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Europabüro und EU

Brexit: Parlament verschiebt Entscheidung über Deal

UPDATE - Britische Gewerkschafterin: Das Volk muss das letzte Wort haben - es geht um Lebensgrundlage

Das britische Parlament hat einen Antrag auf Aufschub des eigentlich für 19. Oktober geplanten Votums über den Brexit-Vertrag gebilligt. Somit kam es zu keiner Brexit-Abstimmung. Damit steht auch das geplante Austrittsdatum 31. Oktober wieder in Zweifel. Das ist eine Niederlage für Premierminister Boris Johnson, der auf eine Zustimmung zum Vertrag am Samstag gedrängt hatte. "Vielen Dank an alle Abgeordneten, die sich für arbeitende Menschen eingesetzt haben, indem sie sich gegen ein verheerendes 'No-Deal' ausgesprochen haben", hieß es in einer ersten Reaktion von Frances O’Grady, Generalsekretärin des britischen Gewerkschaftsbunds TUC, auf Twitter: "Das Volk muss nun das letzte Wort haben. Es sind unsere Jobs und unsere Lebensgrundlage, die auf dem Spiel stehen."

Die britische Regierung muss nun bei der EU einen erneuten Aufschub des Brexit beantragen. Premier Johnson sagte aber bereits, er werde das nicht tun. Er werde sich weiter für einen pünktlichen Austritt am 31. Oktober einsetzen. Dafür werde er kommende Woche das Gesetz zur Ratifizierung des Abkommens einbringen.

Völlig offen, wie Abstimmung im britischen Parlament ausgehen wird

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben den neuen Brexit-Vertrag gebilligt, auf den sich Unterhändler der EU und Großbritanniens zuvor geeinigt hatten. Nun müssen noch Britisches Unterhaus und Europaparlament zustimmen. Wie die Abstimmung ausgehen wird, ist offen. Die nordirische Partei DUP hat bereits angekündigt, gegen den Deal zu stimmen Bisher wurden die regierenden Konservativen im britischen Unterhaus von der DUP unterstützt; sie verfügen über keine eigene Mehrheit. Auch die Labour Party lehnt den Deal ab: Vorsitzender Jeremy Corbyn will ein neues Referendum.

EGB begrüßt Einigung zur Irland-Grenze, kritisiert fehlende Arbeitsrechte

Skeptisch zeigt sich der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB/ETUC). "Wir begrüßen die Tatsache, dass es endlich eine Einigung darüber gibt, wie der Frieden geschützt und das Karfreitagsabkommen eingehalten werden kann, indem eine harte Grenze in Irland umgangen wird", sagte Generalsekretär Luca Visentini: "Aber es gibt keine gute Form des Brexit, und dieses Abkommen dürfte die ohnehin schwache Verpflichtung zu ArbeitnehmerInnenrechten weiter verwässern."

Arbeitsrechte in Großbritannien müssen mit EU Schritt halten

Im neuen Deal werde nicht mehr auf gleiche Wettbewerbsbedingungen verwiesen. Stattdessen gebe es nur eine unverbindliche Erklärung, die aktuellen Sozial- und Beschäftigungsstandards beizubehalten. Ein Abkommen, das auch für die arbeitenden Menschen gerecht wäre, müsste gewährleisten, dass die Standards in Großbritannien mit denen in der EU Schritt halten. 

"Dieser Deal sollte nicht durch die europäischen Institutionen gepeitscht werden, um den Brexit aus dem Weg zu räumen. Ganz klar ist eine neue Erweiterung notwendig, um die Konsequenzen angemessen zu berücksichtigen", so Visentini.

UK-Gewerkschaft: Deal wäre ein Desaster für arbeitende Menschen

TUC-Generalsekretärin O’Grady, hatte schon bei Bekanntwerden des Deals getwitter: "Dieser Deal wäre ein Desaster für arbeitende Menschen." Er würde der Wirtschaft schaden, Jobs zerstören, und die ArbeitnehmerInnenrechte würden den bach runtergehen.

Britische ArbeitnehmerInnen haben voll von EU-Sozialstandards profitiert

Das Vereinigte Königreich ist traditionell sehr wirtschaftsliberal, entsprechend stark haben die britischen ArbeitnehmerInnen von den EU-Mindeststandards für ArbeitnehmerInnenschutz profitiert. So hat etwa erst EU-Gesetzgebung dazu geführt, dass auch britische Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf bezahlten Urlaub haben. Der britische TUC fürchtet, dass das Vereinigte Königreich unter Premier Boris Johnson zu einem deregulierten Unternehmerparadies ausgebaut werden soll.

Wesentliche Rechte, die gefährdet sind:

  • Gleiche Entlohnung von Männern und Frauen
  • Elternkarenz
  • Maximalarbeitszeit

Oberstes Verhandlungsziel war für den TUC seit Beginn, dass diese Errungenschaften erhalten bleiben.