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Frauenarzt empfiehlt Freistellung aller schwangeren Frauen

Schwangere machen sich coronabedingt aktuell große Sorgen um ihre eigene Gesundheit und die ihrer ungeborenen Kinder. Viele werdende Eltern fragen sich, wie sich Corona auf die Schwangerschaft auswirkt und welche Vorsichtmaßnahmen sie treffen sollen. Der ÖGB fordert seit Beginn der Pandemie die Möglichkeit auf einen vorzeitigen Mutterschutz für alle Schwangeren. oegb.at hat den Gynäkologen MR Dr. Georg Braune dazu befragt.

Mit welchen Problemen kommen schwangere Frauen aktuell zu Ihnen in die Praxis?

Schwangere Frauen sind aktuell extrem besorgt. Grundsätzlich hat jede Schwangere Angst um die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes – jetzt ist diese Angst natürlich noch deutlich ausgeprägter als sonst. Die Frauen sind sehr verunsichert und wollen verhindern, sich mit dem Coronavirus anzustecken.

Welches Risiko besteht, wenn Schwangere an Corona erkranken?

Erkrankungen sind für schwangere Frauen grundsätzlich immer sehr belastend, auch wenn es nicht immer für das Kind akut gefährlich ist. Dazu kommt, dass werdende Mütter nur sehr eingeschränkt Medikamente nehmen sollten, um die Schwangerschaft nicht zu gefährden.

Was das Coronavirus betrifft, sieht man bei schwangeren Frauen grundsätzlich schwerere Verlaufsformen der Erkrankung, die meistens auf der Intensivstation behandelt werden müssen und nicht nur die Gesundheit der Frau, sondern auch die Gesundheit des Kindes gefährden. Wenn beispielsweise die Sauerstoffsättigung bei der Mutter sinkt, sinkt natürlich auch die Sauerstoffsättigung des Kindes – hat die Mutter also Atemnot, nimmt auch die Sauerstoffversorgung des ungeborenen Kindes ab.

Ich persönlich bin der Meinung, dass während der Corona-Pandemie eine Arbeitnehmerin bereits ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Schwangerschaft in den vorzeitigen Mutterschutz gehört.

Wir sehen jetzt schon, auch wenn es zum Glück bisher nur geringe Fallzahlen gibt, dass das Risiko einer Frühgeburt bei Schwangeren, die sich mit Corona infiziert haben, deutlich erhöht ist. Corona ist für uns alle eine gefährliche Krankheit – für schwangere Frauen ist die Situation allerdings noch bedrohlicher.

Welche Schutzmaßnahmen sollten Schwangere treffen?

Alle Schwangeren sollten aktuell so wenige Kontakte wie nur irgendwie möglich haben, um eine Ansteckung soweit es geht zu vermeiden – das gilt auch für den Arbeitsplatz. Ich persönlich bin der Meinung, dass während der Corona-Pandemie eine Arbeitnehmerin, die in einem Beruf mit persönlichem Kontakt arbeitet, bereits ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Schwangerschaft in den vorzeitigen Mutterschutz gehört.

Aktuell hat die Regierung ja eine Sonderregelung für die Möglichkeit eines vorzeitigen Mutterschutzes ab der 14. Schwangerschaftswoche getroffen – für schwangere Arbeitnehmerinnen, wenn ihre Arbeit direkten Körperkontakt erfordert und wenn kein Homeoffice möglich ist. Da sind allerdings nicht alle schwangeren Arbeitnehmerinnen miteinbezogen.

Viele schwangere Frauen berichten mir, dass ihre Arbeitgeber versuchen, sich um die Freistellung herumzumogeln.

Der ÖGB fordert die sofortige Freistellung aller schwangeren Arbeitnehmerinnen bei voller Bezahlung.

Was können Ärztinnen und Ärzte tun?

Ein Arzt kann eine schwangere Arbeitnehmerin nur in vorzeitigen Mutterschutz schicken, wenn die werdende Mutter an einer von siebzehn konkret festgelegten Krankheiten leidet. Das Risiko einer Coronainfektion ist dort allerdings nicht angeführt, daher müssen wir Ärzte die werdende Mütter an den Arbeitgeber und im zweiten Schritt an das Mutterschutzreferat des Arbeitsinspektorates verweisen, das wiederrum den Arbeitgeber zur Freistellung auffordern kann. Das ist alles sehr kompliziert, bürokratisch und dauert oft lange.

Viele schwangere Frauen berichten mir auch, dass ihre Arbeitgeber versuchen, einen vorzeitigen Mutterschutz für die Schwangeren zu umgehen.

Was müsste Ihrer Meinung nach von Seiten der Regierung anders gemacht werden?

Meiner Meinung nach muss die Regierung die Kosten übernehmen, um alle Schwangeren während der Corona-Pandemie von der Arbeit freizustellen. Es werden so viele Gelder ausgezahlt – der Schutz der schwangeren Frauen und der ungeborenen Kinder muss uns das auch Wert sein. Und so viele Schwangere gibt es in Österreich auch wieder nicht – die Kosten wären im Vergleich gering.

Meiner Meinung nach wäre es auch sinnvoll, während der Pandemie die Freistellung direkt durch den Arzt ermöglichen.

 

 

Sollen Schwangere geimpft werden?

Die offiziellen Leitlinien empfehlen aktuell offiziell keine Impfung von Schwangeren. Es gibt allerdings Länder wie Israel, wo das sehr wohl der Fall ist. Dort sind bisher keine Probleme aufgetreten, im Gegenteil: Bei diesen Kindern wurden nach der Geburt häufig Antikörper nachgewiesen.

Die Datenlage ist hier allerdings noch nicht gesichert, da wir insgesamt glücklicherweise noch zu wenige Fälle haben. Daher hat die nationale Impfkommission hier auch keine Empfehlung ausgesprochen. Meiner Meinung nach wäre es jedenfalls sinnvoll, um das Risiko für Schwangere zu minimieren - ich persönlich würde jeder Schwangeren zur Impfung raten.

Dr. Georg Braune
MR Dr. Georg Braune ist Gynäkologe mit eigener Praxis in Wien. privat