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Mindestsicherung

Die Regierung wird nächste Woche ihre Reformpläne für die bedarfsorientierte Mindestsicherung präsentieren. Nach allem, was bis jetzt zu hören war, drohen drastische Kürzungen. Betroffen wären vor allem Kinder. Wir haben uns das derzeitige System der Mindestsicherung angeschaut:

Wofür gibt es die bedarfsorientierte Mindestsicherung?

Als letztes soziales Netz hat die bedarfsorientierte Mindestsicherung die Aufgabe, einen absoluten Mindeststandard zu sichern, der ein Abrutschen in die Armut verhindert und für alle Menschen ein Leben in Würde möglich macht. Sie wurde 2010 beschlossen und vom ÖGB ausdrücklich begrüßt. Das Ziel war, allen Menschen, die ihren Bedarf nicht aus eigener Kraft decken können, zu unterstützen, vor Armut zu schützen und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen: Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, einheitlich in ganz Österreich.

Ab Ende 2016 kam es aber wieder zu stark unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern.

Reduziert man die Leistungen, kann man in Österreich kein menschenwürdiges Leben führen. Eine Begrenzung würde de facto fast ausschließlich Kinder treffen, da mit der Deckelung die Kinderzuschläge gestrichen werden.

Wer hat das Recht auf Mindestsicherung?

Anspruchsberechtigt sind Menschen,

  • deren Haushaltseinkommen unter den Mindeststandards der bedarfsorientierten Mindestsicherung liegen,
  • die ihren Hauptwohnsitz bzw. ihren dauernden Aufenthalt in Österreich haben,
  • deren jeweiliger Bedarf nicht durch eigene Mittel gedeckt werden kann
  • und bei denen Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft besteht (ausg.: Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben; Menschen mit Betreuungspflichten für Kinder, die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sofern keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist; Personen, die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkranken Kindern leisten; Personen, die in einer bereits vor der Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen Erwerbs- und Schulausbildung stehen).
  • Erwerbstätige mit sehr geringem Einkommen und Menschen, deren Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe niedriger ist als die Mindeststandards der bedarfsorientierten Mindestsicherung, können eine ergänzende Mindestsicherungsleistung beziehen („Aufstocker“).

Wer bekommt Mindestsicherung?

Der Großteil bezieht eine Ergänzungsleistung, also zusätzlich zum Arbeitslosengeld, zur  Notstandshilfe oder zum Einkommen, weil dieses zu gering ist.

Ein Drittel der mit Mindestsicherung unterstützten Menschen sind minderjährig.

83.818 minderjährige Kinder leben in Haushalten mit Mindestsicherung. Von den Frauen als Betroffenengruppe abgesehen, bildeten die Alleinstehenden die größte Unterstütztengruppe (37 Prozent der Personen), gefolgt von den Paaren mit Kindern (32 Prozent) und den Alleinerziehenden (15 Prozent).

Was bedeutet Mindestsicherung für Kinder?

Die Mindestsicherung stellt wirklich nur einen absoluten Mindeststandard da – und sie ist sicher alles andere als ein Luxus. Kinder, die von der Mindestsicherung abhängig sind, werden manchmal ausgegrenzt, weil sie zum Beispiel nicht an Schulveranstaltungen teilnehmen können, weil dafür zu wenig Geld da ist. Worauf Kinder aus Mindestsicherungs-Haushalten verzichten müssen (Quelle: Diakonie):

Welche Bedingungen gelten bei der Mindestsicherung?

Die Voraussetzungen sind sehr streng, viel strenger als zum Beispiel bei der Notstandshilfe. Arbeitsbereitschaft ist sowieso Voraussetzung, außer bei den Menschen, die zum Beispiel wegen einer Behinderung oder einer Krankheit nicht arbeiten können.

Um Mindestsicherung zu bekommen, reicht es nicht aus, gar kein oder ein sehr niedriges Einkommen zu haben. Auch das Einkommen des Partners/der Partnerin wird angerechnet. Selbstbestimmung ade! Auch besitzen darf man so gut wie gar nichts. Für die Mindestsicherung wird jedes Eigentum über einer Grenze von rund 4.200 Euro gegengerechnet - die eigene Wohnung oder das kleine Haus, das Familienauto, das Ersparte. Wer nach dem Bezug der Mindestsicherung wieder einen Job findet, hat dann unter Umständen trotzdem den Staat im Grundbuch des Hauses oder der Wohnung stehen und muss jeden einzelnen Euro den er/sie an Unterstützung erhalten hat wieder zurückzahlen.

Oder anders herum gesagt: Viele, die im Eigenheim wohnen, und sei es auch noch so baufällig, beantragen gar nicht erst Mindestsicherung – um zu verhindern, dass die Wohnung dann nicht mehr ihnen gehört.

Welche Reformen fordert der ÖGB bei der Mindestsicherung?

  • Wiedereinführung von bundeseinheitlichen, armutsverhindernden und existenzsichernden Regelungen über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung
  • Keine Deckelung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und anderer, zusätzlich ausbezahlter Sozial- und Familienleistungen, da das vor allem Familien mit Kindern trifft.
  • Bedürftigkeit der Menschen als einziges Kriterium. Keine Mindestsicherung light für Asylberechtigte und Menschen, die in den letzten Jahren nicht durchgehend in Österreich gelebt haben.
  • BMS-BezieherInnen müssen besseren Zugang zu Arbeitsmarktförderung sowie Aus- und Weiterbildung bekommen. Nur so können sie der Armutsfalle dauerhaft entkommen. Und nur so kann Altersarmut verhindert werden, denn während der Mindestsicherung erwirbt man keinen Pensionsanspruch.
  • Erhöhung des Vermögensfreibetrages für jene Menschen, die zuvor bereits längere Zeit erwerbstätig waren.

Können wir uns die Mindestsicherung leisten?

Nur 0,9 Prozent der österreichischen Sozialausgaben werden für die Mindestsicherung aufgewendet und damit nur ein Bruchteil dessen, was etwa für die Bereiche Invalidität, Alter, Krankheit oder für Familienleistungen verwendet wird.

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