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Eine Hand hält Geld und verdeutlicht steigenden Reichtum und hohe Dividenden
Dividenden und Gewinnen brechen alle Rekorde, die Empfänger müssen nur die Hand aufhalten. Für Arbeitnehmer:innen soll dann plötzlich nichts übrig sein. Adobe Stock/Titipong

Gewinne

Rekord: Fast sechs Milliarden an Dividenden verteilt

Österreichs Unternehmen schütten so viel aus wie nie zuvor– und zwar im Frühjahr! Im Herbst folgt dann der jährliche Mega-Kater

Sonnenschein im Frühjahr, trübe Aussichten im Herbst – in der Wirtschaft gelebte Tradition. Zumindest wenn man den Arbeitgebern rund um die Herbstlohnrunde glauben möchte, könnte einem angst und bange werden. Aber stimmt das? Was sagen die nackten Zahlen? Die Antwort ist eindeutig: Das Geld ist in Hülle und Fülle vorhanden. Es verschwindet nur lange vor der Herbstlohnrunde in meist private Taschen. So viel ist klar: Wirtschaftliches Kaiserwetter herrscht vor allem dann, wenn es an die Ausschüttung der Dividenden geht. Und die waren zuletzt nicht nur wieder einmal äußerst üppig, sie waren sogar auf historischem Rekordniveau: Satte 5,84 Milliarden Euro sind das laut aktualisierten Dividendenreport der Arbeiterkammer (Stand Anfang November 2023) allein bei den ATX-Unternehmen und damit so viel wie nie zuvor in der Geschichte.

Ein Rekord jagt den nächsten

Und: In kaum einem Land sind die Ausschüttungen prozentual dermaßen stark gestiegen, wie in Österreich. „2020 gab es einen kleinen Coronaknick, aber seit damals geht es steil bergauf“, berichtet Markus Oberrauter, der federführend für den AK-Dividendenreport verantwortlich ist. 4,2 bzw. 3,8 Milliarden wurden 2021 und 2022 ausgeschüttet, aber 2023 stellt das locker in den Schatten: „Diese Rekorddividenden werden heuer noch einmal um 55 Prozent übertroffen und kratzen mit 5,84 Milliarden Euro ganz knapp an der sechs Milliarden-Grenze“, berichtet Oberrauter weiter. Nur zwei der zwanzig ATX-Unternehmen hätten laut dem AK-Ökonomen keine Dividenden bezahlt, der Rest sorgt für den historisch einzigartigen Höchststand.

Die Rekorddividenden werden heuer noch einmal um 55 Prozent übertroffen und kratzen mit 5,84 Milliarden Euro ganz knapp an der sechs Milliarden Grenze.

Markus Oberrauter, AK Wien - Betriebswirtschaft

Energie und Finanz an der Spitze

Ein näherer Blick offenbart spannende Details: Nur zwei Unternehmen sind allein für die Hälfte der Dividendenausschüttungen 2023 verantwortlich – und haben direkt von absurden Preisen profitiert: Sie kommen aus dem Energiesektor. Und auch, wenn einiges davon direkt an den Staat zurückwandert, so sind diese Rekorddividenden doch direkt aus den Börseln der Konsument:innen gekommen. Statt echte Hilfen anzubieten und wirkungsvoll in die Energiepreise einzugreifen, schneidet der Staat hier also massiv mit. „Die Bundesregierung hat weder nennenswert für niedrigere Energiepreise gesorgt noch eine Übergewinnsteuer eingeführt, die diesen Namen verdient“, kritisiert Muckenhuber. Die Preiserhöhungen beim „Grundbedürfnis Energie“ hat man einfach zugelassen – inklusive aller negativen Konsequenzen auf die Inflation. „Und das betrifft übrigens auch Unternehmen“, erinnert der ÖGB-Experte.

Auch interessant: Auf Platz drei, vier und fünf der höchsten Dividenden lauern Banken, die für ein Viertel der Ausschüttungen 2023 verantwortlich sind. „Sie sind natürlich auch große Krisenprofiteure. Und zwar aufgrund der Zinsbekämpfungspolitik der EZB, die wiederum nur wegen der fehlenden Preiseingriffe überhaupt notwendig und enorm schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung ist“, erklärt Muckenhuber.

Auch Gewinne sorgen für historische Rekorde

Und dieser Geldregen für die Wenigen hat Konsequenzen für alle: „Die Unternehmen haben mit ihren Rekordgewinnen die Teuerung angeheizt. Aber statt Reserven anzulegen wurden die Gewinnausschüttungen erhöht“, hält Mattias Muckenhuber, Ökonom in der Volkswirtschaftlichen Abteilung des ÖGB, fest.

Die Unternehmen haben mit ihren Rekordgewinnen die Teuerung angeheizt. Aber statt Reserven anzulegen wurden die Gewinnausschüttungen erhöht.

Mattias Muckenhuber, ÖGB Volkswirtschaft

Zuerst hat Gierflation also die Taschen der Unternehmen bersten lassen und im Anschluss die der Aktionäre. Aber genug ist eben nie genug. “Wenn es jetzt im Rahmen der Lohnverhandlungen darum geht, für die Arbeitnehmer:innen einen verdienten Kaufkraftausgleich zu leisten, wird so getan, als wäre dafür nicht genug Geld vorhanden”, kritisiert Muckenhuber.  

Auch diese Rekordgewinnen lassen sich dank AK-Dividendenreport eindrucksvoll beziffern: „Im Jahr 2022 wurde von den ATX-Unternehmen erstmals die Grenze von 10 Milliarden übersprungen. 2023 sind es sogar mehr als 15 Milliarden Gewinne“, berichtet Markus Oberrauter. Genau genommen sind es 15,9 Milliarden Euro. „Diese Gewinne liegen doppelt so hoch wie in den guten Konjunkturjahren 2018 und 2019“, so der AK-Experte weiter. Nur ein einziges im ATX geführtes Unternehmen machte übrigens Verlust. 

Nicht nur ATX-Unternehmen in Rekordsphären?

Es ist unwahrscheinlich, dass nur die ATX-Unternehmen Rekorde brechen.

Mattias Muckenhuber, ÖGB Volkswirtschaft

Österreichs Top-Unternehmen stehen also hervorragend da. Aber was ist mit allen anderen? „Es ist unwahrscheinlich, dass nur die ATX-Unternehmen Rekorde brechen. Die Unternehmen in Österreich haben letztes Jahr insgesamt hohe Gewinne gemacht und damit die Teuerung zum Teil selbst angeheizt - genau jene Teuerung, die den Arbeitnehmer:innen jetzt nicht abgegolten werden soll", gibt ÖGB-Ökonom Mattias Muckenhuber zu bedenken.

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