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FPU-Präsident Grigoriy Osovyi, hier neben Präsident Katzian beim ÖGB-Bundeskongress 2023, muss sofort freigelassen werden Roland de Roo

Kampf gegen Gewerkschaften ist nicht vereinbar mit Werten Europas

Offenbar politisch motivierte Kampagne gegen Gewerkschaften in der Ukraine – Präsident sofort freilassen

Jüngste Entwicklungen in der Ukraine, die nichts mit den Konsequenzen des russischen Angriffskriegs zu tun haben, geben Anlass zu ernster Sorge: Die Festnahme des Präsidenten des größten ukrainischen Gewerkschaftsbundes FPU sind der vorläufige Höhepunkt einer zunehmend repressiven Linie der ukrainischen Regierung gegenüber unabhängigen, demokratischen Gewerkschaften. 

Am 9. April wurde Grigoriy Osovyi, Präsident der FPU (Föderation der Gewerkschaften der Ukraine), vor seiner geplanten Teilnahme an einer regionalen Gewerkschaftswahl festgenommen. Der Grund dafür:  Er würde eine „kriminelle Organisation“ unterstützen – gemeint ist die FPU selbst. Seine elektronischen Geräte wurden beschlagnahmt, der Kontakt zu Kolleg:innen unterbunden. Die Staatsanwaltschaft forderte entweder 60 Tage Haft oder eine Kaution in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro – eine Summe, die etwa 120.000 ukrainischen Durchschnittsmonatsgehältern entspricht. Nach einer Nacht in Untersuchungshaft wurde die Haft in Hausarrest umgewandelt. 

Präsident Osovyi sofort freilassen 

Osovyi bleibt damit zwar im Amt, ihm sind aber praktisch für sämtliche Aktivitäten die Hände gebunden: Die FPU ist somit auch in ihrer internationalen Tätigkeit im Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) sowie im Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) stark beeinträchtigt. „Das ist inakzeptabel, Präsident Osovyi muss freigelassen werden“, fordert Wolfgang Katzian, Präsident von ÖGB und EGB. 

Alter Immobilienverkauf als vorgeschobener Vorwurf 

Den Vorwürfen gegen die FPU liegt ein Immobilienverkauf aus dem Jahr 2018 zugrunde, ein Vorgang, der lange bekannt war. „Das wird jetzt offensichtlich instrumentalisiert, um unter dem Vorwand des Kriegsrechts eine Enteignung von Gewerkschaftsvermögen zu ermöglichen“, vermutet Katzian. Es gebe auch Hinweise, dass versucht werde, innerhalb der Gewerkschaftsbewegung Spaltungen zu erzeugen und regierungstreue Strukturen zu stärken. 

„Die Gewerkschaften Europas verfolgen diese Vorgänge jedenfalls mit Sorge, auch der EGB ist alarmiert“, so Katzian weiter: „Das ist ein massiver Angriff auf die stärkste Interessenvertretung der ukrainischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in einer Ausnahmephase, in denen viele wegen des Kriegs berechtigte Existenzsorgen haben.“

Außenministerium ist eingeschaltet 

Das ist nicht vereinbar mit den Werten, für die Europa steht. Freie und unabhängige Gewerkschaften sind unerlässlich für eine funktionierende Zivilgesellschaft und Demokratie. Auch vor dem Hintergrund der EU-Beitrittsperspektive der Ukraine und des laufenden Annäherungsprozesses wurde Außenministerin Beate Meinl-Reisinger ersucht, diese Entwicklungen sowohl im bilateralen Dialog als auch auf EU-Ebene mit Nachdruck anzusprechen. 

„Gewerkschaftsrechte, Eigentumsschutz und sozialer Dialog müssen auch unter Kriegsbedingungen uneingeschränkt respektiert werden“, so Katzian: „Volle Solidarität mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Ukraine und mit ihren unabhängigen, freien Gewerkschaften. Auch im Namen des EGB: Wir fordern die sofortige Freilassung von Präsident Osovyi!“ 

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