesserung bei geteilten Diensten, sechste Urlaubswoche, Sonntags- und Nachtzuschlag und Regelungen für bezahlte Pausen und eine Kinderzulage für die Kinder aller Beschäftigten. Schließlich vermeldeten die Gewerkschaften, dass die Rahmen-Kollektivvertragsverhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind.

Im September 2019 demonstrierten die Fleischer:innen für einen guten Kollektivvertragsabschluss
Im September 2019 demonstrierten die Fleischer:innen für einen guten Kollektivvertragsabschluss PRO-GE

 

 

 

 

Das fliegende Schwein

Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 13.000 Fleischer:innen gestalteten sich im Jahr 2019 äußerst schwierig, dabei waren die Forderungen der Produktionsgewerkschaft PRO-GE für die Kolleginnen und Kollegen legitim: Lohnerhöhungen, Zuschläge bei Arbeiten im Kälte- und Hitzebereich, Ausgleichsmaßnahmen für den 12-Stunden-Tag, Verbesserungen für Lehrlinge und die Umsetzung des 1.500-Euro-Mindestlohnes für das Fleischergewerbe.

 

Es fanden Betriebsversammlungen und aufsehenerregende Aktionen statt. So stieg etwa ein großes, aufblasbares Schwein in den Himmel. Schließlich gab es einen guten Abschluss. Im Fleischergewerbe wurden die Löhne um bis zu 7,14 Prozent erhöht und somit der 1.500-Euro-Mindestlohn erreicht.

Metaller:innen-Kollektivvertrag

Über sieben Wochen zogen sich die Kollektivvertragsverhandlungen für die sechs Fachverbände bzw. Berufsgruppen der Metallindustrie für rund 195.000 Beschäftigte. Es brauchte eine österreichweite Betriebsräteversammlung, um einen einheitlichen Abschluss durchzusetzen.

Nur die Gießereiindustrie machte es noch spannend. Die Arbeitgeber:innen wollten nicht mitziehen und den 7.500 Beschäftigten nur geringe Lohnerhöhungen zugestehen. Daraufhin fanden in fast allen Firmen Betriebsversammlungen statt, teilweise auch gegen den Widerstand der Eigentümer:innen. Also hielten etwa die 300 Arbeitnehmer:innen einer niederösterreichischen Firma die Versammlung im Freien ab.

Das Ergebnis der Kollektivvertragsverhandlungen ließ sich am Ende sehen. Der neue Mindestlohn betrug 2.000 Euro und die Zulagen wurden kräftig erhöht.

 

Streikandrohung bei A1

Nach sechs Verhandlungsrunden zum Kollektivvertrag der rund 8.000 Beschäftigten bei der A1 Telekom Austria gab es immer noch kein Ergebnis. Betriebsratschef Werner Luksch kündigte zunächst Betriebsversammlungen und Demonstrationen an, sollte es in der nächsten Runde zu keiner Einigung „spürbar über der Inflationsrate“ kommen. Gesagt, getan. Nach der achten erfolglosen Verhandlungsrunde drohte die Belegschaft schließlich mit Streik und der ÖGB gab die Streikfreigabe. Dann ging es plötzlich schnell. Neben einer Lohnerhöhung von 2,2 Prozent wurde auch das Rahmenrecht verbessert.