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Druck ist der falsche Weg!

Der Fachkräftemangel ist mittlerweile in vielen Betrieben akut. „Die Diskussion wird aber sehr einseitig geführt“, kritisiert ÖGB-Landesvorsitzender Reinhard Stemmer. „Es ist unausstehlich, wie die Wirtschaftskammer die Schuld für den Fachkräftemangel ständig arbeitssuchenden Menschen zuschiebt. Dass Unternehmen kein Personal finden, liegt nicht an der Höhe des Arbeitslosengelds oder an Arbeitslosen, die nicht bereit sind, mehrere Kilometer zur Arbeit zu pendeln, wie die Wirtschaftskammer behauptet. Die Unternehmen sind selbst schuld am Fachkräftemangel. Es braucht bessere Jobs, höhere Löhne und Gehälter sowie höhere Investitionen in die Aus- und Weiterbildung“, betont Stemmer.

„Es ist unausstehlich, wie die Wirtschaftskammer ständig versucht, die Verantwortung für den Fachkräftemangel abzuschieben und arbeitssuchende Menschen als Schuldige an den Pranger stellt“, kritisiert Stemmer die jüngsten Aussagen von WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Er forderte in der Diskussion über die Arbeitslosenversicherung Neu erneut ein degressives Arbeitslosengeld, eine Streichung der Zuverdienstmöglichkeiten und eine Ausweitung der überregionalen Vermittlung. „Dass Kopf neuerlich sogar vorgeschlagen hat, dass Arbeitssuchende doch 200 Kilometer pendeln oder gar samt Familien umziehen könnten, dorthin wo sie gebraucht würden, ist an Unverfrorenheit nicht zu überbieten. Es mangelt nicht an der Bereitschaft der Arbeitnehmer:innen einen Job anzunehmen, sondern an der Bereitschaft der Unternehmen, in bessere Arbeitsbedingungen, die Lehrausbildung und die Weiterbildung ihrer Beschäftigten zu investieren. Hier gibt es über Jahre hinweg schwere Versäumnisse“, hält Stemmer fest.

Während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass das viel zu niedrige Arbeitslosengeld in Österreich viele Betroffene und ihre Familien in die Armut treibt. Das Europäische Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung hat analysiert, welche Auswirkungen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent Nettoersatzrate hätte. Das Ergebnis: Es würde vielen Menschen mehr Einkommen bringen, den Konsum beleben, tausende neue Jobs schaffen und generell Ungleichheit und Armut verringern. „Was die Wirtschaftskammer im Verbund mit Arbeitsminister Kocher vorhat, verschärft das Problem nur weiter. Arbeitssuchende brauchen mehr Existenzsicherheit und positive Anreize, sich auf Veränderungen einzulassen“, so Stemmer. Ein degressives Arbeitslosengeld würde Menschen verstärkt in schlechte Jobs drängen und den Billiglohnsektor befeuern, was sich schließlich insgesamt negativ auf den Arbeitsmarkt auswirkt.

Unternehmen, die Probleme haben, Arbeitskräfte zu finden, müssten den Gesetzen des Marktes folgend über Löhne und Gehälter Anreize setzen, das passiert jedoch nicht, wie auch das Momentum Institut untersucht hat. „Stattdessen wird gebetsmühlenartig ein Mangel an Arbeitswilligkeit beklagt. Der Mitarbeiter:innenmangel ist bei einem Teil der Betriebe hausgemacht.“ Das heißt Arbeitgeber:innen müssen Löhne und Gehälter erhöhen, attraktive und planbare Arbeitszeiten anbieten, die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten und mehr Freizeit ermöglichen. „Die Betriebe, die das schon erkannt haben und ihren Mitarbeiter:nnen etwas bieten, haben kein Rekrutierungsproblem“, betont Stemmer abschließend.

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