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Historisches

Die Frau im Männerjob: „Zentralsekretär” Margarete Berger

Die Geschichte der „goscherten“ Schreibkraft, die zum ersten weiblichen Zentralsekretär der GPA gewählt wurde

Margarete Berger wäre gerne Lehrerin geworden, aber da hätte sie Mitglied einer nationalsozialistischen Organisation werden müssen und das lehnte sie ab. Doch nicht nur in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Nazis war sie konsequent - auch männliche Privilegien akzeptierte sie nicht.

Nur Männer wurden Sekretär

In der Nachkriegszeit begann Berger den für erfolgreiche Gewerkschafterinnen so typischen Karriereweg als „goscherte“ Schreibkraft. Sie war aber viel mehr, sie schupfte nicht nur das Tagesgeschäft, sondern half auch mit, Ortsgruppen aufzubauen und bei Rechtsfällen zu intervenieren. Das war ihr aber nicht genug. Sie hätte sich gerne weitergebildet und die Sozialakademie besucht. Aber damals war das für Frauen nicht selbstverständlich, stellten sich doch die männlichen Funktionäre die Frage: „Was machen wir mit ihr danach? Bei den Männern war das klar: Sie wurden Gewerkschaftssekretär. Aber bei ihr als Frau?

Knappe Urabstimmung

Im Jahr 1956 wurde sie auch ohne Abschluss der Sozialakademie von einigen Männern als „Landessekretär” (weibliche Funktionsbezeichnungen waren damals noch nicht gebräuchlich) der Gewerkschaft der Privatangestellten Wien vorgeschlagen. Allerdings führte dies zu heftigen Diskussionen zwischen der älteren und jüngeren Generation. Die Älteren meinten, es wäre ein Risiko, eine Frau zum Landessekretär zu wählen und fürchteten sich vor der Schande, sollte sie scheitern. So musste sie sich einer Urabstimmung der FunktionärInnen stellen, die sie knapp gewann, und einer halbjährigen Probezeit zustimmen. Berger blieb 18 Jahre lang Wiener Landessekretär.

Mehr Mitglieder, mehr Bildung

Im Jahr der Frau – 1975 – wurde sie im Jänner als erste Frau zum Zentralsekretär in der GPA gewählt und dafür in der Gewerkschaftspresse gefeiert. Sie selbst sagte dazu: „Darüber bin ich aber eher unglücklich, denn ich glaube, dass ich gewählt wurde, obwohl ich eine Frau bin.“ 

Die nächsten fünf Jahre widmete sie sich ihren Aufgaben: Mitgliederwerbung und Bildung. In Konferenzen berichtete sie über Fortschritte und offen gebliebene Forderungen, davon, dass durch die Einführung der 40-Stunden-Woche die ArbeitnehmerInnen mehr Freizeit und somit mehr Zeit für Kultur haben und dass es gelungen war, die Tätigkeiten im Bildungsbereich auszuweiten. Sie war „glücklich und zufrieden“, dass immer mehr Mitglieder erreicht wurden - bei Informationsveranstaltungen, bei Betriebsratskonferenzen und bei gewerkschaftlichen Kursen.

Gut gemacht

Im Herbst 1980 ging Margarete Berger in Pension. Über ihr Leben sagte sie im Jahr 1991, der schwierigste Schritt sei der von der administrativen Kraft zur Funktionärin gewesen. „Aber es gab Dinge, die ich realisieren wollte und die wollte ich gut machen. Es gibt einige, die sagten, ich hätte es gut gemacht.“

Nach Berger gab es immer mehr Frauen in den Gewerkschaftsgremien - auch wenn es bis heute nicht genug sind – und im Jahr 1989 wurde mit Eleonora „Lore” Hostasch erstmals seit 1945 eine Frau Vorsitzende einer Gewerkschaft.

Margarete Berger (geborene Weber)

Geboren: 16.10.1925
Gestorben: 15.12.2019
Berufsausbildung: Handelsschule

Beruflicher Werdegang: 
1941-1945: Lohnbuchhalterin in den Floridsdorfer Pauker-Werken
1945: Schreibkraft bei SPÖ-Floridsdorf
Tätigkeiten in GPA: 
1946-1956: Schreibkraft in der Sektion Handel der GPA 
1957-1975: Landessekretär der GPA in Wien
24.01.1975-1980: Zentralsekretär für Bildung und Werbung der GPA
1980: Pension

Weitere Tätigkeiten:
1956-1977: Mitglied des Wiener Ausschusses der SPÖ 
1966-1980: Vorsitz des Aufsichtsrats der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte 
1969-1980: Im Vorstand der AK
Obmann-Stellvertreter der FSG-Landesgruppe Wien