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Mit ArbeitnehmerInnen spielt man nicht!

Interview mit ÖGB-Landesgeschäftsführerin Gabi Proschofski

 

Redaktion: Was verbirgt sich hinter dem Motto #sichtbar:unverzichtbar?

Proschofski: In der Krise wurde wieder sichtbar, was wirklich unverzichtbar ist: systemrelevante Berufe, ein gut funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem, der Sozialstaat, die Sozialpartnerschaft und ein solidarisches Miteinander sind nur einige dieser sichtbar gewordenen Bereiche. Wir wollen mit unseren Aktionen im Herbst dazu beitragen, dass diese wichtigen Bestandteile Österreichs auch weiterhin sichtbar bleiben und die Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Denn all das, was jetzt sichtbar unverzichtbar ist, war in den letzten Jahren oft das Ziel von Angriffen. Die systemrelevanten Berufe sind auch jene, die in den letzten Jahren nur selten Anerkennung bekommen haben. Schon gar nicht in finanzieller Hinsicht. Daher setzen wir in unserer Herbstkampagne auch zuerst auf die systemrelevanten Berufe, ehe wir die anderen Themen in den Fokus rücken.

Redaktion: Welche Aktionen hat der ÖGB Salzburg dazu geplant?

Proschofski: Seit heute sind auf der Staatsbrücke Flaggen von AK und ÖGB. Die Beflaggung der Staatsbrücke war bereits im März geplant, anlässlich von 100 Jahre Arbeiterkammer und 75 Jahre ÖGB. Allerdings mussten wir diese aufgrund des Lockdowns absagen. Wir werden im Laufe der Woche in der Innenstadt mehrere Aktionen rund um die Brücke machen, um die Menschen über unsere Forderungen für die ArbeitnehmerInnen zu informieren und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ab nächster Woche werden die Aktionen auch in den Regionen stattfinden. Wir wollen mit Menschen in den Dialog treten. Es geht nicht nur darum, was AK und ÖGB als Sozialpartner für die Menschen erkämpfen wollen, sondern vor allem auch darum, was sich die Salzburgerinnen und Salzburger von uns erwarten.

Unsere Aktivitäten beschränken sich derzeit auf Aktionen im öffentlichen Raum und auf den Online-Bereich. Aufgrund der Corona-Maßnahmen und der ungewissen Situation ist es grundsätzlich sehr schwer was anderes zu organisieren. Man weiß ja nie, welche Farbe die Ampel morgen hat oder wann die nächste Pressekonferenz der Bundesregierung einberufen wird. Das ist nicht nur für alle Betriebe eine große Herausforderung. Besonders betroffen sind auch Kunst- und Kulturschaffende und Organisationen wie der ÖGB.

Redaktion: Wo liegen die Herausforderungen für die Gewerkschaft in der Corona-Zeit?

Proschofski: Viele ArbeitnehmerInnen haben ihre Arbeit verloren, sind in Kurzarbeit, müssen Einkommenseinbußen hinnehmen und machen sich Sorgen über ihre Zukunft. Die Bundesregierung kündigt ständig irgendwelche Maßnahmen an, ohne eine entsprechende Verordnung zu erlassen. Die Rechtslage ändert sich fast täglich. Das macht es schwer, Menschen zu informieren und ihnen ihre Sorgen zu nehmen. Mittlerweile werden immer mehr „Empfehlungen“ ausgesprochen. Wer soll da noch den Durchblick wahren? Das betrifft nicht nur die Interessenvertretung der Arbeitnehmer-Seite. Uns rufen auch Unternehmen an, die keinen Durchblick mehr haben und eigentlich nur das Beste für ihren Betrieb und ihre MitarbeiterInnen wollen. Aber es ist auch für die Organisation eine sehr schwierige Situation.

Redaktion: Inwiefern?

Proschofski: Die Gewerkschaft ist ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie. Das beginnt bei den BetriebsrätInnen bzw. PersonalvertreterInnen und JugendvertrauensrätInnen als VertreterInnen der innerbetrieblichen Demokratie. Im Moment ist es aber wegen den Corona-Maßnahmen schwierig eine Betriebsversammlung oder eine Betriebsratswahl abzuhalten. Damit fehlt schon mal die Möglichkeit, die KollegInnen zusammen zu holen, um ihnen Gehör für ihre Anliegen zu verschaffen.

Der Betriebsrat hat dann die Aufgabe, die Interessen der KollegInnen zu vertreten. Einmal im Betrieb gegenüber der Geschäftsleitung, wenn es um die innerbetrieblichen Interessen geht. Dann aber auch in seiner jeweiligen Gewerkschaft, denn oft sind das ja Anliegen, die wir in den Kollektivvertragsverhandlungen oder Sozialpartner-Gesprächen vertreten. Dafür gibt es ja unsere Gremien, um auch dort den BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen den Raum zu bieten, um für die Interessen ihrer KollegInnen einzutreten. Wenn aber keine größeren Versammlungen mehr erlaubt sind, dann ist auch das nicht mehr möglich. Das setzt sich dann fort bei den Kollektivvertrags-Verhandlungen. Wir sind bemüht, die Sicherheitsmaßnahmen aus gesundheitlichen Gründen einzuhalten. Dennoch sind das schon massive Einschnitte, wenn es um unsere demokratischen Rechte geht.

Redaktion: Der schöne Herbst macht zumindest noch Aktionen im öffentlichen Raum möglich, oder?

Proschofski: Ja und nein. Wir machen Aktionen und gehen auf die Straße. Allerdings können wir nicht mal einen Bruchteil unserer geplanten Aktivitäten umsetzen, da wir für kaum etwas mehr eine Genehmigung bekommen. Das liegt aber nicht nur an den COVID-19-Schutzmaßnahmen, sondern auch an zahlreichen rechtlichen Änderungen, die schon davor beschlossen wurden. Dadurch können wir Aktionen, die in der Vergangenheit nie ein Problem waren, plötzlich nicht mehr durchführen. Dazu werden wir noch das Gespräch mit den zuständigen Verantwortlichen suchen.