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Das Bild zeigt eine umgedrehte Geldtasche aus der drei Centmünzen herausgefallen sind.
Nach Abschaffung von Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer sanken Österreichs Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern auf ein Minimum. womue – stock.adobe.com

Rekord-Tief

Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern so niedrig wie noch nie

Im Jahr 2024 lagen sie bei nicht einmal einem Prozent der gesamten Einnahmen aus Steuern und Abgaben

Das österreichische Steuersystem ist ungerecht, denn die Steuer- und Abgabenbeiträge sind höchst ungleich verteilt. Rund acht von zehn Euros kommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Sie zahlen Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge auf ihr Einkommen und Mehrwertsteuer, wenn sie Konsumgüter kaufen. Die Steuerbeiträge der Reichsten sind in Österreich hingegen historisch niedrig. Bereits zu Beginn der 1990er-Jahre machten die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern gerade einmal rund drei Prozent aus – mittlerweile sind diese Einnahmen kontinuierlich gesunken und lagen 2024 bei nicht einmal einem Prozent der gesamten Steuereinnahmen.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern in Prozent der gesamten Einnahmen aus Steuern und Abgaben in Österreich im Zeitverlauf (1990-2024).
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Dieser starke Rückgang stammt unter anderem daher, dass Österreich sich schrittweise von vermögensbezogenen Steuern verabschiedet hat – mittlerweile zählen nur noch die Einnahmen aus der Grundsteuer und aus der Grunderwerbsteuer dazu. Vor allem bei der Grundsteuer handelt es sich aber um eine vermögensbezogene Steuer, die tendenziell die breite Masse trifft, denn sie kann auch an Mieter:innen als Teil der Betriebskosten weiterverrechnet werden. Bis Anfang der 1990er-Jahre gab es in Österreich noch eine Vermögenssteuer, deren Abschaffung mit dem Einbruch der Steuereinnahmen ab dem Jahr 1994 deutlich erkennbar ist. Der Wegfall der Einnahmen durch die vom Verfassungsgerichtshof mit dem Jahr 2008 aufgehobene Erbschaft- und Schenkungsteuer zeigt sich hingegen kaum in den aggregierten vermögensbezogenen Steuereinnahmen. Grund dafür ist, dass im selben Zeitraum die Immobilienpreise – und damit die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer – stark zu steigen begannen.

Österreich als Ausnahme: Vermögensbezogene Steuern sind fast überall höher

Im internationalen Vergleich ist dieser Rückgang der Bedeutung von Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern nicht zu beobachten: Im Durchschnitt der 38 Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) machen sie seit dem Jahr 1990 zwischen fünf und sechs Prozent der gesamten Einnahmen aus Steuern und Abgaben aus. Setzt man die österreichischen Werte in Relation zum OECD-Durchschnitt, wird deutlich, dass die Entwicklung in Österreich abweicht. Während die österreichischen Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern im Vergleich zum OECD-Schnitt nach der Abschaffung der Vermögenssteuer von rund 50 auf knapp 30 Prozent sank, betragen sie mittlerweile gerade einmal ein Fünftel des Durchschnitts der OECD-Länder.

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Insgesamt beschert uns diese Entwicklung den unrühmlichen viertletzten Platz im internationalen Vergleich – beinahe kein anderes OECD-Land setzt bei der Ausgestaltung seines Steuersystems so wenig auf vermögensbezogene Steuern wie Österreich.

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Annäherung auf OECD-Durchschnitt durch (Wieder-)Einführung von Vermögen- und Erbschaftsteuer

Österreich hat also ein hohes ungenutztes Potenzial bei den Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern. Eine Erhöhung würde das Steuersystem fairer gestalten und wichtige Einnahmen für notwendige Investitionen im Bereich von Zukunftsherausforderungen wie dem Klimaschutz oder der Gewährleistung der sozialen Sicherheit generieren. Zudem könnte durch neue vermögensbezogene Steuern die Budgetsanierung sozial gerechter gestaltet werden – denn diese erfolgt derzeit noch überwiegend durch Ausgabenkürzungen und somit auf dem Rücken der breiten Bevölkerung.

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Das Wichtigste auf einen Blick

Wenn man die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern auf den OECD-Durchschnitt erhöhen würde, würde das für Österreich rund acht Milliarden Euro an Mehreinnahmen bringen. Aus Sicht des ÖGB eignen sich dafür vor allem zwei Steuern: Eine Vermögenssteuer sowie eine Erbschaftsteuer. Potenzial für die Besteuerung ist ausreichend vorhanden: Denn einerseits ist Vermögen in Österreich so ungleich verteilt wie fast nirgendwo in Europa und andererseits werden jedes Jahr große Summen an leistungslosem Einkommen vererbt – ein Großteil davon an jene, die ohnehin schon viel besitzen.

Vermögenssteuer – Krisenprofiteure sollen beitragen

Das reichste Prozent der österreichischen Haushalte (also rund 40.000 Haushalte) besitzt in Österreich bis zu 50 Prozent des gesamten Nettovermögens. Die reichsten 100 Familien besitzen rund 200 Milliarden Euro und alleine die reichsten fünf Familien besitzen mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung. Dazu kommt, dass die Reichsten sogar Profiteure der aktuellen Krise sind: Denn seit Anfang 2021 hat sich die Vermögensungleichheit sogar noch verstärkt – das durchschnittliche Nettovermögen der reichsten fünf Prozent der Haushalte stieg in diesem Zeitraum um 775.000 Euro, jenes der ärmeren Hälfte der Bevölkerung nur um rund 3.700 Euro.

Die Konzepte für eine Vermögenssteuer liegen auf dem Tisch. Eine Ausgestaltung, wie im GPA-Modell vorgeschlagen, könnte rund 7,4 Milliarden Euro bringen – Ausweicheffekte bereits berücksichtigt.

Erbschaftsteuer – eine Frage der Gerechtigkeit

Bereits im Jahr 2025 werden laut aktuellen Schätzungen rund 21,5 Milliarden Euro steuerfrei vererbt. Das Gesamtvolumen der Erbschaften soll in den nächsten Jahrzehnten stark steigen und sich bis ins Jahr 2025 auf rund 40,8 Milliarden Euro beinahe verdoppeln. Aufgrund der hohen Vermögensungleichheit sind auch die Erbschaften höchst ungleich verteilt: Die untersten 99 Prozent der Erbinnen und Erben erhalten teils deutlich weniger als 500.000 Euro, die durchschnittliche Erbschaft beträgt rund 105.000 Euro und die Hälfte erhält sogar weniger als 26.000 Euro. Ganz oben steigen die Erbschaften sprunghaft an: Das eine Prozent der Erbinnen und Erben mit der höchsten Erbschaft erhält im Durchschnitt rund 4,2 Millionen Euro – das oberste Prozent erhält somit in etwa 40,5 Prozent des gesamten Erbvolumens.

Diese Schieflage führt dazu, dass eine Erbschaftsteuer mittlerweile für ein hohes Steueraufkommen sorgen könnte. Selbst bei hohen Freibeträgen und unter Berücksichtigung von Ausweicheffekten könnte eine moderne Erbschaft- und Schenkungsteuer rund 1,8 Milliarden Euro an Einnahmen bringen.

Mit einer Erbschaftsteuer würde Österreich übrigens keinen Sonderfall darstellen. Erbschaftsteuern sind international eine gängige Praxis. In 27 von 38 OECD-Ländern beziehungsweise in 17 von 27 EU-Ländern gibt es aktuell eine Erbschaftsteuer.

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Würde Österreich eine Vermögenssteuer sowie eine Erbschaftsteuer einführen, könnten somit – je nach Modell – zwischen 8,3 und 9,2 Milliarden Euro an Steueraufkommen aufgebracht werden. Das würde nicht nur den Anteil der vermögensbezogenen Steuern auf den OECD-Durschnitt erhöhen und damit für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, sondern auch die Last der noch anstehenden Budgetsanierung sozial gerecht verteilen.