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ÖGB/Praxmarer

Arbeitsmarktintegration zum Win-Win-Projekt machen

Die meisten Menschen, die der russische Angriffskrieg aus der Ukraine vertrieben hat, wollen nach Kriegsende wieder zurück in ihre Heimat. Für einen Verbleib in Österreich haben sich rund 50.000 Flüchtlinge entschieden; dass es ihnen in absehbarer Zeit möglich sein wird, in die Ukraine zurückzukehren, muss angesichts der erschütternden Situation in ihrer Heimat stark bezweifelt werden. Umso wichtiger ist es, den Menschen Perspektiven zu geben. Der ÖGB begrüßt, dass gewaltsam aus ihrer Heimat Vertriebene vorübergehend den vollen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, fordert aber Fairness bei dieser Integration.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian hat bereits beim Entstehen der ersten Online-Jobbörsen Mitte März die korrekte Vermittlung eingemahnt. Der Schutz der Geflüchteten vor Ausbeutung steht an oberster Stelle, das ist auch der Tenor eines 10-Punkte-Programms des ÖGB.

Lohn- und Sozialdumping ausschließen

Um den Missbrauch der Betroffenen als billige Hilfskräfte zu verhindern und damit Lohn- und Sozialdumping von vornherein einen Riegel vorzuschieben, müssen die Stellenausschreibungen allen gesetzlichen Bestimmungen (Einkommen und Arbeitszeit müssen angegeben sein) entsprechen.

Wichtig: die Beschäftigungsbewilligung des AMS

Ganz wesentlich für Betroffene ist außerdem die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch das AMS. Diese dokumentiert das Arbeitsverhältnis lückenlos, ist also die Grundlage dafür, dass der richtige Kollektivvertrag zur Anwendung kommt und dass Qualifikationen berücksichtigt werden. „Arbeitgeber, die versuchen zu Lasten schutzsuchender Menschen ihren Profit zu maximieren, sind damit auf dem Holzweg“, sagt Katzian. 

Der ÖGB fordert daher strenge Kontrollen, um die geflüchteten Menschen davor zu bewahren, dass ihre Notsituation ausgenutzt wird. „Wir erwarten, dass in den Kontrollstrukturen der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse), der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse) und des Finanzministeriums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchgeführt werden“, sagt Katzian. „Es reicht nicht zu kontrollieren, ob die Anmeldung eines Arbeitnehmers erfolgt ist, auch die Einstufung muss überprüft werden.“

Rasche Anerkennung von Qualifikationen

Weitere Punkte, die eine rasche Integration von UkrainerInnen in den heimischen Arbeitsmarkt möglich machen würden, sind die rasche Ausstellung der „blauen Karte“ und die rasche Vormerkung beim AMS, das mit ausreichenden personellen Ressourcen und budgetären Mitteln ausgestattet werden muss. Es müssen mehr Deutschkurse angeboten und in der Ukraine absolvierte Ausbildungen und Qualifikationen (besonders in pädagogischen, Gesundheits- und Pflegeberufen) schnell anerkannt werden.

Kinderbetreuung ausbauen

Außerdem fordert der ÖGB ein umfassendes Beratungsangebot für Mädchen und Frauen sowie einmal mehr den Ausbau der Kinderbetreuung. Die meisten Geflüchteten sind Frauen, viele von ihnen sind mit Kindern gekommen. Ganz essenziell sind auch der Ausbau und die Sicherung der Grundversorgung, erklärt der ÖGB-Präsident: „Ein Job darf nicht zum Verlust der Leistungen aus der Grundversorgung führen.“ 

„Die rasche Umsetzung unserer Forderungen wäre die klassische Win-Win-Lösung“, bringt Katzian es auf den Punkt: „Es geht natürlich um den Lebensunterhalt der Geflüchteten und darum, ihnen Perspektiven zu geben. Von der raschen Integration in den heimischen Arbeitsmarkt würden aber auch Branchen profitieren, in denen händeringend Beschäftigte gesucht werden.“

10-Punkte-Programm des ÖGB

1. Rasche Registrierung der Vertriebenen 
2. Rasche Vormerkung beim AMS 
3. Ausbau und Sicherung der Grundversorgung 
4. Kein vollständiger Verlust der Grundversorgung bei Arbeitsbeginn (z.B. Unterkunft) 
5. Rasche Erfassung und Berücksichtigung von Qualifikationen durch das AMS 
6. Schnelle und gebührenfreie Anerkennung in reglementierten Berufen (z.B. Pädagogische Berufe, Pflege) 
7. Ausreichend Deutschkurse 
8. Soziale Absicherung gegen Armut 
9. Ausreichend Kinderbetreuungsplätze 
10.Ausreichende personelle und budgetäre Ressourcen für das AMS

Sozialpartner und IV fordern Bundesregierung zum raschen Handeln auf

Forderungen des ÖGB finden sich auch in einem gemeinsamen Positionspapier von Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer. Das Papier enthält neben einem Forderungskatalog auch gemeinsame Grundsätze für die Arbeitsmarktintegration und einen Status quo zur Lage der ukrainischen Flüchtlinge in Österreich. 

Mehrere organisatorische und rechtliche Probleme müssten so rasch wie möglich im Sinne einer raschen und guten Arbeitsmarkt-Integration gelöst werden, sind sich die Sozialpartner einig. Die Bunderegierung ist aufgefordert, rasch zu handeln. 

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