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Arbeitsmarktpolitik

Sozialplan und Arbeitsstiftung?

Gewerkschaftliche Unterstützungsmaßnahmen für den Krisenfall

Die Belegschaft des MAN-Werks Steyr hat Mitte April 2021 gegen die Übernahmepläne von Investor Wolf gestimmt. Nun haben die Verhandlungen über einen neuen Sozialplan begonnen. Laut Wifo seien bundesweit 5.900 Jobs bedroht.

Was ein Sozialplan ist und was eine Arbeitsstiftung damit zu tun hat, haben wir uns aufgrund der aktuellen Situation bei MAN Steyr genauer angesehen. Toni Steinmetz, Landesekretär der Gewerkschaft PRO-GE in Wien, erklärt im Interview die Grundbegriffe.

oegb.at: Aktuell wird im Zusammenhang mit der Schließung des MAN Werks in Steyr über einen Sozialplan verhandelt. Was bedeutet das für die Beschäftigten? Was ist das genau?

Wenn es in einem Betrieb wesentliche Änderungen wie Übernahmen, Fusionen oder Schließungen gibt, bei denen die Gefahr besteht, dass Personal abgebaut wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ehestmöglich den Betriebsrat zu informieren. Dieser handelt dann eine Betriebsvereinbarung aus und vereinbart Maßnahmen, die die negativen Auswirkungen für die Beschäftigten möglichst geringhalten sollen. Die Betriebsvereinbarung nennt man in diesem Fall Sozialplan. Weigert sich der Arbeitgeber, kann der Betriebsrat die Erstellung eines Sozialplans vor Gericht erzwingen.

oegb.at: Was beinhaltet ein Sozialplan im Detail?

Ziel ist es natürlich, möglichst viele Personen in Beschäftigung zu halten. Daher wird zuerst geschaut, ob man die Beschäftigten anderweitig im Betrieb einsetzen kann.

Zusätzlich werden Kriterien festgelegt, welche Lebensumstände der Beschäftigten bei Kündigungen besonders zu berücksichtigen sind wie Sorgepflichten für Kinder oder pflegebedürftige Personen, Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Qualifikation und Nachfrage am Arbeitsmarkt oder auch spezielle Bedürfnisse. Menschen mit Behinderung oder im Alter von 50+ haben es am Arbeitsmarkt beispielsweise viel schwieriger. Anhand der im Sozialplan festgelegten Kriterien stehen den MitarbeiterInnen je nach persönlicher Lebenssituation und Betroffenheit finanzielle Ansprüche zu – in Form einer freiwilligen zusätzlichen Abfertigung vom Betrieb. Im Gegenzug verzichten die MitarbeiterInnen auf eine Kündigungsanfechtung vor Gericht.

oegb.at: Welche Rolle spielt dabei die oft erwähnte Arbeitsstiftung?

Arbeitsstiftungen bieten im Krisenfall zusätzliche Möglichkeiten zur beruflichen Umschulung und Qualifizierung für von Arbeitslosigkeit betroffene Personen. Sie müssen vom Arbeitgeber mitfinanziert werden und je mehr dieser investiert, desto mehr Leistungen können für die betroffenen MitarbeiterInnen zur Verfügung gestellt werden.

Nach einer Orientierungsphase von max. 6 Wochen können im Rahmen der Arbeitsstiftung bis zu drei Jahre lang Weiterbildungen und Ausbildungen wie eine Lehre oder ein Studium absolviert werden. So haben auch hochqualifizierte Spezialisten die Chance wieder in anderen Bereichen am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und ihren Lebensstandard zu halten.

Die Arbeitsstiftungen werden über Stiftungsträger abgewickelt. In Wien ist beispielsweise der waff (= ArbeitnehmerInnen Förderungsfond) gemeinsam mit dem AMS (=Arbeitsmarktservice) dafür zuständig. In den Bundesländern ist das unterschiedlich geregelt. Zusätzlich gibt auch dauerhaft eingerichtete Stiftungen wie die Stahlstiftung der voestalpine, die MitarbeiterInnen, die aus strukturellen Veränderungen ihre Arbeitplätze verlieren, ein Auffangnetz bieten. Die 1. große Arbeitsstiftung, die Aufleb-Stiftung, wurde bereits 1995 im Zuge des österreichischen EU-Beitritts als Stiftung für die gesamte Lebensmittelbranche eingereichtet.

Betriebsräte sind die starke Stimme im Job

Von starken Betriebsräten profitieren alle: Betriebsräte können unter anderem höhere Einkommen und Sozialleistungen verhandeln, für mehr Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität sorgen und sich für bessere und gesündere Arbeitsbedingungen einsetzen. Und: Auch ein Sozialplan kann nur mit einem Betriebsrat verhandelt werden.

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Podcast "Betriebsrat: Die starke Stimme im Job"

Wir besprechen mit Arbeitsrechtsexpertin Charlotte Reiff und Betriebsrat Oliver Weissgerber,  was die rund 70.000 BetriebsrätInnen antreibt, wie man einen neuen Betriebsrat installiert und was BetriebsrätInnen schlaflose Nächte bereitet.