Internationale
Arbeitnehmer:innenrechte: Besorgniserregender Abwärtstrend in Europa
Globaler Rechtsindex des IGB registriert Rekord von Angriffen auf Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Arbeitsrechte in Europa sind so bedroht wie nie zuvor
- Streiks werden verboten, Gewerkschafter:innen verfolgt
- Rechtsextreme Politik greift die Rechte von Arbeitnehmer:innen an
- Der ÖGB sagt klar: Wir kämpfen international für Gerechtigkeit
Unternehmen, die keine Gewerkschaften zulassen – 2024 vorgefallen in Griechenland, Ungarn, Serbien, in der Schweiz und in der Türkei.
Regierungen, die ihre Befugnisse missbrauchen, und den Begriff „wesentliche Dienste“ extrem weit auslegen, um Streiks einzuschränken – 2024 passiert in Albanien, Ungarn, Moldawien, Montenegro und Großbritannien.
Behörden, die hart gegen streikende Beschäftigte vorgehen - 2024 registriert in Belgien, Finnland und Frankreich, wo über 1.000 Mitglieder und leitende Funktionär:innen der CGT (Confederation generale du travail) strafrechtlich verfolgt und mit Disziplinarmaßnahmen belegt wurden, weil sie an Massenprotesten gegen die Rentenreform teilgenommen hatten.
Europas Arbeitsrechte sind stark unter Druck geraten, das bestätigt der aktuelle, Anfang Juni präsentierte Globale Rechtsindex des IGB (Internationaler Gewerkschaftsbund) unzweifelhaft. Die einzige umfassende, weltweite Untersuchung von Arbeitsrechten attestiert Europa die schlechtesten Ergebnisse seit der Einführung des Index im Jahr 2014.
Getötete Gewerkschafter:innen auf anderen Kontinenten
Der Globale Rechtsindex verdeutlicht insgesamt, wie die Rechte von Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften in manchen Ländern mit Füßen getreten werden: In Guatemala, Kamerun, Kolumbien, Peru und Südafrika wurden Gewerkschafter:innen in Ausübung ihrer Tätigkeit getötet. 87 Prozent der Länder haben das Streikrecht verletzt. In 80 Prozent der Länder wurde das Recht auf Kollektivverhandlungen verletzt.
Als die zehn schlimmsten Länder für Erwerbstätige sind Ägypten, Bangladesch, Belarus, Ecuador, Eswatini, Myanmar, Nigeria, die Philippinen, Türkei und Tunesien gelistet. Die weltweit schlechtesten Regionen für erwerbstätige Menschen sind der Nahe Osten und Nordafrika. 87 Prozent der Länder haben das Streikrecht verletzt.
Rechtsextreme Politik bedeutet mehr Angriffe auf Arbeitnehmer:innen
„Jahrzehntelange Deregulierung, Neoliberalismus und Vernachlässigung durch die Politik haben zum Niedergang der Arbeitnehmer:innenrechte beigetragen“, sagt IGB-Genralsekretär Luc Triangle. Das habe den Weg für Extremismus und autoritäre Politik geebnet, der jetzt die Demokratie bedrohe.
„Der Aufstieg rechtsextremer politischer Parteien und Bewegungen, auch in Europa, vergrößert das Risiko einer Schwächung der Rechte von Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften“, ergänzt Wolfgang Katzian, Präsident von ÖGB und EGB (Europäischer Gewerkschaftsbund). Die Antwort darauf können nur starke Arbeitnehmer:innenvertretungen und Mitbestimmung in Betrieben sein.
Lieferkettengesetz nicht weiter verwässern
Katzian erteilt vor dem Hintergrund der alarmierenden Ergebnisse des aktuellen Global Rights Index auch einmal mehr dem Omnibus-Eilverfahren, mit dem das Lieferkettengesetz verwässert und verschoben werden soll, eine Absage: „Die Arbeitsbedingungen, die sich weltweit unzweifelhaft verschlechtern, sind ein Auftrag zum Handeln – in dieser Situation auch noch die Verantwortung der großen europäischen Unternehmen minimieren zu wollen, das gefährdet das Leben und die Zukunft der Menschen in den Ländern des Globalen Südens und provoziert damit noch mehr Flüchtlinge aus diesen Regionen.“
Auf die Gewerkschaften warten also harte Kämpfe: „Leichter wird es nicht - uns wird nichts geschenkt“, so Katzian abschließend: „Aber wir sind es unseren Mitgliedern und allen Beschäftigten auf der ganzen Welt schuldig, dass wir uns umso mehr ins Zeug legen. In einer globalisierten Welt lassen sich Probleme nicht national lösen, es braucht unsere grenzüberschreitende Zusammenarbeit mehr denn je. Wir stellen uns den Herausforderungen mit vereinten Kräften!“