Zum Hauptinhalt wechseln
Jacob Lund; stock.adobe.com

Brennpunkt Jugendarbeitslosigkeit

Lisa (Name v. d. Red. geändert) hat Anfang Juli Ihre Lehre zur Gastronomiefachfrau erfolgreich absolviert. Drei Monate kann sie jetzt noch bei ihrem aktuellen Arbeitgeber bleiben, danach kann er sie nicht übernehmen. Genau wie die anderen zwei ehemaligen Lehrlinge im Betrieb.

Finden Jugendliche keine Arbeits- oder Lehrstelle, können die Folgen dramatisch sein.

 

„Aufgrund der Corona-Krise“, sagt er, fehle ihm das Geld und die Gäste. Auch zukünftig muss er sich überlegen, ob er es sich leisten kann, Lehrlinge auszubilden. Ein fataler Fehler. Nicht nur für die drei ausgelernten GastronomInnen, sondern für die Gesellschaft und die Wirtschaft im Allgemeinen. Denn so wie Lisa, geht es auch vielen anderen Jugendlichen. 

Folgen von Jugendarbeitslosigkeit: Armut und psychische Erkrankungen 

67.523 Jugendliche unter 25 Jahre waren Ende Juni ohne Beschäftigung. Finden Jugendliche keine Arbeits- oder Lehrstelle, können die Folgen dramatisch sein: psychische Erkrankungen, Einkommensverslust, Armut und Langzeitarbeitslosigkeit ist dann doppelt so wahrscheinlich. Das bedeutet für die Betroffenen nicht nur ein Leben voller Leid und ohne Perspektiven, sondern auch langfristig höhere Kosten für den Staat, der mehr Geld für Sozialleistungen aufwenden muss. 

Jugendliche von Wirtschaftskrisen stärker betroffen 

Erfahrungsgemäß sind Jugendliche von Wirtschaftskrisen stärker betroffen als andere Gruppen am Arbeitsmarkt. Das hat uns die Wirtschaftskrise von 2008 gezeigt. Und auch wenn diese zwei Krisen nicht eins zu eins vergleichbar sind, liegt die Jugendarbeitslosigkeit im Mai 2020 auf einem Rekordhoch von 11,8 Prozent.  

7.500-10.000 Lehrstellen werden im Herbst fehlen.

Die Lehrstellenlücke hat sich ebenfalls vergrößert, war aber auch vor der Krise schon problematisch. Verschiedene Studien gehen davon aus, dass im Herbst zwischen 7.500 und 10.000 Lehrstellen fehlen werden. Und Johann Bacher von der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz hat bereits Anfang Mai prognostiziert, dass die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen bis 80.000 ansteigen kann. 

Drei Hauptprobleme für höhere Jugendarbeitslosigkeit 

Jugendliche werden schneller gekündigt, finden aber nachher schwerer einen Job. Außerdem werde beim Wiederaufbau der Wirtschaft die Stammbelegschaft bevorzugt – Lehrstellen fallen dann weg oder werden nicht geschaffen. 

 

Jugendliche werden schneller gekündigt, finden aber nachher schwerer einen Job.

Hinzu kommt, dass ein besonders großer Lehrstellenmarkt mit dem Tourismus wegbrechen wird, weil dieser von der Krise stark betroffen ist. Bachner geht davon aus, dass 7.500 Lehrstellen im Herbst fehlen werden, wenn die neuen Jugendlichen auf den Lehrstellenmarkt drängen. Deshalb appelliert der Soziologie-Professor an die Bundesregierung, hier gegenzusteuern.  

Maßnahmenpaket gegen Ausbildungskatastrophe 

Die Gewerkschaftsjugend hat bereits Mitte Mai mit der Kampagne „Lost Generation“ darauf aufmerksam gemacht und von der Bundesregierung ein Maßnahmenpaket gegen die drohende Ausbildungskatastrophe gefordert. Passiert ist viel zu wenig. Die Jugendarbeitslosigkeit ist immer noch dramatisch hoch und im Vergleich zum Vorjahr gibt es um ein Viertel weniger offene Stellen. Auch die Lücke am Lehrstellenmarkt ist weiterhin problematisch. 

Maßnahmenpaket gegen Ausbildungskatastrophe im Überblick

  • Aufstockung der Ausbildungsplätze im staatlichen und staatsnahen Bereich 
  • Schaffung eines Corona-Not-Ausbildungsfonds, dotiert mit 140 Millionen Euro zur Unterstützung von Betrieben, die trotz coronabedingter wirtschaftlicher Schwierigkeiten Lehrlinge ausbilden wollen 
  • Erhöhung der Finanzmittel für die überbetriebliche Lehrausbildung und Aufstockung der überbetrieblichen Lehrstellen 
  • Anreize für große Ausbildungsbetriebe, über Bedarf auszubilden 
  • Reform des Bestbieterprinzips für staatliche Ausschreibungen mit stärkerem Augenmerk auf die Lehrausbildung