
Runter mit der Arbeitszeit statt kollektivem Burnout
Die Online-Giganten „Bumble“ und „Zalando“ ziehen die Reißleine – die Dating-App sowie der Modehändler schicken ihre ausgebrannten MitarbeiterInnen auf Zwangsurlaub. Die Lockdown-Profiteure wollen so einem kollektiven Burnout zuvorkommen und die hohe Stressbelastung in der Coronazeit ausgleichen.
In vielen Medien wird der Sonderurlaub als „innovativ“ gefeiert - anders sieht das der ÖGB-Arbeitsrechtsexperte Martin Müller: „Wenn die Beschäftigten chronisch überlastet sind, dann ist das ein klares Zeichen dafür, dass zu wenig Personal eingesetzt wird. Ist genug Personal im Dienst, dann fallen auch weniger Überstunden an und die Menschen haben mehr Möglichkeiten und mehr Zeit, sich zu erholen.“

Dauerstress auch bei Beschäftigten in Österreich
Mehrarbeit en masse ist auch den Beschäftigten in Österreich nicht fremd: 250 Millionen Überstunden - fast jede 5. davon unbezahlt - haben sie vor der Krise geleistet.
Mehr Personal einzustellen, um von dieser enormen Zahl herunterzukommen sowie Burnout und Stress am Arbeitsplatz zu verhindern, ist aber nur ein Weg. „Die Zeit ist reif für die nächste gesetzliche Arbeitszeitverkürzung. Die letzte ist schon 45 Jahre her. Wir wissen, dass sich jede/r zweite Beschäftigte in Österreich eine deutliche Arbeitszeitverkürzung wünscht“, so Müller.
Ausgeruhe MitarbeiterInnen sind produktiver und seltener im Krankenstand.
Arbeitszeitverkürzung schafft Arbeitsplätze
Von kürzeren Arbeitszeiten profitieren alle. „Ausgeruhte MitarbeiterInnen sind produktiver und seltener im Krankenstand. Von besserer Gesundheit durch kürzere Arbeitszeit hat auch die Volkswirtschaft etwas. Krankheiten verursachen immense Kosten“, betont Müller.
Und: kürzere Arbeitszeiten sorgen auch dafür, dass mehr Menschen einen Job finden – gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist die bessere Verteilung von Arbeit unumgänglich, wie auch Studien der Uni Wien zeigen.
Mehr Urlaub für alle
Eine Arbeitszeitverkürzung kommt für den ÖGB aber „nur bei vollem Lohn- und Personalausgleich in Frage“. Niemand soll also weniger verdienen, das vorhandene Arbeitsvolumen soll auf mehr Menschen aufgeteilt werden.
Mehr Freizeit bekämen die Menschen aber auch durch eine leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche – auch dafür spricht sich der ÖGB aus.
„Um den Druck in der Arbeit zu verkleinern, ist aber auch die Planbarkeit und Selbstbestimmung wichtig. Wenn ich mein Leben und meine Freizeit wegen permanenter Überstunden nicht gestalten kann, dann belastet mich das noch mehr, als wenn es vorhersehbar und einteilbar ist“, ist Müller überzeugt.
Runter mit der Arbeitszeit jetzt
Beschäftigte brauchen keine vermeintlich innovativen Ideen wie „Zwangsurlaube“, um ihre Batterien wieder aufzuladen.
Österreich ist bereit für eine Arbeitszeitverkürzung - damit die Menschen mehr Zeit für die Familien, FreundInnen und Hobbys haben und gesünder und produktiver im Job sind.