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„Das Pflegekapitel ist leider eine schwere Enttäuschung“

Österreich wird immer älter und die Pflege betrifft immer mehr Menschen: Bis 2040 werden laut Prognosen von Statistik Austria mehr als 2,4 Millionen Menschen im Alter von 65 oder älter sein. Das macht gut 26 Prozent der Bevölkerung aus. Aber auch jetzt schon sind 835.000 Menschen 75 Jahre und älter. Hinzu kommen jene, die sich um Pflegebedürftige kümmern. Dies stellt unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Dennoch hat die ÖGB-Analyse ergeben: Das Thema Pflege wird im türkis-grünen Regierungsprogramm leider nur in Ansätzen behandelt. Einige davon sind zu begrüßen, andere wiederum lehnt der ÖGB klar ab.

Die Pflege betrifft immer mehr Menschen

Positive Ansätze

Ein guter Ansatz ist der Vorschlag zu einem pflegefreien Tag einmal im Monat, der als Unterstützung für pflegende Angehörige angeboten wird. Dieser geht grundsätzlich in die richtige Richtung, sofern die Behandlung kostenfrei durch professionelle Kräfte erledigt wird. Insgesamt ist ein Tag im Monat jedoch zu wenig, um pflegende Angehörige nachhaltig zu entlasten. Ebenfalls zu begrüßen ist die im türkis-grünen Programm vorgesehene längere Möglichkeit der rückwirkenden Geltendmachung der Weiter- und Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die pflegenden Angehörigen.

Finanzierung unklar

Auffällig ist jedoch, dass im türkis-grünen Regierungsprogramm für die Pflege keine zusätzlichen Mittel vorgesehen sind. Eine ominöse Pflegeversicherung, von der niemand weiß, was das eigentlich sein soll und wer diese bezahlen soll, wird den Pflegenotstand nicht lösen“, unterstreicht Barbara Teiber, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp. Zu befürchten ist, dass auf kurz oder lang ArbeitnehmerInnen für die Pflegeversicherung aufkommen sollen. „Insgesamt ist das Pflegekapitel leider eine schwere Enttäuschung“, stellt Teiber zusammenfassend fest.

Für GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber ist die Pflegekapitel eine schwere Enttäuschung. 

 

Nein zur Pflegelehre

Den im türkis-grünen Programm enthaltenen Vorschlag zu einer Pflegelehre lehnt der ÖGB ab. Der Arbeitskräftemangel und die steigenden Kosten können durch den Einsatz junger Menschen keineswegs ausgeglichen werden. Kranke und Ältere haben es verdient, von erwachsenen und gut ausgebildeten Personen gepflegt und betreut zu werden. Jugendliche dürfen nicht als billige Arbeitskräfte eingespannt werden: "Die Lehre ist für den Pflegeberuf die falsche Ausbildungsform. 15-Jährige gehören an kein Pflegebett", unterstreicht Susanne Hofer, Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ).

ÖGJ-Vorsitzende Susanne Hofer sagt: "15-Jährige gehören an kein Pflegebett."

 

Was wir für eine gute Pflege wirklich brauchen

  • Nachhaltige Sicherstellung der Finanzierung der Pflege durch die Einführung einer allgemeinen Vermögenssteuer (Millionärssteuer) und die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer
  • Wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung des Pflegepersonals
  • Pflegeheime, Tagesbetreuungszentren und betreutes Wohnen in allen Regionen sowie den flächendeckenden Ausbau der mobilen Dienste, Pflegeheime, Tageszentren, alternative Wohnformen, Hospize und Palliativeinrichtungen