Schöne Worte schaffen keine hochwertigen Arbeitsplätze
Die Quality Jobs RoadMap der EU enttäuscht durch fehlende Ambition
Das Wichtigste in Kürze
- EU-Roadmap liefert vor allem schöne Worte, kaum konkrete Maßnahmen
- Wettbewerbslogik und Deregulierung drohen hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte zu untergraben
- ÖGB fordert: Durchsetzbare Rechte und konkrete Investitionen für alle Beschäftigten
Am 4. Dezember 2025 hat die Europäische Kommission ihre lang erwartete Strategie für hochwertige Arbeitsplätze (Quality Jobs RoadMap) vorgestellt. Auf den ersten Blick klingt das vielversprechend: Faire Löhne, sichere Arbeitsplätze, Zugang zu Qualifikationen und stärkere Kollektivverträge stehen auf der Agenda. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Die Vorschläge bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, die Europas Beschäftigte dringend brauchen, gibt es aber nur mit ambitionierten Zielen, hohen Standards und klaren, verbindlichen Regeln – die in diesem Plan Fehlanzeige sind.
Warum die Roadmap keine hochwertigen Arbeitsplätze bringt:
- Mehr Wettbewerb statt mehr Schutz: Die Roadmap setzt stark auf „innovationsfreundliche Rahmenbedingungen“ und den „Abbau administrativer Hürden“. Diese Schlagworte signalisieren Deregulierung und könnten nationale Schutzstandards unterlaufen. Statt bestehende Rechte zu stärken, droht ein Abbau sozialer Standards – alles im Namen der Wettbewerbsfähigkeit.
- Evaluierungen statt Maßnahmen: In Bereichen wie der Mitbestimmung oder Staatshilfen will die Kommission zunächst „evaluieren“. Angesichts des allesbestimmenden Wettbewerbs-Mantras stellt sich die Frage: Zu welchem Zweck? Besonders bei Staatshilfen könnten Wettbewerbsbedingungen soziale Kriterien schnell verwässern.
- Mindestlöhne - Erfolgsmeldung ohne Daten: Die Kommission gibt an, die EU-Mindestlohnrichtlinie habe das große Lohngefälle in Europa bereits ausgeglichen. Tatsächlich fehlen aber valide Daten, die diesen Effekt belegen. Fortschritte einzelner Länder können auch andere Ursachen haben, etwa erfolgreiche Tarifpolitik oder Maßnahmen zum Inflationsausgleich. Damit legt die Kommission den argumentativen Grundstein gegen weitergehende Mindestlohnmaßnahmen.
Konkrete Handlungsvorschläge sind Fehlanzeige
Positiv ist, dass die Kommission auch betont, wie wichtig der soziale Dialog für hochwertige Arbeitsplätze ist. Diesen Worten sollten aber auch Taten folgen. So könnte die Kommission die notwendigen Reformen für Telearbeit und für das Recht auf Nichterreichbarkeit vorantreiben, indem die Ergebnisse der EU-Sozialpartnerkonsultation in verbindliches Recht umgesetzt werden.
Die Roadmap nennt zwar faire Löhne, sichere Arbeitsplätze und Weiterbildung als wichtige Handlungsfelder. Die konkreten Handlungsvorschläge bleibt sie aber schuldig. Dabei liegen viele gesetzgeberische Schritte nahe - allem voran die Regulierung von algorithmischem Management und Subunternehmerketten. Angesichts der hohen psychosozialen Risiken wäre auch eine Aktualisierung von Arbeits- und Gesundheitsschutz dringend notwendig.
Dieser Fahrplan führt in eine Sackgasse
„Die EU-Kommission stellt den Wettbewerb einmal mehr über Qualitätsstandards. Davon lenken auch keine schönen Worte ab. Hier wird rhetorisch der soziale Fortschritt bestätigt, aber konkrete Maßnahmen fehlen“, kommentiert Wolfgang Katzian, Präsident von ÖGB und EGB. „Die Beschäftigten Europas verdienen konkrete, durchsetzbare Gesetze und ausreichende Investitionen, die in jedem Sektor hochwertige Arbeitsplätze garantieren.“