175.000 Teilzeitbeschäftigte wollen mehr arbeiten
Mehr Arbeitszeit brächte auch höhere Pensionen und mehr Steuereinnahmen
Das Wichtigste in Kürze:
- Viele Teilzeitbeschäftigte wollen mehr arbeiten, aber es fehlt an Vollzeitstellen - und oft an der Zustimmung der Arbeitgeber
- Rechtsanspruch auf Ausweitung der Arbeitszeit würde mehr Lohn/Gehalt und bessere Absicherung bedeuten
- ÖGB fordert außerdem faire Abgeltung der Mehrarbeit für Teilzeitbeschäftigte
In der Diskussion um Teilzeit schwingt manchmal mit, die Betroffenen wollen nicht mehr arbeiten – falsch! Einerseits haben besonders Frauen aufgrund von Kinderbetreuungspflichten und Care-Arbeit gar nicht die Möglichkeit, mehr zu arbeiten. Andererseits melden sich auch beim ÖGB immer mehr Betroffene, die ihre Arbeitszeit gerne aufstocken würden, aber die Arbeitgeber spielen nicht mit.
Arbeitsministerin Korinna Schumann hat das Recht auf eine Ausweitung der Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte ins Spiel gebracht. Konkret sollen Arbeitnehmer:innen, die über einen bestimmten Zeitraum regelmäßig Mehrarbeit leisten, einen Rechtsanspruch darauf bekommen, ihre Arbeitszeit auszuweiten. Der ÖGB begrüßt diesen Vorstoß, davon würden nämlich zigtausende Teilzeitbeschäftigte stark profitieren.
Frauen besonders betroffen, drei Viertel würden gerne aufstocken
Daten der Statistik Austria zeigen, dass die Arbeitszeit in Österreich alles andere als fair verteilt ist. Könnten Beschäftigte ihre Arbeitszeit frei wählen, würden nämlich 175.000 Teilzeitbeschäftigte, immerhin jede siebte teilzeitbeschäftigte Person, gerne mehr arbeiten. Insgesamt machen die Frauen fast vier Fünftel der Teilzeitbeschäftigten aus, drei Viertel der Teilzeitbeschäftigten mit Aufstockungswünschen sind Frauen. Sie hätten im Durchschnitt gerne sogar 11,2 Arbeitsstunden mehr pro Woche. Damit würde sich ihr Nettoeinkommen (inklusive anteiligem Weihnachts- und Urlaubsgeld) um fast 700 Euro pro Monat erhöhen. Höhere Sozialversicherungsbeiträge würden auch eine bessere Absicherung im Alter bedeuten: Die Pension wäre nach 25 Arbeitsjahren monatlich um rund 415 Euro brutto höher.
Plus 830 Millionen Euro für den Steuertopf
Die gewünschte Mehrarbeit könnte also sowohl den Gender Pay Gap als auch den Gender Pension Gap verringern. Ebenso würden die Arbeitslosengeldansprüche steigen, die Beschäftigten wären im Falle von Arbeitslosigkeit zukünftig besser abgesichert. Und auch die zusätzlichen Einnahmen an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wären groß: Rund 830 Millionen Euro würden die Teilzeitbeschäftigten durch ihre gewünschte Mehrarbeit beitragen.
Rechenbeispiel:
Eine Verkäuferin, die schon seit Längerem im Handel tätig ist, verdient derzeit für 20 Stunden rund 1.360 Euro brutto pro Monat. Sie würde gerne Vollzeit (38,5 Stunden pro Woche) arbeiten. Könnte sie das frei entscheiden, hätte sie durch das Aufstocken (inklusive anteiligem Weihnachts- und Urlaubsgeld) netto pro Monat rund 950 Euro mehr zur Verfügung. Nach 10 Jahren würde ihre monatliche Pension brutto um rund 225 Euro steigen, nach 25 Jahren um ca. 560 Euro.
Katzian: Mitverantwortung der Arbeitgeber
„Bei uns melden sich Teilzeitbeschäftigte, die mehr arbeiten wollen, aber nicht die Aufstockung der Arbeitszeit bekommen, die sie sich wünschen. Es ist auch kein Geheimnis, dass immer weniger Vollzeitstellen ausgeschrieben werden“, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian: „Arbeitgeber haben also eine Mitverantwortung für die hohe Teilzeitquote. Unternehmen sollten ihren Beitrag leisten, mehr Vollzeitstellen anbieten und ihren Beschäftigten die Arbeitszeit wie gewünscht aufstocken.“
Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitbeschäftigte verdoppeln
Außerdem fordert der ÖGB, dass der Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitbeschäftigte (von derzeit 25 %) auf 50 % erhöht wird. Auch wenn Mehrarbeit mit Zeitausgleich abgegolten wird, soll es dafür 50 % mehr Zeit geben. „Es ist einfach ungerecht ist, dass die Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten schlechter abgegolten wird als die Überstunden von Vollzeitbeschäftigten“, so Katzian abschließend.