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Keine Politik für junge Menschen in Sicht

Interview mit dem neuen ÖGJ-Landesvorsitzenden Hubertus Brawisch

Klimawandel, Pandemie, Krieg, Teuerung, … – für die jungen Generationen sind die Herausforderungen derzeit besonders groß. Leider scheint die Politik aber ständig auf die Jungen zu vergessen. 

Die Bundesregierung hat kürzlich ein Anti-Teuerungspaket beschlossen. Du kritisierst, dass die Jugend hier vergessen wird. Warum?

Es finden sich in dem gesamten Paket keine Maßnahmen, die bei der Jugend eine tatsächliche Entlastung bewirken werden. Darüber hinaus handelt es sich bei den beschlossenen Maßnahmen v.a. um Einmalzahlungen, die keine nachhaltigen Effekte haben, außer, dass sie uns nachhaltig viel kosten werden. Seit zwei Jahren werden Einmalzahlungen und Unterstützungsleistungen im Gießkannen-Prinzip verteilt. Die Staatsschulden steigen dadurch rapide an. Irgendjemand wird das mal bezahlen müssen und das wird v.a. meine Generation und die kommenden Generationen treffen.

Es war in den vergangenen Jahren für junge Menschen schon nahezu unmöglich, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Nicht umsonst, gibt es viele junge Menschen, die noch zu Hause wohnen, weil sie sich keine Wohnung leisten können. Mit der derzeitigen Preissteigerung wird das noch schlimmer. Da wäre eine Mietpreisbegrenzung und eine Kostenbremse bei Lebensmitteln und Energie – wie von AK und ÖGB gefordert – wesentlich sinnvoller. Das würde der Jugend wirklich helfen. Hinzu kommt, dass z.B. die geplante Senkung der Lohnnebenkosten dazu führt, dass dem Sozialstaat weniger Geld zur Verfügung steht. Das ist ein großes Problem, denn mit der Reduktion des Unfallversicherungsbeitrages entgehen der AUVA jährlich rund 125 Millionen Euro. Geld, das benötigt wird, um das Aufgaben- und Leistungsspektrum aufrecht zu erhalten. Und dabei haben wir doch gerade in der Pandemie gesehen, dass Länder mit einem ausgeprägten öffentlichen Gesundheits- und Sozialsystem wesentlich besser durch Krisen kommen als andere. Anstatt also Sozialstaats-Leistungen zu kürzen, müsste man gerade hier investieren. Trotz Valorisierung bleiben viele Sozialstaatsleistungen unterhalb der Armutsgrenze, z.B. bei der Sozialhilfe, dem Arbeitslosengeld oder der Studienbeihilfe die erst nächstes Jahr angepasst wird. Der Kreis der Armutsgefährdeten wird aber angesichts der Teuerung immer größer, was auch unseren sozialen Frieden gefährdet.

Dabei gibt es aber viele Menschen, die sagen, dass es die Jugend heute viel leichter hat als früher.

Ja, das mag in bestimmten Bereichen schon wahr sein. Im Vergleich zu meinen Großeltern habe ich sicher einige Vorteile. Schon allein, wenn es um den Zugang zu Bildung oder zu einer guten Gesundheitsversorgung geht. Da hat auch die Gewerkschaft viel erkämpft in den vergangenen Jahrzehnten. Was der Jugend aber fehlt, sind (gute) Zukunftsperspektiven. Der Klimawandel führt bereits heute zu schrecklichen Ereignissen. Die Prognosen sind noch besorgniserregender. Es gibt immer mehr Gebiete, die unbewohnbar sind. Der Krieg in der Ukraine, die damit verbundene weltweite Aufrüstung, der drohende Engpass bei der Energieversorgung und die Teuerung bereiten uns natürlich auch Sorgen. Hinzu kommt, dass gerade in Zeiten der Pandemie die Zahl der psychischen Erkrankungen bei der Jugend massiv zugenommen hat. Depressionen, Angstzustände, Schlaf- und Essstörungen sind schon längst bittere Realität bei vielen Jugendlichen. Hier ist die Politik gefragt, entsprechende Maßnahmen zu setzen.

Ist das nicht ein sehr düsteres Bild, das du hier schilderst?

Nein, ganz im Gegenteil. Wir müssen Probleme erkennen und ansprechen, wenn wir Verbesserungen erzielen wollen. Und genau das wollen wir. Wir haben viele Vorschläge, um die Situation für junge Menschen zu verbessern und um ihnen auch zu ermöglichen, wieder optimistisch in die Zukunft zu blicken. Wir sind bereit, mit den zuständigen PolitikerInnen darüber zu sprechen und unsere Vorschläge zu präsentieren.

Was schlägt die Gewerkschaftsjugend konkret vor, um die Situation für junge Menschen zu verbessern?

All jene, die an einer psychischen Erkrankung leiden, brauchen umgehend Unterstützung. Es braucht niederschwellige Angebote in allen Regionen, die auch leistbar sind. Daher fordern wir z.B. eine Kostenübernahme durch die Krankenkassa, denn eine Behandlung können sich viele nicht leisten. Außerdem wollen wir echte Reformen statt Einmalzahlungen. Um die großen Probleme der Gegenwart anzugehen, muss die Politik dafür auch Geld in die Hand nehmen, um z.B. den öffentlichen Verkehr weiter auszubauen und damit den CO2 Ausstoß weiter zu senken. Die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung und zugleich einen stärkeren Fokus auf geförderte Mietwohnungen, statt Eigenheimerrichtung zu legen, würde der Jugend auch massiv helfen, wieder leistbare Wohnungen zu finden und ein selbstständiges Leben aufzubauen. Ausreichend Kinderbetreuungsplätze im ganzen Bundesland, damit junge Menschen auch eine Familie gründen können, ohne sich überlegen zu müssen, ob sie dann noch arbeiten gehen können. Und gerade in Salzburg fehlt es auch an leistbaren Freizeitangeboten und konsumfreien Zonen für junge Menschen. Das alles würde helfen, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen. Und genau dafür kämpfen wir. 

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