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Auszahlung des Unterstützungsgeldes für Gemeindepensionist:innen, o.J. Kammler/ÖGB-Archiv

Die Geschichte der Pensionen in Österreich

Kämpfe, Erfolge und aktuelle Herausforderungen

Das Wichtigste in Kürze:
  • Bis zum Jahr 1909 gab es nur für wenige Berufsgruppen eine Altersversicherung. Ab 1909 galt das für wenige geltende Pensionsrecht für Angestellte.
  • 1927 verabschiedete der Nationalrat das Arbeiterversicherungsgesetz, das allerdings nie in Kraft trat.
  • Erst auf Druck der Gewerkschaften entstand im Jahr 1955 das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, nach dem alle Arbeitenden Pensionsanspruch erhielten
  • Seither gab es unzählige Reformen, die u.a. die Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten auf die Pension brachten.

Was ist eine Pension?

Der Sinn der Pension ist leicht erklärt: Die Pension soll ein sicheres Leben nach der Erwerbsarbeit ermöglichen und Armut im Alter verhindern. Komplizierter hingegen ist das Regelwerk der Pensionen. Dabei war es am Anfang ganz einfach. Allerdings zum Nachteil für die Arbeitenden. Pensionsberechtigt war fast niemand. Nur in Bergwerken und Salinen erhielten um 1700 Witwen- und Waisenrenten. Ab 1749/1750 wurde ein Pensionsfonds für Offiziere und für Beamte wie Lehrer, Polizisten und Verwaltungsangestellte und deren Hinterbliebene eingeführt.

Ein Invalide in Donawitz, 1949 Kammler/ÖGB-Archiv

Kranke kann man heilen, Invalide bleiben arbeitsunfähig

Die erste Arbeiterkasse, die „Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Invalidenkasse“ gewährte ab 1868 eine Unterstützung bei Berufsunfähigkeit, nach Unfällen und wegen hohen Alters. Es war eine Solidaritätsversicherung, die Arbeitenden zahlten ein. Aber nur wenige Unternehmen waren bereit ihren Beitrag zu leisten, sie sahen es als Fehlinvestition: „Kranke kann man heilen, Invalide bleiben arbeitsunfähig.“

Der Staat verunmöglichte 1880 den Ausbau der Arbeiterkasse und schloss sie 1884. Die Regierung unternahm aber keine Anstrengungen, ein öffentliches Rentenversicherungssystem zu schaffen – abgesehen von dem Bruderladengesetz für Bergarbeiter im Jahr 1889.

Und das war’s. Arbeiter:innen und sonstige Angestellte mussten bis ins hohe Alter arbeiten oder waren im Alter auf familiäre Unterstützung, Almosen oder Armenhäuser angewiesen.

Die ersten Schritte zu mehr Gerechtigkeit

Erst mit dem Erstarken der Arbeiter:innenbewegung im späten 19. Jahrhundert entstand die Forderung nach sozialer Absicherung für alle, auch nach dem Erwerbsleben. Die Arbeitenden sollten nicht mehr auf die Gabe Mildtätiger angewiesen sein, sondern ein Recht darauf haben. Die Gewerkschafter:innen sagten: „Der Staat hat die Pflicht für die alten Staatsbürger zu sorgen.“

Den ersten Erfolg mit Wermutstropfen feierten die „Privatbeamten“ (Angestellte) im Dezember 1906: 18 Jahre lang hatten der Obmann des „Ersten Allgemeinen Beamtenvereins“, Anton Blechschmidt, und andere für die Altersversorgung der Angestellten gekämpft. Am 1. Jänner 1909 trat diese schließlich in Kraft - allerdings mit einigen Schönheitsfehlern.

Die „Pensionsversicherung, der in privaten und einigen öffentlichen Diensten stehenden Angestellten“ galt nur für jene, die „ausschließlich oder vorwiegend geistige Dienstleistungen“ verrichteten, einen Monatslohn erhielten und im Jahr mehr als 600 Kronen (rund 3.000 Euro) verdienten. Für einen Großteil der Frauen traf das nicht zu.

Eine Mutter beobachtet ihren Sohn bei den Hausaufgaben, 1949 Kammler/ÖGB-Archiv

Die Entstehung des Gender Pension Gap

Das Gesetz legte aber auch erstmals das unterschiedliche Pensionsantrittsalter von Frauen und Männern fest. Die Gründe dafür waren, dass Frauen aufgrund der Mehrfachbelastung früher invalid wurden und dass damals bei Frauen - im Gegensatz zu Männern - keine Hinterbliebenenleistungen anfielen.

Erst mit dem Angestelltenversicherungsgesetz vom 29. Dezember 1926 wurde auf Druck der Gewerkschaften der Kreis der Versicherungspflichtigen erweitert. Da Frauen jedoch bis zu 75 Prozent weniger verdienten als ihre männlichen Kollegen, erhielten sie auch eine geringere Pension. Somit entstand schon damals der Gender Pension Gap und die Altersarmut.

Aber zumindest gab es einen Pensionsanspruch für Angestellte. Für Arbeiter:innen hieß es noch abwarten.

Kammler/ÖGB-Archiv

Das Arbeiterversicherungsgesetz, das nie in Kraft trat

Bereits im Jahr 1908 brachten Sozialdemokraten eine Regierungsvorlage für die Alters- und Invaliditätsversicherung für Arbeiter ein. Die Verhandlungen dauerten bis 1914. Führende Gewerkschafter im Arbeitsbeirat des Handelsministeriums handelten eine Kompromissfassung aus, die kurz vor der parlamentarischen Beschlussfassung stand. Aber der Erste Weltkrieg, die Auflösung des Reichsrats und das folgende autoritäre Kriegsregime verhinderten dies.

Nach der Gründung der Ersten Republik im Jahr 1918 begannen erneut Verhandlungen, die schließlich am 1. April 1927 zum Erlass des Arbeiterversicherungsgesetzes führten. Dieses war allerdings an einen „Wohlstandsindex“ gebunden. Es sollte erst in Kraft treten, wenn es weniger als 100.000 Empfänger: innen Notstandsaushilfe gäbe und sich die Wirtschaftslage „signifikant“ verbessert hätte. Die Bankenkrise und die Weltwirtschaftskrise verhinderten jedoch die Erreichung dieser Ziele und so wurde das Gesetz nie Wirklichkeit. Somit war Österreich eines der wenigen Länder ohne Altersversorgung für Arbeiter:innen.

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Das Wichtigste auf einen Blick

Nationalsozialisten: Zwischen Propaganda und Realität

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wurde auch in Österreich die Rentenversicherung nach deutschem Vorbild eingeführt und mit viel Propaganda hochgefeiert. Die Realität sah aber anders aus. Die Rentenhöhe war niedrig und lag oft unter dem, was die Angestellten bisher erhalten hatten.

Der Erfinder des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, der Gewerkschafter Friedrich Hillegeist Kammler/ÖGB-Archiv

Die große Reform: Das ASVG und der Hillegeist-Plan

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) im Jahr 1955 ein Meilenstein gesetzt. Der nach dem Gewerkschafter Friedrich Hillegeist benannte Plan legte fest, dass nach 45 Arbeitsjahren 80Prozent des durchschnittlichen Einkommens als Pension ausgezahlt werden sollten. Das neue System galt für Arbeiter:innen und Angestellte und berücksichtigte auch Witwen, Waisen und Menschen mit Behinderungen. Es wurde nach dem Solidaritätsprinzip finanziert: Wer arbeitet, zahlt ein – und bekommt später eine Pension.

Aber Frauen erhielten schon damals weniger Pension als Männer. Die Gründe waren die gleichen wie heute: niedrigere Löhne, Teilzeitbeschäftigung, Erwerbsunterbrechungen durch Kinderbetreuung und Pflege. Der Gender Pension Gap beträgt am 8. August 2025 in Österreich immer noch 39,7 Prozent. Die Gewerkschaftsfrauen kämpf(t)en seit 1955 für bessere Löhne, bessere Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Kinderbetreuung. Es hat sich viel getan, aber noch nicht genug.

Der ÖGB und die Gewerkschaften wehrten sich bei Streiks und Demonstrationen gegen die Pensionsreform der schwarz-blauen Regierung. Korp

Das Zeitalter der permanenten Pensionsreformen seit 1985

Seit 1985 gab es zahlreiche Pensionsreformen. So wurden zum Beispiel Bemessungszeiträume verlängert und fixe Grundbeträge gestrichen, aber auch eine verbesserte Witwen- und Witwerpension eingeführt. Es war und ist ein ständiges Tauziehen zwischen den Vorschlägen aus der Wirtschaft und des ÖGB. Aber es gelang immer, eine Einigung am Verhandlungstisch zu erzielen.

Das änderte sich mit der schwarz-blauen Regierung ab 2000 und deren Pensionsreform. Diese umfasste unter anderem die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen Arbeitslosigkeit und die Erhöhung des Pensionsantrittsalters.

Der ÖGB antwortete darauf mit einem Abwehrstreik am 6. Mai 2003, an dem sich rund 500.000 Menschen in 10.000 Aktionen beteiligten, einer Großdemonstration am 13. Mai mit fast 200.000 Beteiligten und mit einem ganztägigen Abwehrstreik am 3. Juni, an dem sich mehr als eine Million Menschen beteiligten.

Die Bundesregierung reagierte daraufhin mit einem Angebot:  Die Abschaffung der vorzeitigen Alterspensionen sollte über einen längeren Zeitraum erstreckt werden, die Wirkung der meisten Kürzungsmaßnahmen sollte auf zehn Prozent begrenzt. Zudem sollten Abfederungen etwa bei der Hacklerregelung oder der Anrechnung der Kindererziehungszeiten erfolgen.

Neue Entwicklungen und aktuelle Diskussionen

Das Zeitalter der permanenten Pensionsreformen ist noch nicht vorbei. Meist gehen die Reformen zu Lasten der Arbeiter:innen, wie die Abschaffung der Hacklerregelung oder der geblockten Altersteilzeit bis 2029.Aber es gab auch positive Fortschritte. So werden seit 1988 Pflegezeiten eines behinderten Kindes sowie seit 1993 Kindererziehungszeiten als Versicherungsmonate angerechnet. Seit 2005 gibt es das elektronische Pensionskonto und 2025 konnte die Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters abgewehrt werden. Am 1. Jänner 2026 startet die neue Teilpension, die ideal für alle Pensionist:innen ist, die nicht mehr fünf Tage arbeiten wollen oder können.

Fazit

Die Pensionen in Österreich sind das Ergebnis jahrzehntelanger Kämpfe für soziale Gerechtigkeit. Sie werden durch die Beiträge aller arbeitenden Menschen finanziert und sichern das Leben im Alter. Die Gewerkschafter:innen haben zuerst den Pensionsanspruch erkämpft und setzen sie sich weiterhin dafür ein, dass niemand im Alter arm ist, Frauen endlich faire Pensionen bekommen und das System solidarisch und gerecht bleibt.

Quellen:

Lichtenberger Sabine, Keine alten Hüte! Geschichte der Kollektivverträge in Österreich, November 2021

Lichtenberger Sabine, Reformen in schlechter Tradition, Arbeit und Wirtschaft, 14.05.2003

Müller Rudolf, Die Entwicklung der Pensionsversicherung der unselbstständig Erwerbstätigen, DRdA Infas, Heft 361, 2015

ÖGB-Blitzinformation, 23.06.2003, ÖGB-Archiv

GPA-Information, Analyse der Pensionsreform, 06.11.2003, ÖGB-Archiv

Altersversorgung der Arbeiter, in Die Gleichheit, 06.08.1900, S. 1-2

Pammer Marcus, Die Darstellung der Entwicklung des geschlechtergerechten Pensionsantrittsalters in Österreich unter Berücksichtigung der rechtshistorischen Perspektive, Diplomarbeit, August 2014, S. 9-10