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Soziale Rechte müssen in der EU Vorrang haben

„Unser Ziel ist ein gutes Leben für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in Österreich, aber auch in Europa“, betonte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian beim gemeinsamen Neujahrsempfang von ÖGB und AK in Brüssel: „Entscheidend ist, wie wir gewährleisten können, dass die Veränderungen nicht auf den Rücken der Menschen ausgetragen werden“.

Auf europäischer Ebene heißt das vor allem, die Soziale Säule der EU konkret umzusetzen und zu stärken. Der ÖGB begrüßt erste positive Signale der Kommission in diese Richtung, ging Katzian auf die aktuelle Debatte um Mindestlöhne in der EU ein: „Die Mindestlohninitiative ist gut, vor allem mit dem Fokus auf Stärkung der Kollektivverträge. Österreich hat ein vorbildliches Kollektivvertrags-System, der ÖGB ist dennoch für eine europäische Initiative. Wir müssen die Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern unterstützen.“ 

EuGH-Urteil mit verheerenden Folgen

Der ÖGB-Präsident sprach auch Rückschläge an, die es auf dem Weg zu sozialem Fortschritt immer wieder gebe, konkret durch aktuelle Urteile des Europäischen Gerichtshofes. Erst vor wenigen Wochen hat der EuGH beispielsweise mit dem sogenannten „Henry-am-Zug-Urteil“ entschieden, dass ungarische Beschäftigte österreichischer Bahnen nicht den österreichischen Kollektivverträgen und nicht dem österreichischem Arbeitsrecht unterliegen.

Soziale Rechte müssen endlich Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten haben.

Wolfgang Katzian

„Soziale Rechte müssen aber endlich Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten haben, um den EuGH-Urteilen und ihren verheerenden Folgewirkungen einen Riegel vorzuschieben. Ansonsten ist die EU weiterhin nicht glaubwürdig in ihrem Engagement der sozialen Säule“, meint Katzian. „Wir werden uns genau anschauen, was der Ankündigung folgt und was ganz konkret vorgeschlagen wird“, ergänzte AK-Präsidentin Renate Anderl, der vor allem die Geschlechtergerechtigkeit am Herzen liegt. Die Kommission will bereits im ersten Quartal 2020 eine neue Strategie zur Geschlechtergleichstellung vorlegen, die auch Vorschläge für verbindliche Maßnahmen zur Lohntransparenz enthalten sollen.

Vertrauen in Europa wiederherstellen

„Wir gehen mit viel Hoffnung und Schwung in das neue Jahr, wir wollen Europa weiterentwickeln und besser machen,“ sagte Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, der eingestand, dass es mancherorts Vertrauensverlust zu Europa gebe.

Wir haben die Pflicht, das Vertrauen in Europa und unsere Zukunft wiederherzustellen. Das ist vor allem für junge Menschen ungeheuer wichtig.

Nicolas Schmit

Europa habe den Menschen Frieden, Sicherheit und sozialen Wohlstand gebracht, auch wenn letzterer in den vergangenen Jahren gelitten habe. Schmit: „Die neue Kommission ist mit einem wertvollen Vorsatz angetreten: Wir wollen eine Wirtschaft, die für die Menschen arbeitet, wir wollen eine Marktwirtschaft mit einem großen sozialen Aspekt.“

Ambitioniertes Programm der Kommission

Für die kommenden fünf Jahre gebe es viele große Fragen und Projekte, vom Mindestlohn, über die Armutsbekämpfung, die Bekämpfung der Kinderarbeit, speziell, guten Arbeitsbedingungen für Plattformarbeit und die Bewältigung der Klimakrise. „Wir haben große Herausforderungen und auch große Chancen. Wir werden überall in die Städte Europas gehen und mit den Menschen direkt diskutieren. Denn nur mit den Menschen gemeinsam können wir dieses Projekt Europa schaffen.“