Gesundheitsvorsorge
Gesundheit nah am Menschen
Das Primärversorgungszentrum in Klagenfurt zeigt, wie gute Versorgung für alle funktionieren kann – und warum es mehr solche Zentren braucht.
7 Uhr morgens in Klagenfurt. Im „Medineum“ gehen die Türen auf, die ersten Patient:innen nehmen im Wartebereich Platz. Eine Mutter kommt mit ihrem Kind, ein älterer Herr lässt seinen Blutdruck messen. Hier im Primärversorgungszentrum (PVZ) in Kärnten kümmern sich Ärzte und Ärztinnen, Pflegekräfte und Therapeutinnen und Therapeuten gemeinsam um die Menschen – und zeigen, wie wohnortnahe Gesundheitsversorgung funktionieren kann.
Patient:innen und Beschäftigte profitieren
„Wir haben täglich rund 350 Patient:innenkontakte und verzeichnen einen zunehmenden Patient:innenstrom“, erzählt Manuel Treven, einer der vier Ärzte des Medineums. „Als einziges Primärversorgungszentrum in Kärnten werden wir das Gesundheitssystem zwar nicht retten können, aber wir können es definitiv etwas entlasten.“ Das ist auch dringend nötig. Viele Hausärzt:innen stehen kurz vor der Pension, Spitalsambulanzen sind am Limit.
PVZ sollen hier Abhilfe schaffen: Sie bieten längere Öffnungszeiten, ein breites Team an Gesundheitsberufen unter einem Dach und moderne Diagnosemöglichkeiten direkt vor Ort. Im Medineum sind das vier Ärzt:innen, neun Ordinationsassistent:innen, vier diplomierte Pflegekräfte, sechs Ergo- und Physiotherapeut:innen sowie drei Sozialarbeiter:innen. „Im Medineum kann ich meine fachliche Qualität und mein Know-how gut einsetzen und Menschen individuell behandeln. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit schätze ich sehr“, betont auch Jacqueline Schenk, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Ein eigenes Labor sorgt dafür, dass Untersuchungen sofort ausgewertet werden können – das spart Zeit und Wege. Zudem ist das Medineum Montag bis Freitag durchgängig von 7 bis 19 Uhr geöffnet.
„Mein Ziel sind 300 Primärversorgungseinheiten bis zum Jahr 2030 – und damit rund ein Drittel der Bevölkerung zu versorgen.
Positive Rückmeldungen gibt es auch von den Spitalsambulanzen. „Durch eine richtige Vordiagnostik können Patient:innen direkt auf der richtigen Versorgungsstufe weiterbehandelt werden. Das spart natürlich Ressourcen“, berichtet Treven.
Vier neue Zentren in Kärnten geplant
Dass Kärnten mehr solche Zentren braucht, ist unbestritten. „Vier weitere sind aktuell geplant“, erklärt René Willegger, Landesvorsitzender des ÖGB Kärnten. „Sie werden in Spittal an der Drau, Villach, Bleiburg und Wolfsberg entstehen. Der regionale Strukturplan Gesundheit sieht weiters vor, dass bis zum Jahr 2030 in jeder Bezirkshauptstadt zumindest ein Primärversorgungszentrum errichtet wird.“ Doch nicht nur in Kärnten soll die Zahl der Primärversorgungszentren steigen: Geht es nach dem Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, soll österreichweit diese Zahl von aktuell 114 bis Ende 2030 auf 300 steigen. „Moderne Medizin ist Teamarbeit. In PVZ, wo auch Sozialarbeiter:innen und Psychotherapeut:innen tätig sind, werden etwa Kinder und Jugendliche bestens versorgt – das kann eine Einzelpraxis nicht leisten“, betont Huss.
Primärversorgung in Österreich – schnell, flexibel, nah
Aktuell gibt es österreichweit 114 Primärversorgungseinheiten, davon 14 für Kinder. Sie bieten längere und flexiblere Öffnungszeiten, kürzere Wartezeiten, mehr spezialisierte Angebote, wie etwa Schulungen für Diabetiker:innen. Zudem entfallen doppelte Wege und Befunde.
Mehr Infos: oegb.at/primaerversorgung
Das Primärversorgungszentrum in deiner Nähe findest du hier: oegb.at/pveinnaehe
Herausforderung Personal
Der Ausbau von Primärversorgungseinheiten ist eine wichtige Forderung des ÖGB, betont Claudia Neumayer- Stickler, Leiterin des Referats für Gesundheit im ÖGB: „Er bedeutet nicht nur eine umfassendere Versorgung für die Bevölkerung, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen.“ Doch die Umsetzung ist kein Selbstläufer, so stehen etwa das Land Kärnten und die Sozialversicherung vor Herausforderungen. Neben Standort- und Finanzierungsfragen stellt sich eine zentrale Frage: Wird sich genügend Personal finden, um weitere Zentren betreiben zu können? Schon jetzt ist der Personalmangel im Kassen- und Spitalsbereich spürbar. Auch Allgemeinmediziner Treven kennt diese Problematik: „In Zeiten mit erhöhtem Patient:innenaufkommen sind es derzeit vor allem die Turnusärzt:innen, die bei uns im Medineum für Entlastung sorgen. Mein großer Wunsch wäre grundsätzlich eine Aufstockung des ärztlichen Personals, um – vor allem – zu Stoßzeiten besser besetzen zu können.“
Gesundheit braucht Menschen, nicht nur Gebäude
Der Ausbau von PVZ ist ein wichtiger Schritt – hin zu einer Versorgung, die den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. „Doch wenn das Ziel ein starkes öffentliches Gesundheitssystem für alle ist, dann wird die Politik auch Themen wie den Zugang zum Medizinstudium und die Attraktivierung der Pflegeberufe in den Blick nehmen müssen“, betont Willegger. Denn Gesundheit darf keine Frage des Geldes oder des Wohnorts sein. Dafür setzt sich der ÖGB mit seinen Gewerkschaften Tag für Tag ein.