Zum Hauptinhalt wechseln

Niyazi Coban ist seit neun Jahren Betriebsratsvorsitzender bei Fischer Brot.

Mitbestimmung im Betrieb

Mutige MigrantInnen gründen Betriebsrat

Probleme, Arbeitslosigkeit: Diese Geschichten über Migration hört man ständig. Doch es gibt auch andere, die viel seltener erzählt werden

Wer die Zeitung durchblättert oder den Fernseher einschaltet, stolpert immer öfter über fremde Namen – meistens in einem negativen Zusammenhang: Ibrahim, der unzuverlässige Arbeiter, Zeljko, der Betrüger, Habiba, die unterdrückte Hausfrau. Entsprechend auch die öffentliche Wahrnehmung: zu viele MigrantInnen, zu viele Probleme.

Dass es dabei meistens um einzelne Fälle handelt, daran denkt kaum jemand. Kein Wunder, denn die anderen, die positiven Geschichten über MigrantInnen und Migration werden viel seltener erzählt. Da wäre zum Beispiel die Geschichte über Niyazi Coban, der für seinen Einsatz für eine Betriebsratsgründung mit dem Betriebsrats-Award ausgezeichnet wurde.

Im Einsatz gegen Ungerechtigkeit im Job

Niyazi Coban kam eigentlich aus der Türkei nach Österreich, nur um sein Studium in Verwaltungsmanagement abzuschließen. Nun ist er seit fast neun Jahren Betriebsratsvorsitzender bei der Großbäckerei Fischer Brot. In dieser Zeit hat er viel erreicht: die Urlaubsplanung ist geregelt, der Maschinenbediener-Zuschlag verdoppelt und seit 2015 werden die Löhne in Etappen an die des Kollektivvertrages der Großbäcker angeglichen.

Doch der Weg dorthin war kein einfacher: Neben seinem Studium arbeitete Coban in der Nacht an der Semmelmaschine bei Fischer Brot. Dabei fielen ihm zahlreiche Ungerechtigkeiten auf: „Im Betrieb gab es damals kein einziges Gewerkschaftsmitglied, dafür aber jede Menge Ungerechtigkeiten. Es gab zum Beispiel keine fixen Arbeitszeiten oder Schichtpläne, die Arbeitszeitaufzeichnungen waren lückenhaft“. Also beschloss er, gemeinsam mit seinen Kollegen einen Betriebsrat zu gründen. Obwohl sein Arbeitgeber drohte, die Produktion ins Ausland zu verlegen und somit alle ihren Arbeitsplatz verlieren werden, hielten sie zusammen und ließen sich von ihrem Weg nicht abbringen. Mit Erfolg: Bei der Betriebsratswahl gewann Cobans Liste. „Die Unzufriedenheit der ArbeiterInnen mit der Ungleichbehandlung siegte über die Angst vor dem Jobverlust“, erzählt Coban. Eine seiner ersten Handlungen als Betriebsrat war es, alle Lohnzettel händisch nachzurechnen und Nachzahlungen einzufordern. „ArbeiterInnen verdienten auf einmal bis zu 300 Euro mehr pro Monat“, so Coban. Zudem konnte er erreichen, dass Hygieneschulungen während der Arbeitszeit abgehalten werden.

Bestätigung für seine Arbeit

Für sein Engagement wurden Coban und sein Team 2013 mit dem Betriebsrats-Award des ÖGB Oberösterreich in der Kategorie „Widerstand“ ausgezeichnet. Mittlerweile weiß auch das Unternehmen den Betriebsrat und dessen Arbeit zu schätzen. Die österreichischen Beschäftigten bei Fischer Brot profitieren von den besseren Arbeitsbedingungen ebenso wie die Firmenleitung. Viele Missverständnisse und Unklarheiten konnten gemeinsam innerbetrieblich gelöst werden und die Arbeitszufriedenheit der MitarbeiterInnen ist gestiegen.

Coban ist nicht nur ein ausgezeichnetes Beispiel für gelungene Integration, sondern beweist mit seinem Engagement, dass vieles möglich ist, wenn man es wirklich will. Der Zusammenhalt seines Betriebsratsteams ist gerade für ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergrund ein gutes Vorbild, wenn es darum geht, sich gewerkschaftlich zu organisieren.