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Mann attackiert Frau
Wer Gewalt am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld erfährt, ist nicht allein, sondern bekommt Hilfe

Antidiskrimierung

Psychische Gewalt im Job

Gewalt hat viele Gesichter und zieht sich durch alle sozialen Schichten. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter:innen zu schützen

Viele Menschen denken beim Thema Gewalt zunächst an sichtbare körperliche Verletzungen. Doch neben körperlicher Gewalt sind auch psychische und sexualisierte Gewalt weit verbreitet. Besonders gefährdet sind Frauen – etwa 20 Prozent aller Frauen in Österreich sind mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt oder/und sexueller Belästigung betroffen. Sie geschieht quer durch alle sozialen Schichten – zuhause, am Arbeitsplatz, in der Schule, auf der Straße, beim Sport oder im Internet.

Gewalt am Arbeitsplatz ist weit verbreitet

Jede vierte Österreicherin bzw. jeder vierte Österreicher war in ihrem oder seinem Arbeitsleben bereits mehr als einmal mit „negativem Sozialverhalten“ am Arbeitsplatz konfrontiert. Die Formen von Gewalt im Job sind unterschiedlich, sie reichen von Stalking über Beschimpfungen, Gaslighting, Beleidigungen, Mobbing bis zum Anspucken oder zur Drohung. Gerade psychische bzw. emotionale Gewalt ist teils schwer zu fassen, da seelische Wunden im Gegensatz zu körperlichen nicht sichtbar sind. Die Folgen sind meist langfristig und zum Teil fatal. Sie reichen von Krankenständen oder Burn Out bis hin zum Berufsausstieg

Drei Arten von psychischer Gewalt:

Mobbing:

Dein Chef oder deine Chefin macht deine Arbeit schlecht, stellt dich bloß oder enthält dir immer wieder wichtige Informationen vor? Unter Mobbing versteht man absichtliche, gezielte und wiederholte Angriffe auf Personen oder Gruppen. Das Ziel der Mobber ist es, ihre Opfer im Arbeitsalltag auszugrenzen. Ein wesentliches Merkmal von Mobbing ist, dass die Angriffe regelmäßig und über einen längeren Zeitraum erfolgen. Beschimpfungen, Beleidigungen, Drohungen oder wiederholte Sticheleien, all das ist Mobbing. 

Gaslighting:

Du wirkst so unkonzentriert in letzter Zeit: Geht es dir schlecht? Du bist so nervös heute: Brauchst du Unterstützung bei deiner Arbeit? Gaslighting ist, wenn jemand bewusst und gezielt die Selbstwahrnehmung eines anderen Menschen beeinträchtigt und dabei so tut, als ob er dir helfen will - durch Unterstellungen, Lügen oder Verdrehungen. Das Opfer zweifelt im Laufe der Zeit immer stärker an sich selbst. Gaslighting kann Menschen in schwere Krisen treiben und erheblich belasten, bis hin zu einer psychischen Erkrankung. Täter bei Gaslighting nennt man „Gaslighter“, Opfer „Gaslightee“. 

Sexuelle Belästigung:   

Packst du bei mir auch so zu? Stehst du auch für andere Dienstleistungen zur Verfügung?  Von so einer Pflegerin lass ich mich gerne verarzten! Beschäftigte im Handel, der Pflege oder der Gastronomie sind mit solchen Ansagen konfrontiert. Nein, das ist kein Teil des Jobs, sondern sexuelle Belästigung. Gast, Kunde, Führungskraft oder ein zu Pflegender nutzen ihre Position aus. 

WICHTIG: Du bist weder bei psychischer noch bei physischer Gewalt allein! Wende dich an deinen Betriebsrat oder – wenn es keinen gibt – dann an deine Gewerkschaft.

Dienstleistungsberufe am häufigsten betroffen

Die Branchen, in denen Beschäftigte am häufigsten mit Gewalt konfrontiert sind, betreffen den Dienstleistungssektor – konkret: den öffentlichen Verkehr, die Gastronomie sowie Gesundheits- und Pflegeberufe. Betroffene aus letztgenanntem Sektor berichten von körperlichen Übergriffen und verbalen Attacken, die meist von Patient:innen und deren Angehörigen ausgehen. Aber auch im Handel und im Öffentlichen Dienst kommt es zu Gewalt von Kund:innen. Mehr als die Hälfte aller weiblichen Beschäftigten war schon einmal sexuellen Übergriffen oder unangemessenen Annäherungsversuchen am Arbeitsplatz ausgesetzt.

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Arbeitgeber in der Pflicht

Arbeitgeber bzw. Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass ein respektvolles Arbeitsklima in ihrem Betrieb herrscht. Es braucht daher das klare Signal der Unternehmensleitung, dass sexuelle Belästigung und andere Arten von Gewalt nicht toleriert werden. Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, gegen Gewalt am Arbeitsplatz vorzugehen und Mitarbeiter:innen davor zu schützen.

Eine entscheidende Rolle spielen auch Gewerkschaften und Betriebsräte, die Arbeitnehemer:innen sensibilisieren, unterstützen und informieren sowie aufzeigen, wie konkrete Maßnahmen gegen Gewalt umgesetzt werden können. Die Initiative der Gewerkschaft vida „Tatort Arbeitsplatz“ greift dieses sensible Thema auf und bietet verschiedene Angebote an.

      

15 Jahre Tatort Arbeitsplatz
Gemeinsam im Einsatz gegen Gewalt in der Arbeitswelt

Bei der 15. Internationalen Gewaltpräventionstagung „Tatort Arbeitsplatz“ von den Gewerkschaften vida und GPA, Arbeiterkammer (AK) Wien und dem Verein WEISSER RING standen mehr Bewusstsein für das Thema und wertvolle Tipps für potenziell Betroffene im Fokus.

Helmut Gruber, Landesvorsitzender vida Wien, betonte dass Beschimpfungen und tätliche Übergriffe nicht als Berufsrisiko hinzunehmen seien, denn: „Gewalt gegen Kolleg:innen beeinträchtigt die Würde und Gesundheit der Betroffenen.“

„Es braucht Mut, über die Gewalt zu sprechen. Aber nur wer das tut und wer aktiv wird, hat die Chance, etwas zu verändern.“
Helmut Gruber, AK Wien-Vizepräsident und Landesvorsitzender vida Wien

Darüber reden

Frauen und Männer reagieren unterschiedlich auf Gewalt, sagte Yvonne Rychly, Schirmherrin und Initiatorin der vida-Initiative "Tatort Arbeitsplatz". Eine Umfrage in Österreich ergab, dass mehr als die Hälfte der Männer und mehr als ein Viertel der Frauen bei gesehenen oder selbst erlebten Vorfällen von Gewalt nichts unternommen haben. „Weil es ohnehin nichts bringt“, nannten viele als Grund.

„Wir haben erreicht, dass Beschäftigte das Vorkommen von Gewalt im Job nicht einfach hinnehmen, sondern aktiv dagegen vorgehen.“
Yvonne Rychly, Schirmherrin der vida-Initiative "Tatort Arbeitsplatz"

Mehr Info auf www.vida.at

Notwendig ist aus Sicht der Gewerkschaften, dass sich die Bundesregierung endlich umfassend zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt bekennt und das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Nr. 190 ratifiziert

Führungskräfte schulen

In der Praxis haben allerdings viele Arbeitnehmer:innen diese Probleme mit ihren Führungskräften. Fast die Hälfte aller Österreicher:innen sind unzufrieden mit ihren Vorgesetzten. Das führt so weit, dass sie den Job sogar kündigen wollen. Jede bzw. jeder Fünfte landet aufgrund der schlechten Beziehung mit der Führungskraft sogar im Bore- oder Burnout und muss psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.

Verpflichtende Führungskräfteschulungen zum Umgang und Vermeidung von Gewalt am Arbeitsplatz könnten hier präventiv wirken, ebenso wie Deeskalationstrainings und Supervision für die Beschäftigten, wie es im ÖGB-Programm heißt. Die betriebliche Gesundheitsförderung sollte von Betrieben in Anspruch genommen werden und Probleme wie Gewalt, Diskriminierung, Mobbing und sexuelle Belästigung thematisieren und die Konfliktkultur im Betrieb verbessern.

Der ÖGB fordert außerdem:

  • Ursachenforschung, Prävention und Nachsorgemaßnahmen vorantreiben.
  • Ausreichend finanzielle Mittel zur Absicherung und zum flächendeckenden Ausbau von Frauenhäusern, Gewaltschutzzentren und Frauenberatungsstellen.
  • Information und Sensibilisierung von Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern und Führungskräften bezüglich beruflicher und häuslicher Gewalt zum Beispiel durch verpflichtende auf- und erklärende Vorträge und Schulungen.
  • Gesetzliche Aufnahme des Delikts Mobbing analog dem Straftatbestand Cybermobbing.
  • Weiterführende Maßnahmen gegen Hass im Netz.
  • Zusammenarbeit der Gewerkschaften mit Opferschutzorganisationen und Frauenhäusern (zum Beispiel „Weisser Ring“; Autonome österreichische Frauenhäuser).

Nicht wegschauen – Hilfe holen!

ÖGB Chancen Nutzen Büro

Das ÖGB Chancen Nutzen Büro berät Betriebe, Betriebsräte und Einzelpersonen in Sachen Antidiskriminierung, Gewaltprävention und vielem mehr:

  • Prävention von Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz
  • Antidiskriminierung: Gleichbehandlungs- und Behindertengleichstellungsrecht
  • Beschäftigung von Älteren, chronisch Kranken und Menschen mit Behinderung
  • Gender Mainstreaming und Diversity Management
  • Wegweiser durch Institutionen und Behörden

Die Angebote sind österreichweit kostenlos und werden an die individuellen Bedürfnisse angepasst.

Ob körperliche, psychische oder sexualisierte Gewalt – schau nicht weg und zögere nicht anzurufen, wenn du oder jemand in deinem Umfeld von Gewalt betroffen (b)ist – hol Hilfe!

Die Frauenhotline gegen Gewalt 0800 222 555 ist an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr, anonym, kostenlos und mehrsprachig erreichbar. Alle Informationen dazu finden sie unter www.frauenhelpline.at und www.haltdergewalt.at. Familienberatungsstellen bieten ebenfalls Informationen an, für Kinder und Jugendliche gibt es Rat auf Draht (147) und psychologische Hilfe stellt der Berufsverband der PsychologInnen von Mo-Fr, 9-16 Uhr zur Verfügung (01/5048000).