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Horn: "Der Euro ist unter die Räuber gefallen"

ÖGB-Präsident Erich Foglar und Ökonom Gustav Horn sprachen sich für eine Kehrtwende in der Europäischen Politik aus. Die bisherige Krisenbekämpfung habe die Krise verschlimmert, nicht gelöst. Gute Lohnerhöhungen in einzelnen Ländern nutzen ganz Europa, meinte Horn. Die Menschen müssten in Europa wichtiger sein als das Geld, sagte ÖGB-Präsident Erich Foglar.

„Seit fünf Jahren sind wir im Krisenmodus, es werden inzwischen sechs“, sagte Professor Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf. „Wir haben die tiefste Rezession der Nachkriegszeit und höchste Arbeitslosigkeit. Mittlerweile steht der wirtschaftliche Zusammenhalt in Europa zur Debatte, die Zustimmung zu Europa schrumpft, der Euro wird angezweifelt. Ich halte das für einen falschen Weg.“ Der Euro sei als historisches Projekt gestartet worden, er sollte vor Spekulationsattacken schützen, so Horn. „All das ist durch den Euro abgeschafft worden, denn wie hätten in Europa die verschiedene Währungen reagiert ohne Euro, was hätte das für die Industriebereiche bedeutet?“

„Der Euro ist unter die Räuber gefallen, in die falschen Hände geraten, er wird benutzt, um ein neoliberales Politikkonzept zu verwirklichen“, kritisierte Horn. Der Euro sei jenen in die Hände gefallen, die glauben, man müsse die Sozialpartnerschaft überwinden, die Löhne niedrig halten, die Sozialsysteme beschränken und den Staatseinfluss zurückdrängen. „Dieses Konzept raubt dem Euro seine Grundlage. Wir brauchen eine Kehrtwende, wir müssen den Räubern den Euro wieder entreißen. Das bedeutet eine wirtschaftspolitische Wende, denn die bisherige Krisenpolitik sei bisher gescheitert.“

Man müsse wirtschaftspolitisch jenen Länder in Europa unter die Arme greifen, die in der Krise seien, und auch die eigene Wirtschaft stärker in Gang bringen. Horn: „Wenn ihr anständige Lohnerhöhungen durchsetzt, dann arbeitet ihr für die ArbeitnehmerInnen, aber auch für Europa, denn das kommt auch anderen Ländern zugute.“ „Unser Plus ist euer Plus“, zitierte Horn in diesem Sinn die IG Metall, Länder mit guten Löhnen müssten als „Lokomotive dienen, um die anderen aus der Krise herauszuziehen.“

„Die europäische Politik muss den Menschen wieder in den Mittelpunkt rücken und nicht das Geld“, sagte ÖGB-Präsident Erich Foglar. „Die Krise hat die Konstruktionsfehler der EU aufgedeckt und bewusst gemacht, dass die Menschen längst eine Schicksalsgemeinschaft sind – wohlgemerkt die Menschen, nicht die Staaten.“ Die Kernfrage sei, wohin sich die EU entwickeln solle. Foglar: „Wir fordern ein Europa, in dem Wachstum und Beschäftigung wichtig sind und in dem der soziale Dialog eine große Rolle spielt. Wir wollen, dass die Jugend Zukunftsperspektiven hat.

Größte Hürde derzeit sind die wirtschaftlichen Ungleichgewichte und der entfesselte Finanzkapitalismus. „Das Motto des Kongresses ‚Unsere Mission: Gerechtigkeit’ muss man auch aus der europäischen Perspektive betrachten“, so Foglar. Auch in Europa gehe es um mehr Gerechtigkeit, um Verteilung, Mitbestimmung, Chancengleichheit und soziale Sicherheit.