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Teilkrankenstand gibt es nicht - aus gutem Grund!

Seit Jahren sinken in Österreich die Krankenstände – was auf den ersten Blick positiv scheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als großes Problem: Immer mehr Menschen schleppen sich nämlich krank in die Arbeit.

Gerade in Krisenzeiten haben viele Angst davor, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und setzen damit ihre Gesundheit aufs Spiel. Immer wieder gibt es Rufe aus der Wirtschaft, dass es in Österreich einen „Teilkrankenstand“ geben soll: Nicht jede Erkrankung soll demnach automatisch zum Krankenstand und Arbeitsausfall führen. 

„Das ist ein Anschlag auf die Gesundheit der Beschäftigten. Wer Teilkrankenstände fordert, nutzt die Arbeitsplatzsorgen der Betroffen aus und will sie unter Druck setzen“, so ÖGB-Arbeitsrechtsexperte Martin Müller.

Für oegb.at erklärt der Arbeitsrechtsexperte, welche Rechte ArbeitnehmerInnen haben, wenn sie krank sind. 

©lisalux2018

Wer Teilkrankenstände fordert, nutzt die Arbeitsplatzsorgen der Betroffen aus und will sie unter Druck setzen.

Martin Müller, ÖGB-Arbeitsrechtsexperte

1. Ich fühle mich krank, darf ich einfach zu Hause bleiben bzw. was muss ich tun?

Wer sich krank fühlt, geht am besten zu einem Arzt oder einer Ärztin.

Erstens, weil eine Erkrankung ärztlich behandelt werden sollte und zweitens, weil nur ein Arzt/eine Ärztin mir eine Bestätigung über meine Erkrankung bzw. Arbeitsunfähigkeit ausstellen kann. Der Arbeitgeber muss diese nicht verlangen, tut dies aber in aller Regel. Und er kann diese Bestätigung auch für einen einzelnen Tag verlangen.

Außerdem sollte man dem Arbeitgeber natürlich Bescheid geben, dass man erkrankt ist und deshalb nicht zur Arbeit kommt. 

2. Wer entscheidet, ob ich arbeiten gehen kann oder krank bin?

Im ersten Schritt entscheide ich natürlich selbst, ob ich mich fit genug für die Arbeit fühle.

Ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, entscheidet aber der Hausarzt bzw. die Hausärztin.

Die Arbeitsunfähigkeit kann regelmäßig – auch auf Verlangen meines Arbeitgebers - von einem Kontrollarzt der Krankenkasse überprüft werden. 

3. Gibt es in Österreich einen Teilkrankenstand?

Nein, es gibt nur „arbeitsfähig“ und „nicht arbeitsfähig“.

Wie sollte auch ein „teilweise arbeitsfähig“ aussehen? Wie soll mein Arzt/meine Ärztin beurteilen können, welche Tätigkeiten aus meinem Tätigkeitsbereich ich machen kann und welche nicht? Oder auch, wie viele Stunden pro Tag oder pro Woche ich arbeitsfähig bin und wie viele nicht?

Außerdem ist es in den allermeisten Fällen keine gute Idee, arbeiten zu gehen, wenn man gesund werden will. Wer zu früh arbeiten geht, ist oft dann noch länger krank. 

4. Kann mich der Arbeitgeber entlassen, weil ich im Krankenstand bin und nicht zur Arbeit komme?

Nein, der Krankenstand ist eine gerechtfertigte Dienstverhinderung. Ich kann nicht deshalb entlassen werden, weil ich krankgeschrieben bin und nicht zur Arbeit komme. 

Fälschlicherweise zu behaupten, krank zu sein und nicht arbeiten zu gehen, wäre hingegen sehr wohl ein Entlassungsgrund! 

5. Muss ich meinem Arbeitsgeber sagen, warum ich krank bin?

Ich muss ihm sagen, ob ich erkrankt bin oder wegen eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig bin.

Die Diagnose meiner Erkrankung, also was ich habe, muss ich ihm nicht sagen

6. Muss ich ihm sagen, wie lange ich von einem Arzt/einer Ärztin krankgeschrieben bin?

Ich muss dem Arbeitgeber mitteilen, wie lange ich voraussichtlich krank bin oder – falls dies nicht absehbar ist –, wann ich zur Kontrolle beim Arzt/bei der Ärztin wiederbestellt bin.

7. Ich habe mir den Fuß gebrochen und mein Arbeitgeber will, dass ich im Homeoffice arbeite. Muss ich das?

Grundsätzlich soll der Krankenstand dazu dienen, wieder gesund zu werden.  

Wenn mein Hausarzt/meine Hausärztin feststellt, dass ich nicht arbeitsfähig bin, dann gilt das auch für das Homeoffice

Teilweise arbeiten im Homeoffice bedeutet erst recht wieder „Teilkrankenstand“und einen solchen gibt es nicht (siehe Punkt 3)

8. Bedeutet Krankheit automatisch, dass ich nicht arbeiten gehen kann?

Welche Krankheiten oder Unfälle zur Arbeitsunfähigkeit führen, kann nicht generell gesagt werden, da immer der Bezug zur jeweiligen Beschäftigung herzustellen ist.

Dieselbe Erkrankung (z. B. Heiserkeit) kann bei einem Opernsänger bereits zur Dienstverhinderung führen, bei einem Büroangestellten dagegen nicht. 

Leide ich unter einer chronischen Erkrankung, bin ich lange Zeit krank, aber nur in den akuten Phasen bin ich auch arbeitsunfähig. 

9. Ich bin für zehn Tage krankgeschrieben, aber fühle mich nach fünf Tagen wieder völlig fit. Kann ich selbst entscheiden, dass ich wieder in die Arbeit gehe?

Grundsätzlich sollte es ein Arzt/eine Ärztin beurteilen, wann man wieder gefahrlos arbeiten gehen kann. 

Es ist aber möglich, sich selbst vom Krankenstand abzumelden. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass eine neuerliche Verschlechterung der Krankheit eintreten kann. 

 

 

 

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