80 Jahre ÖGB Tirol
Acht Jahrzehnte im Dienst der Arbeitnehmer:innen
Mit einem feierlichen Festakt beging der ÖGB Tirol heute sein 80-jähriges Bestehen. Höhepunkt der Veranstaltung war die Präsentation der neu erschienenen Chronik, die die beeindruckende Geschichte der Gewerkschaftsbewegung in Tirol seit 1945 dokumentiert – von den Anfängen nach dem Zweiten Weltkrieg über die sozialpartnerschaftlich geprägten Jahrzehnte des Aufbaus bis hin zu den Herausforderungen der Gegenwart. Autor DDr. Erwin Niederwieser präsentierte dieses neue Buch unter dem Titel „Zufrieden sein darf man nie“ im Beisein zahlreicher Ehrengäste, darunter der 1. Landeshauptmann-Stellvertreter Philip Wohlgemuth, die Landesrätinnen Eva Pawlata und Astrid Mair, Bischof Hermann Glettler, AK-Präsident Erwin Zangerl, Landespolizeidirektor Helmut Tomac, die Nationalratsabgeordneten Selma Yildirim und Bernhard Höfler sowie Walter Peer, Landesdirektor der Wiener Städtischen.
„Dieses Buch ist nicht nur ein historisches Dokument, sondern ein lebendiges Zeugnis der Errungenschaften und Kämpfe der Arbeitnehmer:innen in Tirol. Es zeigt, wie untrennbar die Geschichte des sozialen Fortschritts mit der Arbeit des ÖGB verbunden ist“, freute sich die geschäftsführende ÖGB-Landesvorsitzende Sonja Föger-Kalchschmied über das Werk. Das Datum für die Präsentation war nicht zufällig gewählt: Im Sommer 1945 trafen sich sozialdemokratische, christliche und kommunistische Gewerkschafter:innen in Tirol, um gemeinsam den überparteilichen ÖGB Tirol zu gründen. Eine entscheidende Sitzung dazu fand am 6. Juli 1945 statt. Die Chronik erinnert an die „1. Tiroler Betriebsratsobmänner- und Personalvertreter-Tagung“ am 15. August 1945 im Gasthof Bierstindl, die erste Landeskonferenz im Jahr 1946, an die Aufbauarbeit unter widrigsten Bedingungen, an große Reformen wie den Achtstundentag oder die betriebliche Mitbestimmung. Sie würdigt unter anderem Persönlichkeiten wie Josef Wilberger – den ersten Vorsitzenden des ÖGB Tirol -, Josef Kunst oder Alois Eichler, die mit Mut und Ausdauer die Grundlagen für eine starke Arbeitnehmervertretung legten. Auch die Geschichte der Frauen-, Jugend- und Bildungsarbeit, die von Anfang an wesentlicher Bestandteil der Gewerkschaftsarbeit waren, werden eingehend beleuchtet
Blick nach vorne: Herausforderungen und klare Positionen
In ihrer Begrüßungsrede blickte Föger-Kalchschmied auf die 80jährige Geschichte der Tiroler Arbeitnehmer:innenbewegung zurück, stellte aber auch gleichzeitig klar, dass der Einsatz für eine faire Arbeitswelt notwendiger ist denn je: „Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten viel erreicht – allerdings dürfen wir uns darauf nicht ausruhen. Vielmehr muss uns das Ansporn sein, auch weiterhin alles dafür zu geben, damit die Menschen faire Einkommen, ein gesundes Arbeitsleben und eine verdiente Pension erhalten!“ Damit spielte sie auf die aktuelle Forderung der Industriellenvereinigung an, die eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters will. „Arbeiten bis zum Umfallen wird es mit uns nicht geben. Menschen, die 45 Jahre in der Produktion, im Gesundheitsbereich oder am Bau arbeiten, haben genug in den Sozialstaat eingezahlt, um in Würde zu altern – daran darf nicht gerüttelt werden!“, so die geschäftsführende ÖGB-Landesvorsitzende.
Zudem hob sie hervor, dass die Digitalisierung viele Berufe und Branchen tiefgreifend verändert: „Das ist eine Herausforderung, der wir nur gemeinsam – im Dialog mit Arbeitnehmer:innen, Unternehmen, Politik und Gesellschaft – begegnen können. Dafür braucht es auch gut ausgebildete Betriebsrät:innen und starke Gewerkschaften.“ Ein weiteres zentrales Thema ist die anhaltende Teuerung. „Unsere Mitglieder spüren sie jeden Tag beim Einkaufen, bei der Miete, bei den Energiekosten. Gerechte Löhne und Maßnahmen gegen die Preisexplosion müssen endlich oberste Priorität haben“, so Föger-Kalchschmied.
Erfolge und Engagement im Hier und Jetzt
ÖGB-Landesgeschäftsführer Benjamin Praxmarer unterstreicht die jüngsten Erfolge: „Wir verzeichnen in Tirol einen deutlichen Zuwachs bei Mitgliedern und Betriebsratsgründungen. Das ist ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt und das Vertrauen in unsere Arbeit. Darauf werden wir auch weiterhin bauen. Rückenwind dafür gibt uns unser konstruktiver und lösungsorientierter Stil.“ Zudem verweist er auf zahlreiche Positionspapiere des ÖGB Tirol, die wichtige gesellschaftspolitische Impulse liefern – etwa zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zur Reform der Pflege oder zur Attraktivierung der Lehre. „Der ÖGB war nie ein reiner Gegner, sondern immer ein konstruktiver Mitgestalter. Wir machen nicht nur Druck, wir machen auch Vorschläge – fundiert, realistisch und im Sinne der Arbeitnehmer:innen“, so Praxmarer.
Fazit: Stolz auf das Erreichte, bereit für die Zukunft
„Der ÖGB Tirol versteht sich auch nach acht Jahrzehnten als starke, unabhängige Stimme für soziale Gerechtigkeit und faire Arbeitsbedingungen. In einer sich rasant wandelnden Welt bleibt eines konstant: Nur solidarisch ist Veränderung möglich“, sind sich Föger-Kalchschmied und Praxmarer einig.