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Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch

Lohndumping durch Entsende-Bonus

Firmen finden immer neue Wege, um noch billigere Arbeitskräfte zu beschäftigen. Rechtswidrige Praktiken führen zu Lohndumping und schaffen einen unfairen Wettbewerb. Bereits im Februar dieses Jahres hat der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch, bei der EU-Kommission wegen des „Entsende-Bonus“ Beschwerde gegen Slowenien eingereicht. oegb.at hat ihn dazu zum Gespräch gebeten:

oegb.at: Kannst du uns bitte kurz erklären, was Lohndumping überhaupt bedeutet?

Lohndumping bedeutet, dass Arbeitgeber versuchen die Preise zu drücken, indem sie billige Arbeitskräfte anstellen, denen sie niedrigere Löhne zahlen, als in der Branche üblich ist. Das schafft einen unfairen Wettbewerb für österreichische Firmen und alle Beschäftigten. Wie kommt es dazu: Es gibt die EU-Entsenderichtlinie, die Unternehmen ermöglicht, ArbeitnehmerInnen vorübergehend in andere EU-Mitgliedstaaten zu entsenden, um Aufträge auszuführen. Nachdem es in unterschiedlichen Staaten unterschiedliches Arbeitsrecht und Lohnpolitik gibt, gilt hier grundsätzlich das Prinzip „gleicher Lohn am gleichen Ort“, damit es zu keinen Wettbewerbsnachteilen kommt. Da viele Firmen versuchen, das System zu umgehen, werden hier regelmäßig Kontrollen durchgeführt.

oegb.at: Und wie sieht die Situation mit Slowenien und dem Entsende-Bonus aus?

Slowenien entsendet in erster Linie ArbeitnehmerInen aus Drittstaaten wie Bosnien, Albanien oder Russland. Diese ArbeitnehmerInnen werden in slowenischen Unternehmen angemeldet und direkt in andere EU-Staaten, unter anderem Österreich, weitervermittelt. Sie gelten aber weiterhin als offiziell in Slowenien beschäftigt und müssen hier auch Sozialversicherung zahlen. Die Beitragsgrundlage sollte der Bruttolohn bilden. Slowenien bemisst die Sozialversicherungsbeiträge allerdings nicht nach österreichischem Mindestlohn, sondern nach einem fiktiven deutlich niedrigerem slowenischen Lohn. Die Beiträge sind daher niedriger und die Arbeitskräfte können billiger bezahlt werden.

Die Arbeitskräfte sind meist auf Baustellen oder im Transit beschäftigt, oft nur für einen Stundenlohn von rund drei Euro. Und wenn sie nicht mehr benötigt werden, werden sie wieder in ihre Heimatländer abgeschoben. Dadurch wird der Wettbewerb verzerrt und die ArbeitnehmerInnen ausgebeutet. Mit diesem „Entsende-Bonus“ widerspricht Slowenien ganz klar der EU-Wettbewerbsrichtlinie.

oegb.at: Was kann gegen den Entsende-Bonus getan werden?

Wir haben bereits im Februar 2019 eine Beschwerde bei der EU-Kommission eigebracht. Die Arbeiterkammer ist mit einer Beschwerde ebenfalls nachgezogen. Die Wirtschaftskammer unterstützt dieses Vorgehen, müsste aber unbedingt selbst eine Beschwerde aus Sicht der österreichischen Arbeitgeber einbringen. Das Sozialministerium hat bereits zugesagt, Gespräche mit Slowenien und Brüssel aufzunehmen. Slowenien missbraucht hier ganz klar die EU-Entsenderichtlinie für rechtswidrige Zwecke.

Lohndumping ist wie ein Stich in ein Wespennest – ein Fall löst viele weitere aus. Die EU muss endlich eine Sozialunion werden!