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"Shrinkflation": Die miesen Tricks der Konzerne

Auch wenn sich der Preis nicht ändert, kann es teurer werden! Wie Unternehmen ihre Kund:innen übers Ohr hauen

Die Teuerung ist bei allen angekommen, auch bei den Unternehmen. Aber während ihre Kundschaft jeden Euro dreimal umdrehen muss, haben sich Lebensmittel-Hersteller Tricks überlegt, um die hohen Preise unbemerkt weiterzugeben. „Shrinkflation” nennt man die neueste Taktik: Um den Konsument:innen stabile Preise vorzugaukeln, werden heimlich die Füllmengen von Produkten reduziert, während die Preise gleich gehalten werden. Wir haben mit der Ernährungswissenschafterin und Konsumentenschützerin Teresa Bauer über das Phänomen der „Shrinkflation“ gesprochen.

Ernährungswissenschafterin Teresa Bauer (Bild: VKI)
Ernährungswissenschaftlerin Teresa Bauer (Bild: VKI)

Was steckt hinter dem Begriff „Shrinkflation“?

Bauer: Es ist ein Kofferwort. Es kommt vom englischen „shrink“, also schrumpfen. Das bedeutet, dass zum Beispiel bei Lebensmitteln die Füllmengen reduziert werden. Im Rahmen der Inflation ist das ein Instrument vieler Hersteller geworden, um Füllmengen zu reduzieren. Der Stückpreis bleibt dabei gleich, schlussendlich kommt das Produkt aber teurer.

Gibt es andere Tricks, mit denen Unternehmen Einsparungen auf Kosten der Kundschaft machen?

Bauer: Die zweite Variante ist die „Skimpflation“ (eng. „to skimp” – [mit etwas] knausern). Das bedeutet, dass nicht die Füllmenge reduziert wird, sondern dass Zutaten verändert werden. Etwa bei einer Bolognese-Soße, bei der der Rindfleisch-Anteil reduziert wird, das Produkt aber weiterhin gleich verkauft wird. Im Grunde also, dass wertbestimmende Zutaten verringert oder einfach ausgetauscht werden gegen minderwertigere. Ein Beispiel wäre auch, das war laut Hersteller allerdings durch den Ukraine-Krieg wegen Lieferproblemen bedingt, dass in Chips auf einmal statt Sonnenblumenöl Palmöl drinnen war.

Gibt es Produktgruppen oder Firmen, die besonders anfällig für solche Tricks sind?

Bauer: Vor allem das Snack- und Knabber-Sortiment, das Süßigkeiten-Sortiment, aber auch Margarinen und Brotaufstriche. Die Rama-Margarine war unsere Konsum-Ente letztes Jahr, weil auch bei dieser Margarine die Füllmenge reduziert wurde. Der Hersteller Upfield hat nicht nur bei Rama, sondern auch bei anderen Markenprodukten wie Thea und Becel die Füllmengen reduziert.

Im Knabber-Sortiment ist uns die Firma Intersnack aufgefallen. Die produzieren zum Beispiel Fanny Frisch Chips, Ültje Erdnüsse und Chios Tortillas, also ganz unterschiedliche Knabber-Artikel. Die haben auch bei einigen ihrer Produkte die Füllmengen reduziert.

Wie kann man vermeiden, wegen solchen Tricks mehr zu bezahlen?

Bauer: Ein guter Tipp ist immer auf den Grundpreis zu achten. Der muss am Preisschild der meisten Lebensmittel angegeben werden. Das ist der Preis z. B. pro Kilo, pro 100g oder pro Liter. Durch diesen Grundpreis kann man die unterschiedlichen Produkte miteinander vergleichen und sehen, was am günstigsten ist, egal wie viel da in der Packung drinnen ist. Was uns allerdings dennoch aufgefallen ist:  Die Preisschilder sind nicht immer aktuell. Da muss man kritisch sein und genau nachschauen, ob Preisschild und Füllmenge zusammenpassen. Auch wenn ein Produkt mit einer neuen Rezeptur beworben wird, einer Limited Edition, wenn angedeutet wird, dass ein Produkt was Besonderes, Neues oder Verbessertes ist, kommt es oft vor, dass die Füllmenge reduziert wurde.

Was kann man auf politischer Ebene dagegen etwas tun?

Bauer: Früher gab es eine gesetzliche Vorlage für Verpackungsgrößen. In der Fertigpackungsverordnung war festgelegt, welche Produkte zu welchen Füllmengen verkauft werden dürfen. Für Milch, Fruchtsäfte oder Schokolade war das beispielsweise der Fall. Bedeutet hat das, dass der Hersteller nicht 375g Schokolade einfüllen durfte, sondern z. B. entweder 300 g oder 400 g. Das hat bedeutet, dass man die Produkte durch die normierten Mengen besser vergleichen konnte. Das ist im Jahr 2009 gestrichen worden, um Innovationen der Hersteller zu erleichtern. Das hat aber dazu geführt, dass es für Konsument:innen weniger übersichtlich geworden ist.

Was wir uns wünschen würden, ist, dass es mehr Transparenz gibt. Zum Beispiel, dass auf der Verpackung oder am Preisschild groß angegeben werden muss, wenn die Füllmenge reduziert wurde. Ganz wichtig wäre auch, dass die Verpackung mit verkleinert wird, damit man weniger Mogelpackungen hat, in denen ganz viel Luft drinnen ist.  

Gibt es noch etwas, worauf Konsument:innen achten sollten?

Bauer: Hersteller argumentieren oft, dass gestiegene Rohstoffpreise das Thema sind. Manche sind kreativer und meinen die Konsument:innen wollen kleinere Portionsgrößen, deswegen füllen sie weniger ab. Die Sache beim Preis ist auch, dass der Handel den Endpreis bestimmt.  Da die finale Preisgestaltung oft etwas unterschiedlich ausfällt, zahlt es sich auch aus zwischen den Händlern Preise zu vergleichen.

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