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Rund die Hälfte der Beschäftigten zwischen 36 und 55 Jahren glaubt nicht daran, bis zur Pension durchzuhalten.

Vorarlberg

Arbeiten bis zum Umfallen

Der Arbeitsklima Index zeigt: Ältere glauben nicht, bis zur Pension durchzuhalten.

Mit zunehmendem Alter verlieren die Arbeitnehmer/-innen in Österreich den Glauben daran, bis zur Pension durchzuhalten. Vor allem Beschäftigte in der Pflege, am Bau und Reinigungskräfte haben Zweifel, ihren Beruf bis 60/65 ausüben zu können. Das zeigt eine Auswertung des Österreichischen Arbeitsklima Index der AK. Verantwortlich dafür sind auch die ArbeitgeberInnen. Denn: „Es gibt viel zu wenige altersgerechte Arbeitsplätze. Die ArbeitgeberInnen verzichten damit bewusst auf den unbezahlbaren Erfahrungsschatz älterer Beschäftigter und machen es ihnen damit unnötig schwer, gesund bis zur Pension durchzuhalten“, erklärt ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer.

Rund die Hälfte der ArbeitnehmerInnen zwischen 36 und 55 Jahren glaubt nicht daran, bis zur Pension durchzuhalten – Frauen noch weniger als Männer. Bei den Beschäftigten über 56 zweifeln „nur“ 44 Prozent, ob sie durchhalten: Sie haben nicht mehr so lange bis zur Pension und können sich daher eher vorstellen, die verbleibende Zeit im Erwerbsleben zu überstehen. Knapp drei Viertel der Beschäftigten in der Altenpflege und sechs von zehn Pflegekräften in der medizinischen Betreuung halten es für nicht wahrscheinlich, dass sie ihren Job auch noch mit 60 bzw. 65 Jahren ausüben können. Wenig zuversichtlich sind auch knapp zwei Drittel der Reinigungskräfte und der ArbeiterInnen am Bau und im Baunebengewerbe sowie sechs von zehn FabriksarbeiternInnen.

Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Arbeitsbelastungen auf Dauer zu hoch sind: Ältere spüren ähnlichen Zeitdruck und Arbeitsdruck wie Jüngere, kommen seltener in den Genuss einer Gleitzeitregelung, müssen immer noch Schichtarbeit und Nachtdienste leisten. Deutlich benachteiligt sind Ältere bei der beruflichen Weiterbildung: Während ein Drittel der Unter-55-Jährigen in den vergangenen zwölf Monaten zumindest eine Weiterbildungsmaßnahme in Anspruch nehmen konnte, war es bei den 55- bis 64-Jährigen nur ein Fünftel.

All das hat Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit – nämlich schon ab 45 Jahren. Arbeitnehmer/-innen ab diesem Alter, die nicht durch Zeitdruck oder ständigen Arbeitsdruck belastet sind, glauben zu rund 55 Prozent, dass sie es bis zur Pension schaffen. Bei jenen, die hingegen Zeit- oder Arbeitsdruck verspüren, sind es um 14 Prozentpunkte weniger. Sieben von zehn Menschen mit einer Gleitzeitvereinbarung glauben, bis 65 arbeiten zu können. Bei Beschäftigten, die Schichtarbeit oder Nachtdienste leisten müssen, sind es hingegen nur vier von zehn.

Diese Ergebnisse des Arbeitsklima Index zeigen, dass das Konzept vom altersgerechten Arbeiten in Österreich noch nicht sehr weit verbreitet ist. Aber gerade die größer werdende Gruppe der Beschäftigten zwischen 55 und 64 Jahren steht vor der Herausforderung, die eigene Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu erhalten, um bis zum Regelpensionsalter im Arbeitsleben durchhalten zu können. „Unternehmen müssen daher für altersgerechte Arbeitsplätze sorgen, damit ältere Beschäftigte gesund bis zur Pension durchhalten können“, sagt ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer. „Ältere brauchen flexible Arbeitszeitmodelle, weniger Schicht- und Nachtarbeit, mehr Gestaltungsspielräume, weniger Zeitdruck und weniger körperliche Belastungen.“

Als „schweren Anschlag auf die Gesundheit der Beschäftigten beurteilt Stemmer zudem, dass die abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren das erste ist, das von der neuen Bundesregierung abgeschafft werden soll. "Der Ansatz, die sogenannte Hacklerregelung wieder abschaffen zu wollen, weil sie ausschließlich Männern zugutekommt, ist der vollkommen falsche Weg. Das wäre ein Schritt zurück statt vorwärts", betont Stemmer. "Statt das Pensionssystem für alle zu verbessern und abzusichern, werden Verschlechterungen für die 'Hackler' vorgenommen.“