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Mindestlohn

EU-Parlament gibt grünes Licht für die Mindestlohn-Richtlinie

Es geht um Lohnerhöhungen für 24 Millionen ArbeitnehmerInnen; Verbesserungsvorschläge der Gewerkschaften angenommen

Die vor allem von Konservativen stark kritisierte  EU-Richtlinie über adäquate Mindestlöhne hat am 25. November eine wichtige Hürde genommen: Das Vorhaben, dessen Umsetzung Lohnerhöhungen für 24 Millionen ArbeitnehmerInnen in der EU bedeuten würde, wurde im EU-Parlament mit großer Mehrheit angenommen.

443 Abgeordnete stimmten für die Umsetzung der Richtlinie, 192 dagegen und 58 enthielten sich der Stimme.  

Keine Eingriffe in bestehende Verträge 

Ziel des Vorhabens ist es, Kollektivverhandlungen zu fördern, Löhne und Gehälter zu verbessern, ohne in bestehende Strukturen und Verträge einzugreifen. Die Richtlinie soll daher erst wirksam werden, wenn die KV-Abdeckung in einem Land nicht mehr gewährleistet ist.  

In diesem Fall müssten nationale Umsetzungspläne und (vorübergehend) gesetzliche Mindestlöhne eingeführt werden. Strittig ist die Frage, welche Abdeckungsrate hoch genug ist, um den Beschäftigten finanzielle Absicherung zu garantieren.

Die EU-Kommission ging in ihrem Entwurf von einer KV-Abdeckungshürde von 70 Prozent aus. Laut EU-Parlament soll die Quote aber auf 80 Prozent erhöht werden. 

Kollektivvertragsweltmeister Österreich 

Österreich wäre als Kollektivvertragsweltmeister von der Richtlinie nicht betroffen, bei uns sind 98 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse durch einen Kollektivvertrag abgesichert. 

Ein Blick über die Grenzen verdeutlicht allerdings den Handlungsbedarf: Die Mindestlöhne in der EU klaffen enorm auseinander – sie liegen zwischen 312 Euro monatlich in Bulgarien und 2.142 Euro in Luxemburg.

Als Hotspot in Europa, was die Arbeitskräfteüberlassung betrifft, würde ein Mindestlohn in Europa auch den Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping in Österreich erleichtern. Der Druck auf Löhne sowie auf ehrliche Unternehmen durch Lohndumping über Entsendungen aus angrenzenden Staaten sinkt, wenn auch dort in Zukunft fairer entlohnt wird. 

Verbesserungsvorschläge der Gewerkschaften angenommen 

Der ÖGB begrüßt den Vorstoß für einen Mindestlohn in Europa wie zahlreiche andere Gewerkschaften. Der EGB (Europäischer Gewerkschaftsbund) hatte einige Verbesserungen im Vergleich zum Kommissions-Entwurf eingebracht, die im aktuellen Entwurf berücksichtigt werden. Unter anderem wurde eine Formulierung gestrichen, die ausdrücklich Abzüge vom Mindestlohn erlaubte und damit Umgehungen erleichtern würde. 

Außerdem sollen Behörden sicherstellen müssen, dass die ausgewählten Auftragnehmer und ihre Subunternehmer die Rolle der Gewerkschaften, aber auch die Rechte der ArbeitnehmerInnen anerkennen und Kollektivverhandlungen führen. 

Mindestlohnrichtlinie Thema beim nächsten EU-Sozial-Gipfel? 

Diese erfolgreiche Abstimmung hat die Verhandlungsposition des EU-Parlaments festgelegt. Sobald sich der Rat ebenfalls auf eine Position verständigt, starten die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament. Die Umsetzung dieses so wichtigen Vorhabens könnte rasch beschleunigt werden: Der slowenische Ratsvorsitz verspricht eine Positionierung schon beim nächsten Gipfeltreffen am 6. Dezember