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Pflegelehre: Ein untaugliches Modell

Was bringen Pflegelehre oder Pflege-Schulversuch? Interview mit Branko Novakovic.

Die neue Bundesregierung hat in Sachen Pflege neben großer Inszenierung auch die ein oder andere Idee präsentiert. So soll etwa eine Pflegelehre etabliert werden und sollen Schulversuche gestartet werden, in denen Pflegeausbildung und Matura kombiniert werden. Wir haben uns mit Branko Novakovic von der ÖGB/ARGE-FGV für Gesundheits- und Sozialberufe zu diesem Thema unterhalten.

ÖGB OÖ: In den Gewerkschaften wird die Pflegelehre eher negativ gesehen. Warum?
Branko Novakovic: Wer junge Menschen im Alter von 15 Jahren in diese Berufe steckt, der stellt sicher, dass sie in Kürze die Pflege verlassen und nicht wieder zurückkehren werden. 15-Jährige sind in ihrer Persönlichkeitsentwicklung noch nicht reif genug, um diesen schwierigen Beruf auszuüben. Es ist generell eine große Herausforderung, täglich mit schwer kranken oder sterbenden Menschen konfrontiert zu sein. Deshalb rät auch die EU, keinesfalls vor dem 17. Lebensjahr mit einer Ausbildung in diesem Bereich zu beginnen.

ÖGB OÖ: In der Schweiz wurde solch ein Modell eingeführt und wird nun auch als Beispiel herangezogen.
Novakovic: Ja, das Schweizer Modell gibt es und es ist grandios gescheitert. Die Quote jener, die nach kurzer Zeit abspringen, ist riesig. Das kann kein Vorbild sein.

ÖGB OÖ: Eine weitere Idee sind Schulversuche, in denen Pflegeausbildung und Matura kombiniert werden sollen. Ist das eine bessere Lösung?
Novakovic: Es ist einfach ein anderes Modell. Wir haben derzeit Ausbildungen, die halbleer sind und ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Schulversuche gestürmt werden und dann die große Lösung sind. Wie überall stellen sich vor der Berufswahl die jungen Menschen pragmatische Fragen: Was verdiene ich? Wie sehen die Arbeitsbedingungen aus? Dort gilt es, anzusetzen und diese Rahmenbedingungen zu verbessern. Ist das einmal erfüllt, könnten Schulversuche vielleicht eine Ergänzung sein.