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20 Jahre nach der Gründung trafen sich 1965 die noch lebenden Teilnehmer wieder in der Wohnung des Baugewerkschafters Josef Battisti. V.l.n.r.: Die Gastgeberin Frau Battisti, Druckergewerkschafter Adolf Weigelt, Josef Battisti und der damalige Vizepräsident Gottlieb Fiala. Die Männer tragen Anzüge und Krawatte. Frau Battisti ein schwarzes knielange Kleid. Die vier Personen sitzen um einen Holztisch.
Im Jahr 1965 wurde die Gründung des ÖGB für ein Foto nachgestellt. Links außen Frau Battisti, 2vr. Josef Battisiti. Kammler/ÖGB-Archiv

Gewerkschaftsgeschichte

Zeitzeuge berichtet: So wurde der ÖGB gegründet

Alte Aufnahme von Josef Battisti offenbart, was im April 1945 genau passiert ist

Ostermontag, 2. April 1945. Der Bauholz-Gewerkschafter Josef Battisti und seine Frau stehen am Gartenzaun des Schrebergartenhäuschens in Liesing und sehen Rinderherden vorbeiziehen. Auf Anfrage erfährt er, dass die Russen im Anmarsch sind. Die beiden fahren in die Wohnung in die Kenyongasse 3.

Eine Woche später marschierten die Russen in Wien ein. In vielen Bezirken wurde noch gekämpft und Nationalsozialisten ermordeten immer noch Jüdinnen und Juden. Da klopften Gewerkschafter an Battistis Tür und Johann Böhm schlug vor, wieder mit der Gewerkschaftsarbeit beginnen. Damit begann in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges die Gründung des überparteilichen Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Diese und andere Geschichten erzählte Battisti am 15. April 1975 anlässlich der 30-Jahre-Feier des ÖGB. Das Audiofile wurde von der Österreichischen Mediathek aufbewahrt.

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„Pepi, lass’ sie da”

Auf der Aufnahme ist auch zu hören, welche Ereignisse die Gründung verzögert haben. Etwa das gegenseitige Misstrauen. Das Denunziantentum aus der Nazizeit war noch frisch in den Köpfen der Menschen. So auch in Battistis. Als einige ihm unbekannte Männer in seiner Wohnung auftauchen, fragte er sie, wer sie seien. „Wir sind christliche Arbeiter, wir wollen mitarbeiten.“ Es dauerte nicht lange, da standen wieder Leute vor der Tür. Es waren kommunistische Arbeiter. Sie sagten: „Es geht um die Gewerkschaftsgründung, wir wollen dabei sein.“ Battisti war der Meinung, dass die Wohnung viel zu klein wäre für die 20 bis 25 Leute und suchte das Gespräch mit Johann Böhm: „Ich nehme den Böhm beiseite und sage, du, da sind uns ein paar reingerutscht, die haben wir gar nicht eingeladen. Platz haben wir auch keinen. Schmeißen wir sie hinaus“. Doch Johann Böhm antwortete: „Peppi, lass‘ da!“

Am 13. April 2005 wurde die Gedenktafel anlässlich der Gründung des ÖGB in der Kenyongasse 3 enthüllt.
Am 13. April 2005 wurde die Gedenktafel anlässlich der Gründung des ÖGB in der Kenyongasse 3 enthüllt. Häusler/ÖGB-Archiv

Die Gewerkschafter waren sich einig, dass die Fehler aus der Ersten Republik nicht wiederholt werden sollen. Statt politisch orientierter Richtungsgewerkschaften sollte es einen überparteilichen Gewerkschaftsbund geben.

Der gemeinsame Weg ist der richtige Weg

Am 15. April 1945 war es so weit, im Direktionssaal des Wiener Westbahnhofs wurde der ÖGB gegründet. Auch das schildert Battisti sehr detailreich in der Aufnahme. Aus den ursprünglich 16 Gewerkschaften, die sich damals unter dem Dach des Österreichischen Gewerkschaftsbundes zusammengeschlossen hatten, wurden im Laufe der Zeit durch mehrere Zusammenschlüsse die heutigen sieben: Die Gewerkschaft GPA, die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), die younion _ die Daseinsgewerkschaft, die Gewerkschaft Bau-Holz, die Gewerkschaft vida, die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten und die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE). Eines steht bis heute außer Frage: Der gemeinsame Weg ist der richtige Weg, denn nur unter einem geeinten, überparteilichen Dach ist man stark genug, um erfolgreich mitgestalten zu können.

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