Bildung
Schulanfang geht für viele Eltern ins Geld
Schultasche, Hefte, Stifte, Ferienbetreuung & Co sind teuer. Gerade zu Schulbeginn werden viele Eltern finanziell stark belastet. Die anhaltende Teuerung trifft sie mit voller Wucht
Das Wichtigste in Kürze
- Schulstart kostet schnell mehrere Hundert Euro
- Im Schnitt geben Eltern 2.223 Euro pro Kind und Schuljahr aus
- 325.000 Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Haushalten starten benachteiligt ins Schuljahr
- ÖGB fordert eine Anti-Teuerungskommission sowie einen bundesweiten Sommerbetreuungsgipfel
In Österreich beginnt Anfang September wieder die Schule. An sich nichts Ungewöhnliches, doch 325.000 Kinder und Jugendliche, die in einkommensarmen Haushalten leben (EU-SILC 2023), werden keinen so guten Start haben. Denn die Kosten für Schultasche, Hefte, Füllfeder, Malstifte, Ordner, Werkkoffer, Turnsackerl und vieles mehr bringen immer mehr Eltern nicht zuletzt aufgrund der massiven Teuerung in finanzielle Schwierigkeiten. Ein Startpaket für Schulanfänger:innen kostet schnell mehrere hundert Euro.
Wer mehr als ein Kind hat, muss mit doppelten oder dreifachen Kosten rechnen. „Für viele Eltern ist das eine Riesenherausforderung, da sie in diesen Tagen die Teuerung mit voller Wucht spüren“, sagt Christa Hörmann, gf. ÖGB-Vizepräsidentin und -Bundesfrauenvorsitzende zum Schulstart.
„Doch während die Eltern mit der Kostenexplosion kämpfen, fehlt es an politischem Willen endlich konkrete Maßnahmen umzusetzen", kritisiert Hörmann. Einzelne Grundnahrungsmittel kosten in Österreich mittlerweile doppelt so viel wie in Deutschland. Der ÖGB bleibt bei der Forderung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die Preise mit Hilfe einer Preisdatenbank entlang der Wertschöpfungskette überwacht.
2.223 Euro pro Kind und Schuljahr
Und das ist noch lange nicht alles. Im Laufe des Schuljahres kommen zusätzliche Kosten für Kopien, Schulausflüge, Theaterbesuche, Skikurse, Schulsportwochen und mehr dazu. Für Eltern mit geringen Einkommen oder Alleinerziehende ist das kaum noch finanzierbar. Laut SORA-Schulkostenstudie von 2023 geben Eltern im Schnitt 2.223 Euro pro Kind und Schuljahr aus. Inkludiert sind hier Sommerkosten 2023 (464 Euro), Fixkosten 23/24 (1.028 Euro) und laufende Kosten 23/24 (731 Euro).
Politik muss Familien entlasten
Auch die 14 Wochen Ferien pro Jahr belasten viele Eltern zusätzlich: Es bedeutet Stress und finanzielle Sorgen, allein neun Wochen Sommerferien zu überbrücken. Feriencamps oder andere Ferienangebote sind kaum leistbar, Horte haben zu viele Schließtage. Die steigenden Lebenshaltungskosten machen alles noch schwieriger. „Hier braucht es endlich politische Lösungen“, so die gf. ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende.
Familienbeihilfe und Schulstartgeld sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein für Familien.
Der ÖGB fordert einen bundesweiten Sommerbetreuungsgipfel. Ziel: Einheitliche Regeln in ganz Österreich bei Öffnungszeiten, kostenlose ganztägige Ferienangebote und inklusive Programme auch für Kinder mit Behinderung. Denn: „Familien dürfen nicht länger allein gelassen werden“, betont Hörmann.
„Nur mit flächendeckendem und ganztägigem Kinderbetreuungsangebot haben Frauen die Wahlfreiheit und können Vollzeit arbeiten. Angesichts der Teuerung ist das für Frauen umso wichtiger, denn nur so können sie auch ein höheres Einkommen erreichen und sich selbst und ihre Kinder vor Armut schützen“, so die gf. ÖGB-Vizepräsidentin.
Bildung darf nicht vom Geldbörsel der Eltern abhängen
Eltern, die ein Einkommen unter der Armutsgrenze haben, sind von zusätzlichen Schulkosten besonders betroffen – und in weiterer Folge auch die Kinder. Die Familienbeihilfe und das Schulstartgeld in der Höhe von 121,40 Euro pro Kind sind für diese Familien ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn auch der von der türkis-grünen Bundesregierung eingeführte Familienbonus Plus bringt gerade Eltern und Alleinerzieher:innen, die wenig verdienen, nichts. Den Steuerabsetzbetrag von 2.000 Euro pro Kind und Jahr bis zum 18. Lebensjahr des Kindes können sie gar nicht geltend machen.
Bildung wird vererbt, das ist leider noch immer so
Dass der persönliche Hintergrund der Schüler:innen für die zukünftige Bildungskarriere von Bedeutung ist, belegen aktuelle Zahlen der Erwachsenenbildungserhebung 2022/23. So haben mehr als ein Drittel der 25- bis 44-jährigen Befragten (36,2 Prozent), deren Eltern maximal eine Pflichtschule abgeschlossen haben, ebenso höchstens eine Pflichtschule und weitere 42,3 Prozent eine Lehre bzw. BMS abgeschlossen. Das bedeutet auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für geringes Einkommen und mangelnde Teilhabechancen.
Alle Kinder müssen Zugang zur gleichen Bildung haben
Das derzeitige Schulsystem wirkt in hohem Maße sozial selektiv. Insbesondere Kinder aus Arbeitnehmer:innenfamilien mit niedrigem oder mittlerem Bildungsniveau bzw. niedrigem Einkommen sind in weiterführenden Schulformen deutlich unterrepräsentiert. „Es muss für alle möglich sein, das eigene Potenzial unabhängig von Einkommen, Beruf oder Herkunft der Eltern zu entfalten. Am Ende bleiben sonst die Träume und Ziele von Kindern und Jugendlichen auf der Strecke und deren gewaltiges Potenzial ungenützt”, warnt Hörmann. „Chancengleichheit und freier Zugang zu Bildung sind für uns ein nicht verhandelbares Merkmal einer sozialen und gerechten Gesellschaft.”