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Muss erst etwas passieren, damit etwas geschieht?

Der Pflegeberuf ist grundsätzlich mit hoher körperlicher und psychischer Belastung verbunden. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren aufgrund struktureller und organisatorischer Veränderungen im Pflegebereich, gestiegenem Pflegeaufwand und Problemen mit einer ausreichenden Fachkräftesicherung allerdings massiv verstärkt.

 

„Die Kolleginnen und Kollegen sind fachlich hervorragend ausgebildet, hoch motiviert und arbeiten gern, erzählt Stefanie Bacher, Betriebsrätin der Tauernklinikum GmbH. Trotzdem fallen – nicht nur dort – viele derer, die mit viel Elan in den Beruf eingestiegen sind, binnen kürzester Zeit wieder aus.

 

Der Alltag der Pflegenden bringt es mit sich, täglich schwere Dinge oder Personen bewegen zu müssen. Nach einem Arbeitstag in der stationären oder der mobilen Pflege ist ein Großteil der Beschäftigten fast immer körperlich erschöpft. Der tägliche Kleinkrieg mit der Bürokratie verstärkt den zeitlichen Druck und das Gefühl, zu wenig Zeit „am Menschen“ zu verbringen.

 

Corona bringt die Pflege zudem im wahrsten Sinne ins Schwitzen. Durch die Ansteckungsgefahr arbeiten die MitarbeiterInnen nun unter Schutzkleidung, in kompletter Montur: doppelte Schutzhandschuhe, ein abgedichteter Schutzmantel, Kopfschutz, Schutzbrille und FFP2 Masken. Darunter gibt es keine Möglichkeit des Flüssigkeitsaustausches, das Wasser rinnt förmlich unter der Kleidung bis in die Schuhe.

 

Corona als besondere Herausforderung

 

„Um die PatientInnen zu betreuen bleibst du für Stunden in dieser Schutzkleidung! Im Schnitt ist eine Pflegekraft für sechs Kranke zuständig: Waschen, ankleiden, Schutzhose wechseln, eincremen, umlagern, Vitalzeichen überwachen. Überprüfen, ob alle ausreichend Flüssigkeit und Medikamente erhalten. Und kaum bist du beim 6. Patienten angekommen, fängst du bei Patient 1 wieder an“, berichtet Sabine Gabath, stv. Betriebsratsvorsitzende der SALK. Sich hier umzuziehen ist viel zu aufwendig, da man beim Aus- und Anziehen eine Kollegin benötige. Denn die Gefahr einer Ansteckung beim Ausziehen ist enorm hoch und daher sollte nur zu zweit die Schutzkleidung an- sowie ausgezogen werden.

 

Das Gesundbleiben stellt die Pflegenden derzeit vor vielfältige Probleme: Immer wieder gibt es Ansteckungen, das Schutzmaterial ist – vor allem im Bereich der Seniorenwohnhäuser – nicht immer ausreichend. Und dann gibt es noch die Forderung, dass hinkünftig auch Erkrankte mit geringer Virus-Last arbeiten gehen sollen. „So können wir nicht arbeiten. Und wir können auch nicht arbeiten, bis wir krank werden“, bringt es eine Betriebsrätin im Gespräch auf den Punkt. „Muss denn wieder erst etwas passieren, damit etwas geschieht?“, ergänzt Waltraud Schmidt, Betriebsrätin am Tauernklinikum Zell/See.

 

Denn die Personal-Decke ist löchrig, es arbeiten viel zu wenige in der Pflege. Dabei gäbe es ausgebildetes Personal: Österreichweit gibt es rund 9.000 und in Salzburg rund 600 ausgebildete Pflegefachkräfte, die derzeit ohne aktuellen Arbeitgeber sind und somit nicht in der Pflege arbeiten.

 

„Wir müssen diese Menschen wieder in den Beruf zurückholen! Ein gutes Einkommen und eine entsprechende Entschädigung während der Ausbildung müssen genauso zu den Rahmenbedingungen gehören wie eine verlässliche Dienstplanung, ausreichend Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, altersgerechtes Arbeiten und die schon lange gewünschte Reduktion der Arbeitszeit“, fordert Gabi Proschofski, Landesgeschäftsführerin des ÖGB Salzburg.