Zum Hauptinhalt wechseln
ÖGB Kärnten

ÖGB Kärnten: Austausch am Arbeitsmarkt als europäische Chance

Das grenzüberschreitende Zusammenwachsen von Ländern und Regionen eröffnet enorme Chancen. Ein dabei wesentlicher Faktor, nämlich der Austausch am Arbeitsmarkt, wurde am Dienstag, 28. November 2023, in einer Konferenz im italienischen Coccau betrachtet. Den passenden Rahmen dafür bot das genau am Grenzübergang liegende Zollmuseum. Dort fanden sich auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und Landesrätin Alessia Rosolen aus der Region Friaul - Julisch Venetien ein. Präsentiert wurde eine wissenschaftliche Studie über Grenzpendlerinnen und Grenzpendler, die von den Gewerkschaften der beiden Länder beauftragt wurde.

Kaiser strich die ausgezeichnete bilaterale Kooperation zwischen Kärnten und Friaul - Julisch Venetien hervor. Der grenzüberschreitende Austausch am Arbeitsmarkt würde enorme Werte für die betroffenen Personen selbst, ihre Familien, aber vor allem auch die Regionen eröffnen, sagte er: „Zugleich ist es die Realisierung des europäischen Traumes: Einheit in Vielfalt.“ Der Landeshauptmann verhehlte nicht, dass man in Kärnten und in Friaul - Julisch Venetien dringend Fachkräfte benötige. „Die Mobilitätsbereitschaft in unseren Ländern führt zu beidem: zu einem Braindrain und zu einem Braingain, also zu einem Zu - und Abzug von Arbeitskräften“, meinte er. Es gelte, auch in diesem Zusammenhang die Synergien durch grenzüberschreitende Kooperationen zu nutzen. Viele Impulse liefere dazu auch die Euregio „Senza Confini“ zwischen Kärnten, Friaul - Julisch Venetien und dem Veneto. Es seien aber vor allem auch vermehrt europäische Maßnahmen nötig. „Entwicklungen, die durch die Migrationsströme entstehen – wie zum Beispiel das Aussetzen des Schengenabkommens – behindern Impulse für Arbeitsmarkt, Bildung, Kultur, Sport und das europäischen Zusammenwirken“, so Kaiser.

Für Kaiser bringe das Zusammenwachsen von Regionen Veränderungen, aber vor allem auch Verbesserungen mit sich. Der Austausch sei auf allen Ebenen wichtig, daher sei das Zusammenwirken der Sozialpartner sehr zu begrüßen, Der Landeshauptmann appellierte: „Lassen Sie uns die Chancen hier an der Schnittfläche dreier Kulturen noch deutlicher und mutiger nutzen als bisher. So werden auch Systeme und Institutionen noch besser miteinander verbunden.“ Kärnten setze mit seinen Nachbarn schon viel Konkretes um, wie zum Beispiel den Austausch von Lehrlingen – was durch die verschiedenen Ausbildungssysteme nicht immer kompatibel sei – oder die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs zwischen den Regionen. „Was wir bereits gemeinsam erreicht haben“, noch besser weltweit sichtbar machen, könnten gemeinsam ausgetragene olympische Winterspiele im Zeichen der Nachhaltigkeit.

Landesrätin Rosolen betonte, dass man hier einen „echten gemeinsamen Raum“ gestalten wolle. Ihr gehe es insbesondere auch um die Weiterentwicklung von Dienstleistungen. So müsste auch in Kindergärten, Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen echte Integration erfahren werden. Rosolen hob den Aufbau gemeinsamer „Valleys“, zum Beispiel für Technologie, hervor. Als weiteren Punkt führte sie das gegenseitige Anerkennen von Kompetenzen an. Die Qualität der Ausbildungen auf beiden Seiten der Grenze stehe außer Zweifel, es müsste hier aber verstärkte Abstimmungen geben. Insgesamt gelte es, „administrative Hindernisse“ abzubauen.

Begrüßt wurden die Konferenzteilnehmenden von ÖGB Kärnten Landesvorsitzenden LAbg. René Willegger und der Vorsitzenden des Internationalen Gewerkschaftsrates Frial - Julisch Venetien (IGR) Präsidentin Mariateresa Bazzaro. Bazzaro sagte, dass man konkrete Projekte für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Menschen und Regionen setzen wolle. Auch gelte es, lokale, regionale und europäische Netzwerke zu nutzen. Willegger sagte, dass die Corona - Pandemie sehr deutlich aufgezeigt habe, wie wichtig es sei, die Situation der Grenzpendlerinnen und Grenzpendler näher zu betrachten. „Wir wollen wissen, wie es ihnen geht, welche Anliegen sie haben und wie wir sie unterstützen können.“

Eric Kirschner vom österreichischen Joanneum Research und der italienische Experte Daniel Spizzo haben daher im Auftrag der Gewerkschaften eine Pilotstudie erstellt. Es wurden Daten gesammelt und 80 Interviews geführt, aus denen dann die spezifische Forschung mit Unterstützung von 30 Pendlerinnen und Pendlern hervorging. Als Tagespendelgrenze wurden 45 bis 50 Fahrminuten gesetzt. Das Gros der Arbeit umfasste die Situation Arnoldstein und Tarvis, mitbetrachtet wurden aber auch Slowenien und Kroatien. Laut Spizzo pendeln 281 Menschen aus Italien (Stand 2022) nach Kärnten, um hier zu arbeiten. 2008 seien es noch 26 gewesen. Beschäftigt seien sie in allen Bereichen, von Handel und Tourismus bis hin zu Forschung und Entwicklung. 1.414 Menschen aus Italien (Stand 2022) wohnen und arbeiten in Kärnten. 2008 seien das noch 533 gewesen. Die Zahl der Österreicherinnen und Österreicher, die nach Friaul - Julisch Venetien zur Arbeit pendeln, beträgt laut Kirschner 43 (Stand 2022).

Die Studienautoren hoben hervor, dass die Vernetzung am Arbeitsmarkt den Transfer von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten mit sich bringe. „Das ist eine große Chance für die Makroregion Kärnten, Slowenien und Friaul - Julisch Venetien. Es passiert aber nicht einfach so. Es gibt hier Bedarf an Unterstützungsleistungen“, betonte Kirschner. Es müsste verstärkt Informationen und Ansprechpersonen für die Grenzpendlerinnen und Grenzpendler geben. Kirschner führte unter anderem die Themen Steuerrecht, Mobilität, Wohnen und Familie, Bildung und Ausbildung sowie Sprachkurse an.

Aus Brüssel zur Veranstaltung des „Consiglio Sindacale Interregionale“ von Friaul-Julisch Venetien und Kärnten angereist war Lambert Kleinmann von der Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration. Er sagte, dass es in der EU 1,8 Millionen Grenzpendlerinnen und Grenzpendler gebe. Mit Unterstützung der Europäischen Kommission wirke die Organisation EURES in diesem Bereich beratend. Für Kleinmann, der seine Rede bewusst auf Deutsch und Italienisch hielt, wächst Europa durch die europäische Arbeitsmarktintegration stärker zusammen. Für die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen sprach Generalsekretär Martin Guillermo Ramirez, für ihn ist der Ehrfahrungsaustausch der Motor der Zusammenarbeit. Unter den weiteren Rednerinnen und Rednern war auch Catia Mastracci, nationale Koordinatorin von EURES Italien.

Wie gut grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Nachbarschaft bereits funktioniert hoben die Bürgermeister von Arnoldstein und Tarvis, Reinhard Antolitsch und Renzo Zanette, hervor. „Hier funktioniert der Alpen-Adria-Gedanke – auch mit unserer slowenischen Partnergemeinde Kranjska Gora“, so Antolitsch. Zanette sprach von einer Region der Integration und des positiven Austausches.

Foto v.l.n.r.: ÖGB Landesvorsitzender LAbg. René Willegger, ÖGB Landesfrauenvorsitzende Silvia Igumnov, LH Dr. Peter Kaiser, LR Alessia Rosolen und Präsidentin Mariateresa Bazzaro.

Bleib informiert über deine Arbeitswelt!
Jeden Freitag: Das Wichtigste aus einer Woche