
Sie liefern unser Essen – aber wie geht es ihnen dabei?
Die radelnden BotInnen von Lieferando, Mjam und Co. kennen wir alle – österreichweit strampeln sich rund 4.500 für uns ab und liefern unser Essen. Wie schaut es aber mit ihren Arbeitsbedingungen, ihrer Zufriedenheit im Job und ihrer Einstellung zu Gewerkschaften aus?
Dazu liegt jetzt die erste wissenschaftliche Studie vor – durchgeführt vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung und unterstützt von ÖGB, der Gewerkschaft vida sowie der AK Wien.
Wer in der Branche arbeitet
Männlich, um die 30 Jahre alt, nicht in einer Ausbildung – das ist das Profil des durchschnittlichen Fahrradboten in Österreich, wie die Studie unter rund 300 ZustellerInnen zeigt.
8 von 10 sind Männer, nur rund 15 Prozent Frauen. Die meisten ZustellerInnen kommen aus Österreich, Deutschland, Ungarn, Italien oder Rumänien. Die befragten BotInnen sind mit den Arbeitsbedingungen mehrheitlich eher zufrieden, bei der Bezahlung ist es genau umgekehrt – hier dominiert die Unzufriedenheit.
Oft kein Nebenjob oder Hobby
Über 60 Prozent der Befragten arbeiten mehr als 16 Wochenstunden und sind auf das Einkommen aus dieser Arbeit angewiesen, um ihre Rechnungen zu bezahlen, rund ein Viertel unterstützt mit ihrem Einkommen Familienangehörige.
„Wir sind hier in einer Niedriglohnbranche und ganz viele müssen nicht nur sich, sondern auch ihre Familie von dem Job ernähren. Das hat damit zu tun, dass es eine sehr niederschwellige Arbeit ist und viele in andere Jobs gar nicht hineinkommen. Für sie ist es kein bezahltes Hobby oder Nebenjob, sondern es ist ihr Beruf. Sie leben davon und dem gehört entsprechend Respekt gezollt“, erklärt Robert Walasinski, ÖGB-Experte für Plattformarbeit im Gespräch mit oegb.at.
Beleidigt, schikaniert und bedroht
Besonders alarmierend ist laut Studie, dass die EssenszustellerInnen oft mit gefährlichen und unwürdigen Arbeitssituationen konfrontiert sind.
84,2 Prozent der RiderInnen haben schon gefährliche Situationen im Straßenverkehr erlebt, jede/r Zweite/r wurde verbal erniedrigt, beleidigt oder bedroht. Mehr als ein Drittel der weiblichen Rider berichten von unerwünschten sexuellen Annäherungsversuchen.
Das könne auch eine Erklärung sein, warum der Anteil an weiblichen Zustellern mit 15,5 Prozent ausgesprochen niedrig ist. „Frauen in dieser Tätigkeit werden oft allein gelassen und von Seiten der Unternehmen wird viel zu wenig getan“, kritisiert Walasinski.
Mehrheit sind freie DienstnehmerInnen
60 Prozent der Befragten sind freie Dienstnehmer, rund 33 Prozent Angestellte. Laut Umfrage wissen viele Fahrer und Fahrerinnen nicht über ihre Arbeitsrechte Bescheid. Nur die Hälfte der Befragten hat schon vom Kollektivvertrag für FahrradbotInnen gehört.
Aktuell liegt der Einstiegslohn im Kollektivvertrag für FahrradbotInnen bei „1.600 Euro brutto. Wer das eigene Fahrrad und Handy verwendet, kommt im Monat mit Zulagen auf rund 2.000 Euro brutto“, erklärt Karl Delfs, Bundesekretär des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft vida.
Gewerkschaften als starke Partner
Besonders erfreulich: Ein Fünftel der Befragten ist Gewerkschaftsmitglied. 4 von 10 wollen demnächst einer Gewerkschaft beitreten. Unterstützung wünschen sich die meisten FahrerInnen vor allem bei ihrer Bezahlung, ihren Arbeitsbedingungen und sowie auch beim Thema Kündigungsschutz.