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Europa

Starke Beschäftigte, starke Netze

Europas Weg zur gerechten Energiewende

Der großflächige Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel hat eindrücklich gezeigt, wie verwundbar selbst entwickelte Energiesysteme in Europa sein können. Innerhalb weniger Minuten standen Millionen Haushalte ohne Strom da – eine Erinnerung, dass Europas Stromnetze resilienter und krisenfester gestaltet werden müssen.

Moderne Netze als sicheres Fundament der Energiewende

Bis 2030 soll der Stromverbrauch in Europa um 60 % steigen – vor allem durch die Elektrifizierung von Verkehr, Industrie und Heizung sowie die Produktion von Wasserstoff. Damit das gelingt, müssen die Stromnetze schnell und umfassend ausgebaut und modernisiert werden. Die Integration dezentraler erneuerbarer Energiequellen, Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und neue Speicherlösungen stellt dabei hohe Anforderungen an Technik und Management.

Doch die aktuelle Infrastruktur ist vielerorts veraltet, die Genehmigungsverfahren langwierig und die Finanzierungslasten sind unausgewogen. Die Europäische Kommission rechnet mit einem Investitionsbedarf von rund 584 Milliarden Euro bis 2030.

Stabile Energieversorgung als Standortfaktor und soziales Gut

Auch für Österreich ist das Thema von zentraler Bedeutung. Als energieintensives Industrieland mit starkem Fokus auf erneuerbare Energien ist eine stabile und gut vernetzte Strominfrastruktur essenziell. Der zunehmende Ausbau von Photovoltaik und Windkraft, insbesondere in ländlichen Regionen, erfordert massive Investitionen in regionale Verteilnetze und Speicherlösungen. Gleichzeitig ist die Versorgungssicherheit ein entscheidender Standortfaktor für die exportorientierte Industrie und ein soziales Grundrecht für die Bevölkerung. Österreich und die Europäische Union brauchen eine zukunftssichere Netzinfrastruktur, die mit der Energiewende Schritt halten kann – und qualifiziertes Personal, das diese Entwicklung begleitet.

Menschen im Mittelpunkt: Qualifikation, Sicherheit, faire Löhne

Europas Gewerkschaften fordern daher eindringlich rechtzeitige und massive Investitionen in Aus- und Weiterbildung, die Schaffung hochwertiger Jobs und einen stärkeren sozialen Dialog. Neue Berufsbilder, technische Anforderungen und Gesundheitsrisiken erfordern gezielte Weiterbildungsprogramme und sichere Arbeitsbedingungen – insbesondere in Zeiten zunehmender Cybergefahren und klimabedingter Extremwetterereignisse.

Nur wenn Arbeitsbedingungen und Löhne stimmen, lassen sich ausreichend Fachkräfte für den Energiesektor gewinnen und halten. Der Energiesektor muss attraktiver werden – durch Diversität, Entwicklungsperspektiven und kollektivvertraglich gesicherte Rechte. Die Rolle der Gewerkschaften ist dabei zentral und muss auch auf EU-Ebene gestärkt werden.

Mehr Resilienz durch industrielle Souveränität und strategische Planung

Eine resiliente europäische Energiewertschöpfungskette von der Produktion bis zur Wartung ist ebenso essenziell wie der Schutz kritischer Rohstoffe und Komponenten. Akteurinnen wie die europäische Industriegewerkschaft IndustriALL und der europäische Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EPSU) fordern vollkommen zu Recht eine koordinierte Industriepolitik, die lokale Produktionskapazitäten, Recycling und Innovation in der Energietechnik stärkt. Auch die Rolle des öffentlichen Sektors muss gestärkt werden. Privatisierung und kurzfristige Profitorientierung haben in der Vergangenheit zu Unterinvestitionen und steigenden Strompreisen geführt. Eine EU-weite öffentliche Energieagentur könnte Planung, Finanzierung und Umsetzung langfristig steuern.

Stromnetze sind Daseinsvorsorge – keine Frage der Geldbörse

Eine gerechte Energiewende kann auch nicht durch höhere Netzentgelte allein finanziert werden. Neben privaten Investitionen braucht es gezielte öffentliche Mittel, insbesondere für weniger finanzstarke Mitgliedstaaten. EU-Finanzinstrumente wie der Kohäsions- und der Modernisierungsfonds müssen ausgebaut und stärker an soziale Bedingungen geknüpft werden, etwa die Sicherung kollektivvertraglicher Tarifbindung, guten Arbeitsbedingungen und Weiterbildungsmaßnahmen.

Der Ausbau der Stromnetze ist mehr als ein technisches Projekt, er ist ein sozialpolitisches Vorhaben von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Eine gerechte Energiewende braucht starke Netze, hohe Arbeitsqualität und politische Entschlossenheit. Nur wenn die Beschäftigten von Anfang an eingebunden sind, kann Europa seine Klimaziele erreichen und seine soziale wie wirtschaftliche Widerstandskraft stärken.

 

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