Zum Hauptinhalt wechseln
Adobe Stock

Post-Zulieferer: „Es sind einfach viel zu viele Pakete”

Für KonsumentInnen ist der Online-Einkauf heutzutage so einfach wie nie zuvor: Produkt auswählen, in den digitalen Warenkorb legen, bezahlen. Ein paar Tage später ist das Paket da. Die stillen Heldinnen dieses Turbo-Konsums stehen dabei im Hintergrund. Sie bekommen weder einen Bonus, noch haben sie an gesetzlichen Feiertagen frei. Paketzustellerin Eva Rössler, die vom ORF (siehe Video unten) dazu interviewt wurde, kämpft sich durch 200 Pakerl am Tag und das sechs Mal die Woche: „Man hat keine anderen privaten Termine mehr, man geht nach der Arbeit nur mehr schlafen." Vor diesem Hintergrund hat oegb.at mit einem Zulieferer (der anonym bleiben will) gesprochen - auch er hat ähnliche Erfahrungen gemacht.

Richard Köhler, Vorsitzender der Gewerkschaft GPF (Gewerkschafts für Post- und Fernemeldebedienstete), über die prekären Arbeitsbedingungen bei den ZuliefererInnen

Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei dir aus?

Mein Wecker läutet um 5:10 Uhr. Ich steh auf, mache mich fertig, gehe schnell mit dem Hund hinaus und dann geht es mit dem Postwagen ab zum Paketzentrum. Um 6 Uhr bin ich dort. Dann beginne ich, die Pakete einzuladen. Die Ladedauer richtet sich nach dem Paketzugang. Bei 130 Paketen dauert die Ladezeit etwa 70 Minuten. Gerade heute hatte ich 250 Pakete, also habe ich zirka 120 Minuten gebraucht. Dann beginne ich mit der Zustellung. Bei normaler Auslastung brauche ich für 130 Pakete zirka bis 13:30 Uhr. Jetzt zur Vorweihnachtszeit ist es schon finster, wenn ich fertig bin.

Machst du also täglich Überstunden?

Ja. Mein vorgegebenes Arbeitspensum beträgt zirka 130 Pakete. In der jetzigen Zeit beträgt der Durchschnitt aber rund 200 Pakete. Also mache ich jeden Tag Überstunden.

Was ist schlimmer für dich, der Black Friday oder die Vorweihnachtszeit?

Die Frage stellt sich für mich dieses Jahr gar nicht. Seit der Corona-Pandemie erleben wir einen enormen Boom. Wir haben heuer ein Paketaufkommen wie in der Vorweihnachtszeit und am Black Friday zusammen.

Wie geht es dir dabei in der Arbeit?

Um es ganz einfach zu formulieren: Es sind viel zu viele Pakete und es gibt zu wenig Personal. Ich bin schon seit über 30 Jahren bei der Post beschäftigt, aber die letzte Zeit ist extrem anstrengend für mich. Damit man sich ein Bild machen kann: Normalerweise stehen bei uns zwei oder drei Container mit Waren. Jetzt kommt man in der Früh in die Zentrale und es stehen sieben, acht oder manchmal neun Container da. Es gibt auch einen Platzmangel. Die Pakete müssen natürlich geschlichtet und sortiert werden. Manche Pakete hast du dann drei bis vier Mal in der Hand.

„Normalerweise stehen bei uns zwei oder drei Container mit Waren. Jetzt kommt man in der Früh in die Zentrale und es stehen sieben, acht oder manchmal neun Container da."Anonymer Postzulieferer

Sind da auch sperrige oder sehr schwere Sachen dabei?

Wenn man das Gewicht, welches man einzeln als Paket trägt, summiert, dann ist man da täglich schon im Tonnenbereich. Pakete, die mehr als 30 Kilo wiegen, stehen auf der Tagesordnung. Wir haben aber auch Pakete, die 60 bis 90 Kilogramm wiegen. Wenn du mit dem dann noch in den dritten Stock musst, dann hattest du einen tollen Tag. Da ist alles Mögliche dabei: Sperrgut, Drehsesseln, Kästen, Sitzgarnituren – alles wird von uns zugestellt. Manchmal komme ich mir vor wie eine Spedition.

Musst du dieses Jahr auch am 24. Dezember arbeiten?

Also der 24. ist bei uns ein normaler Arbeitstag. Ich muss aber fairerweise sagen, dass wir an diesem Datum nicht die volle Arbeitsleistung erbringen müssen. Da werden wichtige EMS-Pakete und Pakete, die nach Weihnachtspaketen aussehen, noch zugestellt. Kann natürlich heuer anders sein. Neue Chefs – neue Anweisungen.

Was würdest du dir, als jemand, der in der Zulieferung tätig ist, für die Zukunft wünschen?

Ich mag meinen Job und er macht mir auch Spaß - auch wenn er wirklich anstrengend ist. Für mich überwiegen jetzt noch die Vorteile. Aber ich bekomme auch mit, dass sich der Wind bei uns dreht und dass sich dadurch die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Mein Wunsch für die Zukunft geht deshalb an das Unternehmen: Lasst uns in Ruhe arbeiten und macht uns nicht noch mehr Stress!