
Europabüro und EU
Brexit – Die Gefahr ist noch nicht gebannt
Britische Gewerkschafterin sieht auch mit Johnsons Deal ArbeitnehmerInnen-Rechte in Gefahr - TUC warnt vor Deregulierung
Das britische Parlament wird am 12. Dezember neu gewählt. Premierminister Boris Johnson wollte die Neuwahl, um sein mit Brüssel ausgehandeltes Brexit-Abkommen umzusetzen und Großbritannien schnellstmöglich aus der Europäischen Union zu führen. Seine konservative Regierungspartei hat derzeit aber keine Mehrheit im Unterhaus.
Bereits dritte Verschiebung – um bis zu drei Monate
Johnson hat sein wichtigstes Wahlversprechen bereits gebrochen: "Komme, was wolle", werde er das Land am 31. Oktober aus der EU führen, hatte er angekündigt. Lieber wolle er "tot im Graben" liegen, anstatt eine Verlängerung der Austrittsfrist zu beantragen. Doch er konnte seinen mit der EU nachverhandelten Brexit-Deal nicht rechtzeitig durch das Parlament bringen. So blieb ihm am Ende nichts anderes übrig, als doch zähneknirschend einen Verlängerungsantrag nach Brüssel zu schicken. Die Brexit-Frist wurde um maximal drei Monate verlängert. Es war bereits die dritte Verschiebung.
Gefahr eines ungeregelten Austritts noch nicht gebannt
Der EU-Brexit-Chefverhandler Michel Barnier sieht die Gefahr eines ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union als noch nicht gebannt an. "Wir müssen uns weiter darauf vorbereiten", sagte Barnier am Mittwoch vor dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA/EESC) in Brüssel.
ArbeitnehmerInnen in EU und Großbritannien schützen
„Wie auch immer der Brexit ausgehen wird, wir müssen die Rechte der ArbeitnehmerInnen auf beiden Seiten schützen und sicherstellen, dass der Frieden in Nordirland aufrechterhalten wird“, mahnte Oliver Röpke (EWSA-Arbeitnehmerpräsident, ÖGB).

TUC: Den Brexit-Fans geht es in Wirklichkeit um Deregulierung
Nach wie vor äußerst kritisch betrachtet wird der Brexit-Deal, den Premier Boris Johnson mit der EU-Kommission ausgehandelt hatte, in der britischen Gewerkschaftsbewegung: "Das mit Johnson getroffene Abkommen ist erheblich schlechter“ als das Abkommen mit seiner Vorgängerin Theresa May, „insbesondere was den Schutz von VerbraucherInnen, ArbeitnehmerInnen und der Umwelt betrifft“, sagte Judy McNight vom britischen Gewerkschaftsbund TUC in der EWSA-Debatte mit Barnier: „Aber das war der Plan des Brexit-Teams: Deregulierung.“
Auch die Wirtschaftskraft wird leiden
Aber auch die britische Wirtschaft wird leiden: Der geplante Brexit-Deal werde einer aktuellen Studie zufolge in den kommenden Jahren rund 70 Milliarden Pfund (81 Mrd. Euro) kosten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in zehn Jahren um rund 3,5 Prozent niedriger ausfallen als im Falle einer EU-Mitgliedschaft Großbritanniens, teilte das unabhängige Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung (NIESR) am Mittwoch in London mit. Jährlich werde die Konjunktur um 3 Prozent nachgeben, das entspreche etwa der Wirtschaftskraft von Wales.