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Krankenpflegerin mit Kopftuch, Maske und Handschuhen arbeitet auf einem Tablet.
Trotz zahlreicher Hürden haben geflüchtete Frauen eine große Motivation, sich (weiter) zu bilden. Besonderes Interesse zeigen sie am Lehr- und Kulturbereich sowie für den Gesundheitsbereich. VAKSMANV – stock.adobe.com

Arbeitsmarkt

Gebildet, motiviert, unerwünscht: Migrantinnen am Arbeitsmarkt

Fachkräfte sind quer durch alle Branchen Mangelware. Doch das Potential vieler Frauen wird einfach liegen gelassen, obwohl sie arbeiten wollen. Vor allem migrantische Frauen müssen bei der Arbeitsmarktintegration besser unterstützt werden.

Rund die Hälfte aller berufstätigen Frauen arbeitet „nur“ Teilzeit, andere (oft unfreiwillig) gar nicht; weil einerseits (ganztägige) Kinderbetreuung vor allem in ländlichen Regionen fehlt und andererseits Arbeitsplätze nicht familienfreundlich ausgestaltet sind. Das reicht von der nicht vorhandenen Möglichkeit Homeoffice zu machen über das Fehlen von Betriebskindergärten oder 4-Tage-Wochen. Dass Frauen dadurch im Allgemeinen schwieriger Arbeit finden als Männer, ist bekannt. Maßnahmen zur Lösung des Problems sind aber überschaubar. 

Umso größer wird das Problem der Arbeitsmarkintegration für Frauen mit Migrationsgeschichte etwa aus der Ukraine, Afghanistan und Syrien, wie auch die Studie „Women’s Integration Survey“ der WU Wien im Auftrag des AMS untersucht hat. Unter der Leitung von WU-Forscherin Judith Kohlenberger wurde analysiert, wie diese Frauen besser integriert werden können und welche Rolle ihre Familie dabei spielt. 

Fehlende Kinderbetreuung verhindert Arbeitseinstieg

Aus den Daten des AMS ist klar ableitbar, dass die Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Frauen deutlich herausfordernder ist als jene von geflüchteten Männern. 42 Prozent der Frauen waren vor ihrer Flucht in ihren Heimatländern in Beschäftigung oder selbständig (19 Prozent studierten), in Österreich sind hingegen nur 10 Prozent von ihnen angestellt oder selbstständig. Und das obwohl laut Studie auch 30 Prozent Arbeit suchen. 27 Prozent geben an, Familien- und Hausarbeit zu leisten. Der berufliche Status bei den Männern unterscheidet sich mit 83 Prozent vor der Flucht zu 23 Prozent nach der Flucht. Aber auch hier suchen weitere 61 Prozent nach Arbeit. 

Frauen oft mit hohen Bildungsabschlüssen

Das Problem liegt nicht, wie oft geglaubt, am Willen oder der Bildung. Geflüchtete Frauen haben oft ebenso hohe, teilweise sogar höhere Bildungsabschlüsse als Männer. 47 Prozent der syrischen Frauen haben zum Beispiel einen postsekundären Abschluss. Mehrsprachigkeit ist weit verbreitet. Doch die Hürden für den Arbeitsmarkteinstieg sind auch für diese Frauen insbesondere Sorge- und Familienarbeit, sowie fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten. 

Weil ihnen zusätzlich die sozialen und familiären Netzwerke fehlen, stellt sie das vor große Herausforderungen. 89 Prozent der Ukrainerinnen sind auf eine Betreuung für Angehörige angewiesen, um arbeiten gehen zu können. Der Ausbau an und die Information über Kinderbetreuungseinrichtungen ist daher dringend notwendig, wenn man möchte, dass diese Frauen Teil des Arbeitsmarktes werden. Die Gewerkschaftsfrauen fordern daher einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag.

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Unterstützen, fördern, anerkennen 

In Bezug auf die Arbeitssuche hat die Studie auch formelle, meist gut bekannte Hürden wie fehlende Sprachkenntnisse, Qualifikationsnachweise oder Probleme bei der Anerkennung der Abschlüsse festgestellt. Aber auch weniger bekannte Hürden wie geschlechterspezifische oder rassistisch bedingte Diskriminierung, oft aufgrund des Kopftuches, oder gesundheitliche Einschränkungen spielen eine Rolle. Psychische und physische Einschränkungen sind hinderlich für die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration und sollten in einem ganzheitlichen Integrationsverständnis thematisiert werden. 

Die Teilnahme an informellen, niederschwelligen Integrationsangeboten von zivilgesellschaftlichen Vereinen und Organisationen, wie Sprachcafés, Nachbarschaftstreffen und Weiterbildungsmöglichkeiten, sind besonders für Frauen förderlich für die soziale Integration. Im Gegensatz zu Integrationskursen öffentlicher Stellen (ÖIF oder AMS) werden diese mit weniger Druck sowie mehr zeitlicher und inhaltlicher Flexibilität in Verbindung gebracht.

Interesse an Lehr-, Kultur- und Gesundheitsbereich

Trotz zahlreicher Hürden haben geflüchtete Frauen eine große Motivation, sich (weiter) zu bilden. Besonderes Interesse zeigen sie am Lehr- und Kulturbereich sowie für den Gesundheitsbereich. Alles Branchen, für die in Österreich dringend Fachkräfte gesucht werden. Einerseits müssen also Bildungsabschlüsse besser und schneller anerkannt werden, andererseits müssen Frauen besser abgeholt werden, damit sich Angebot und Nachfrage besser treffen.  

Ohne ausländische Arbeitskräfte wäre der österreichische Arbeitsmarkt auch bisher nicht ausgekommen – es wäre daher Zeit, statt nur zu jammern, das Potential vieler Frauen nicht einfach liegen zu lassen und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Auch der Frauen wegen.